Niederlage vor US-Gericht: Schweiz soll Polanski ausliefern
Das Gerichtsverfahren gegen Filmregisseur Roman Polanski wird fortgesetzt. Ein US-Gericht lehnte jetzt den Antrag der Verteidigung auf Einstellung ab.
LOS ANGELES apd/rtr | Ein US-Gericht hat am Montag eine Einstellung des Verfahrens um sexuellen Missbrauch gegen Filmregisseur Roman Polanski vorerst abgelehnt. Er muss sich damit mehr als drei Jahrzehnte nach dem ihm vorgeworfenen sexuellen Missbrauch einer Minderjährigen einem Prozess stellen. Das Zweite Bezirksberufungsgericht Kaliforniens verwarf am Montag den Antrag der Verteidigung, das Verfahren einzustellen und für diese Entscheidung nicht die persönliche Anwesenheit des 76-Jährigen zu fordern.
Gleichwohl brachte das Gericht in der 70 Seiten starken Entscheidung starke Kritik am bisherigen Vorgehen der kalifornischen Justiz zum Ausdruck. Besonders wurde eine "tiefe Besorgnis" über das Verhalten eines inzwischen verstorbenen Richters und eines beratenden Staatsanwalts ausgedrückt. Daher warf das Berufungsgericht Polanski nun vor allem vor, damals aus den USA geflohen zu sein, anstatt seine bevorstehende Verurteilung auf dem Rechtsweg angefochten zu haben. Das Gericht fordert in seiner Entscheidung an mehreren Stellen einen zügigen Abschluss des Verfahren, "einer der längsten Sagas der kalifornischen Strafjustiz".
Die Entscheidung ist eine Niederlage für Polanskis Bemühungen, eine Einstellung des Falls zu erreichen; gleichzeitig eröffnet die deutliche Kritik am bisherigen Verfahren der Justiz jedoch die Aussicht auf eine wohlwollende Beurteilung des Falles. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft wollte zu dem Rechtsgutachten nicht Stellung nehmen, da es noch geprüft wurde.
Juraprofessor Stan Goldman von der Loyola Universität sagte, Polanski müsse angesichts des Gerichtsentscheids zum Abschluss des Verfahrens höchstwahrscheinlich in die USA kommen. Polanski müsse vorübergehend ins Gefängnis, "aber nur relativ kurz und das Gericht legt nahe, dass er dann ein freier Mann wäre", sagte Goldman.
Flucht vor der Urteilsverkündung
Polanski befindet sich derzeit wegen der US-Vorwürfe in der Schweiz in Auslieferungshaft. Auf die Entscheidung der Schweizer Behörden wartet er unter Hausarrest in seinem Chalet im noblen Bergdorf Gstaad im Berner Oberland. Der Regisseur wurde am 26. September aufgrund eines US-Haftbefehls bei der Einreise in die Schweiz auf dem Flughafen Zürich-Kloten festgenommen. Die Behörden in Los Angeles wollen Polanski nach 32 Jahren Flucht vor Gericht stellen, weil er 1977 ein damals 13-jähriges Mädchen sexuell missbraucht hat. Bei einer Verurteilung in den USA muss Polanski mit einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?
Argentiniens Präsident Javier Milei
Schnell zum Italiener gemacht
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?