piwik no script img

No-Budget-Film „The Woddafucka Thing“Wärste doch bei der Mafia geblieben

Die angenehm verpeilte Komödie „The Woddafucka Thing“ zeigt ein migrantisch geprägtes Berlin. Ihre Protagonisten sind Ganoven wider Willen.

Sweety (Dela Dabulamanzi) bekommt auch von Hülya (Sithembile Menck) rassistische Sprüche ab Foto: Sabcat Media

Da ist zunächst einmal Sweety (Dela Dabulamanzi). Sie arbeitet als Radiomoderatorin für Musiksendungen, und wie das in der Branche so ist, reicht das, was sie damit verdient, anscheinend nicht zum Überleben im Berlin der Gegenwart. Sie hält sich mit Gelegenheitsgaunereien über Wasser. Ein großer Auftrag verspricht viel Geld für sie. Bei der Übergabe wird sie jedoch ausgetrickst. Statt mit dem Geld wacht sie wenig später allein auf der Straße auf.

Und dann ist da Gino (Carlo Loiudice). Er betreibt mit seinem Halbbruder Ninja (Marc Phillipps) eine Karateschule, die mäßig läuft und bei der eine Mieterhöhung ansteht, die das Aus für ihr Unternehmen bedeuten würde. Nachdem er die Schule spätabends verlassen hat, findet er auf seinem Heimweg die bewusstlose Sweety auf dem Pflaster. Als sie halbwegs wieder stehen kann, nimmt er sie zunächst mit zu sich nach Hause.

Persönlich verbindet die beiden wenig. Sie glaubt am nächsten Morgen, er habe ihre Lage sexuell ausgenutzt. Er versichert ihr jedoch, sie habe ihn zu Handlungen zwingen wollen, zu denen er in der Situation nicht bereit war. Daraus erwächst ein kleiner Klamauk aus Rückblenden und vertauschten Rollen. Denn Gino, stellt sich heraus, hat viel mehr Angst vor Sweety als umgekehrt.

Zusammen kommen sie dann allerdings doch, der beiderseits fehlenden materiellen Basis wegen. Sweety braucht das Geld, das ihr bei ihrem Job geraubt wurde, zurück, und Gino und Ninja brauchen Geld, um ihren Laden zu retten. Man einigt sich schließlich auf einen gemeinsamen kleinkriminellen Auftrag, der allen Beteiligten die gewünschte Lösung verspricht.

Der Film

„The Woddafucka Thing“. Regie: Gianluca Vallero. Mit Dela Dabulamanzi, Carlo Loiudice u. a. Deutschland 2022, 86 Min.

„The Woddafucka Thing“ von Gianluca Vallero ist eine schnörkellose Komödie, in gestochenem Schwarzweiß gefilmt und ohne Förderung über sechs Jahre hinweg entstanden. Der Film leistet vieles von dem, was üppig geförderte Filme in Deutschland oft vermissen lassen. Er hat, das ist schon ein großes Verdienst für sich, einen spontanen Witz, der weder bemüht-verkrampft noch dämlich-steril daherkommt.

Hättste gleich in Italien bei der Mafia bleiben können!

Seine Besetzung ist vielfältig, deutschstämmige Darsteller bilden eher die Minderheit, mit einer schwarzen Protagonistin. Dela Dabulamanzi sorgt in ihrem Part zudem für die erforderliche Energie, um die gesamte Angelegenheit zu tragen.

Denn übermäßig streng erzählt ist das alles nicht unbedingt, Vallero mag es lieber angenehm verpeilt. Was eine ungezwungene Form ergibt für ernsthafte Fragen, die er auf diese Weise angeht. Begonnen mit Dingen wie Gentrifizierung, die sich in Gestalt von Mietwucherern manifestiert, bis hin zu alltäglichem Rassismus, den Sweety von allen Seiten erfährt und den sie selbst bei Gelegenheit weitergibt. Als sie von Gino wissen will, warum er nach Deutschland gekommen ist, und dieser verlegen etwas mit „Arbeit“ antwortet, spottet Sweety: „Da hättest du ja gleich in Italien bei der Mafia bleiben können!“

Stilistisch hat Vallero ein paar Spielereien eingebaut, bei Rückblenden zum Beispiel werden rote Flächen koloriert, die Gegenwart der Handlung hingegen ist konsequent schwarzweiß. Sweetys Boss (Emilio De Marchi), der den ganzen Tag in seinem Van herumchauffiert zu werden scheint, hört im Auto stets Opernarien. Bloß der Titel, könnte man einwenden, wirkt selbstverliebt verrätselt. Immerhin macht er neugierig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • So dankbar ich war einen Film gesehen zu haben, der Berlins Diversität abbildet und Klischees spielerisch behandelt, so enttäuscht war ich von der verpassten Gelegenheit, daraus einen spannenden Film zu machen.



    Sicher: Das Werk über sechs (!) Jahre komplett Indie und eigenfinanziert zu machen und dabei eine Kontinuität zu bewahren ist schwer. Trotzdem muss sich der Film an seinen zu erkennenden Vorbildern messen lassen: Seien es La Haine, Jackie Brown oder andere Filme mit Noir-Touch und/oder Kriminal-/Milieuanspruch - dem Film mangelte es in meinen Augen an Authentizität und Timing. Mich konnte außerdem keiner der Charaktere berühren, was an dem teilweise hölzernen Spiel lag.

    Trotzdem: Danke für einen gewagten Versuch, deutsches Kino anders zu inszenieren und endlich neue Gesichter und Identitäten eine Geschichte erzählen zu lassen. Alles ein Manko in der deutschen Filmlandschaft.