Neues Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Überhastete Gesetzreform

Wer löscht Hassposts? Auch die Neufassung des Gesetzes krankt daran, dass die Entscheidungsinstanzen intransparent bleiben.

Mittelfinger vor Bildschirm mit Chatprogramm.

Hass im Internet und Ärger übert den Hass im Internet Foto: Helmut Fohringer/apa/picture alliance

Hass und Hetze, Bedrohungen, Propagandadelikte, die Sammlung und Veröffentlichung personenbezogener Daten: Das Netz ist Raum für eine ganze Phalanx diverser unangenehmer Phänomene. Keines davon ist neu oder dem Digitalen völlig eigen. Nicht alle wären in der physischen Welt strafbar.

Die Unmittelbarkeit ihrer Wirkung und die potenziell riesige Verbreitung des Materials aber machen es dringend nötig, Regularien zu finden, die helfen, digitale Kommunikation möglichst zivil zu gestalten und zu versuchen, eine gute Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu finden. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ist so ein Versuch.

Schon bei seiner Einführung jedoch wurde das NetzDG heftig kritisiert. Selbst jene zivilgesellschaftlichen Organisationen, die explizit für ein strengeres Vorgehen lobbyierten, liefen gegen das Ergebnis Sturm. Noch nicht einmal zwei Jahre nach Inkrafttreten muss das Gesetz deshalb novelliert werden.

Einerseits ist das eine gute Nachricht, zeigt der Gesetzgeber doch die Einsicht, dass Regeln im digitalen Raum sehr viel schneller als gewohnt angepasst werden müssen. Andererseits wirkt der ganze Prozess jedoch genauso überhastet und unüberlegt wie bei der letzten Verabschiedung.

Privatisierung staatlicher Aufgaben

Nach kurzer Beratungsphase und geringen Änderungen stimmte das Bundeskabinett nun für einen Entwurf, der ebenso harter und berechtigter Kritik wie sein Vorgänger ausgesetzt war. Denn letztendlich wird das vielleicht größte Problem des NetzDG in der Novelle überhaupt nicht angegangen. Soziale Netzwerke sollen sogenannte Bestandsdaten und Nutzungsdaten zum Beispiel an Strafverfolgungsbehörden weitergeben.

Egal, wie Löschungen und Meldungen von inkriminierten Posts in sozialen Medien letztlich ausgestaltet werden: Dass zum Beispiel Facebook, wahrscheinlicher noch ein externer Dienstleister, statt einer dafür qualifizierten Behörde entscheidet, was Recht und was Unrecht ist, kommt einer Privatisierung staatlicher Aufgaben gleich. Auf der Grundlage einer solchen Kapitulation aber können weder Freiheit noch Sicherheit gedeihen.

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Jahrgang 1976, Redakteur für die tageszeitung 2006-2020, unter anderem im Berlinteil, dem Onlineressort und bei taz zwei. Public key: https://pgp.mit.edu/pks/lookup?op=vindex&search=0xC1FF0214F07A5DF4

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