piwik no script img

Neues Schiedsgericht der AfDEin Sieg der Höcke-Gegner

Der Parteiausschluss des Rechtsaußen Björn Höcke wurde auf dem Parteitag etwas wahrscheinlicher gemacht. Auch ein Wahlprogramm hat die AfD jetzt.

Muss er bald für die AfD schweigen? Björn Höcke Foto: dpa

Köln taz | Ganz am Ende des AfD-Bundesparteitags am Sonntagnachmittag, als ein Teil der Delegierten schon aus Köln abgereist war, konnten die angeschlagene Parteichefin Frauke Petry und ihr Mann, NRW-Landeschef Marcus Pretzell, doch noch einen Erfolg verbuchen. Und der könnte es in sich haben: Durch die Nachwahl von vier Richtern für das Bundesschiedsgericht könnte der parteiintern umstrittene Ausschluss von Thüringens Landeschef Björn Höcke möglich werden. Diesen hatten Petry und Pretzell massiv forciert.

Während der thüringische Landtagsabgeordnete Stephan Brandner, ein enger Verbündeter Höckes, mit seiner Bewerbung scheiterte, gelten drei der vier neuen Schiedsrichter als Wunschkandidaten der Höcke-Gegner. Einer davon: der Bochumer Rechtsanwalt Knuth Meyer-Soltau. Dessen Kreisverband hatte sich früh von Höckes umstrittener Rede in Dresden distanziert. Darin hatte Höcke eine „erinnerungspolitische Wende von 180 Grad“ gefordert.

„Der Flügel“, in dem sich die Parteirechten organisieren, hatte vor dem Bundesparteitag seine Mitglieder gedrängt, die Wahl wichtig zu nehmen. Auf Face­book kursierte unter der Überschrift „Manipulationsversuche bei der Wahl der Bundesschiedsrichter durch das Petry-Pretzell-Lager“ gar eine Warnung vor Meyer-Soltau, der ein „willfähriger Helfershelfer“ von Petry und Pretzell sei. Auch von der Wahl der anderen drei frisch gebackenen Schiedsrichter wurde explizit abgeraten.

Derzeit liegt das Parteiausschlussverfahren beim Thüringischen Landesschiedsgericht. Dieses wird den Antrag, den der Bundesvorstand mehrheitlich, gegen die Stimmen der Parteirechten, beschlossen hatte, höchstwahrscheinlich ablehnen. Dann ist das Bundesschiedsgericht am Zug.

Die Nachwahl der vier Richter war nötig geworden, weil das Gremium auf neun Mitglieder aufgestockt worden war. Allerdings werden alle neun nur bis zum Herbst im Amt sein, dann wird das Gremium turnusgerecht neu gewählt. Ob bis dahin über den Parteiausschluss Höckes entschieden wird, ist offen.

Programm für die Wahl beschlossen

Die AfD hat in Köln zudem ein Wahlprogramm beschlossen, mit dem sie in fünf Monaten erstmals in den Bundestag einziehen will. Darin fordert sie, dass Deutschland den Euroraum verlassen und eine neue Währung einführen soll.

Die Themen Einwanderung, Asyl und Islam nehmen in dem Programm erwartungsgemäß breiten Raum ein. „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, heißt es. Und: „Die ungeregelte Massenimmigration in unser Land und in unsere Sozialsysteme durch überwiegend beruflich unqualifizierte Asylbewerber ist sofort zu beenden.“ Die Partei fordert eine jährliche Mindestabschiebequote und eine Abschaffung des Familiennachzugs. Integration ist für die AfD allein eine Bringschuld der Migranten, diese müssten sich „anpassen“.

1. Meldepflicht für Abtreibungen 2. Eine neue Währung 3. Integration als Einbahnstraße

Aus dem AfD-Wahlprogramm

Die AfD will zudem die Deutschen motivieren, mehr Kinder in die Welt zu setzen, zum „Erhalt des eigenen Staatsvolks“, und fordert eine Meldepflicht für Abtreibungen. Auch will sie das Schuldprinzip bei der Scheidung wieder einführen. Familienpolitik solle sich immer am Bild Vater, Mutter, Kind orientieren. Das Alleinerziehen ist laut AfD der „Ausdruck eines Scheiterns eines Lebensentwurfs“.

In der Sozial- und Steuerpolitik ist die AfD weiter unentschieden. So spricht sie sich im Grundsatz zwar für den Mindestlohn aus, will sich dazu aber noch genauer positionieren. Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I soll für Menschen, die mehr als zehn Jahre erwerbstätig waren, verlängert werden. Die AfD will die Erbschaftsteuer abschaffen und die Mehrwertsteuer um sieben Prozentpunkte senken. Die Gegenfinanzierung? Davon ist im Programm nichts zu lesen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Parteiausschluß Höckes wahrscheinlicher? Na ja: wenn das Bundesschiedsgericht im Herbst eh neu gewählt wird, müssen die Thüringer das Verfahren doch nur bis dahin liegen lassen.

  • Vielen Dank für die sachliche Darstellung.

    • @Nikolai Nikitin:

      Es ging um Wahrscheinlichkeiten, nicht um Fakten!

      • @Rudolf Fissner:

        Selbstverständlich geht es inhaltlich in diesem Bericht um Wahrscheinlichkeiten, trotzdem ist die Art der Darstellung sachlich und das verdient mein Lob.

  • "Die Partei fordert eine jährliche Mindestabschiebequote..."

     

    Das wird lustig.Wenn dann keine "Ausländer" mehr da sind, schieben wir AfD Mitglieder ab...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Warum_kann_keiner_Mathe?

       

      Mindestabschiebequote in %, dann sind bei 0 Ausländern 0 abzuschieben.

      • @R R:

        Eine Quote muss nicht in % festgelegt werden. Man kann auch festlegen, dass z.B. 1000 AfD Mitglieder jährlich abgeschoben werden sollen :-)

         

        Also Mathe Eigentor.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Mach dir keine Hoffnungen. Ausbürgerung ist bei denen auch Thema... Das geht dann wieder nach Blutslinie

      • @KnorkeM:

        Verdammt, ich bin zu 1/8 Holländer...