Schweiz lehnt Auslieferung ab: Freiheit für Star-Regisseur Polanski
Fußfessel und Hausarrest sind passé. Roman Polanski wird nicht an die USA ausgeliefert und kommt aus dem Hausarrest. Nach beinahe zehn Monaten ist der Regisseur also wieder ein freier Mann.
BERLIN dpa | Starregisseur Roman Polanski ist nach fast zehn Monaten wieder ein freier Mann. Er wird nicht wegen eines lange zurückliegenden Sexualdeliktes von der Schweiz an die USA ausgeliefert. Das teilte Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Montag in Bern mit. Eine Möglichkeit der Anfechtung hätten die USA nicht.
Alle Auflagen, denen Polanski seit Dezember im Hausarrest in seinem Ferienhaus in Gstaad ausgesetzt war, wurden einschließlich der elektronischen Fußfessel aufgehoben. Die USA hätten die Schweizer Justiz mit ihrem Auslieferungsgesuch nicht überzeugen können, sagte die Ministerin. Polanski bekommt auch seine umgerechnet drei Millionen Euro Kaution zurück, die er wegen seines Hausarrestes hinterlegt hatte.
Die USA werfen dem 76-Jährigen vor, in den 70er Jahren eine Minderjährigen missbraucht und sich dann der US-Justiz entzogen zu haben. Er war Ende September 2009 aufgrund eines US-Haftbefehls in Zürich festgenommen worden und stand seit Dezember unter Hausarrest. Die Ministerin gestand Polanski auch Vertrauensschutz zu. Dieser hatte sich bis zu seiner Verhaftung immer wieder unbehelligt in der Schweiz aufgehalten und die Tat selbst nie bestritten. Seit seinem Hauskauf in Gstaad im Jahre 2006 habe es kein Auslieferungsersuchen gegeben. Die USA hätten Verständnis für die Entscheidung der Schweiz gezeigt, fügte sie hinzu.
Widmer-Schlumpf sprach ferner von einem Mangel im Auslieferungsgesuch der USA, "der auch nach intensiven Abklärungen nicht mit der notwendigen Bestimmtheit ausgeschlossen werden" könne. So hätten die USA der Schweizer Justiz ein Protokoll der Befragung des früheren Staatsanwaltes Roger Gunson nicht vorgelegt. Nach Polanskis Angaben soll Gunson im Februar erklärt haben, der damals zuständige Richter habe am 19. September 1977 gegenüber allen Parteien erklärt, "dass meine Haftzeit im Gefängnis von Chibno die Gesamtstrafe sei, die ich zu verbüßen hatte".
Treffe dieses Protokoll zu, habe Polanski seine Strafe tatsächlich bereits verbüßt und das Auslieferungsverfahren habe keine Grundlage mehr, sagte die Ministerin. Da die Schweiz keine Einsicht bekommen habe, könne man nicht ausschließen, dass Polanski die Strafe bereits verbüßt habe, sagte die Ministerin. Sie unterstrich, dass die Entscheidung nichts mit der Tat des Regisseurs zu tun habe. Es sei aber registriert worden, dass auch das Opfer um Nachsicht für den Täter gebeten habe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was