Neues Anti-Terror-Gesetz: „Ein unkontrollierbarer Zugriff“
Die Datenverwendung sei „mitunter fast grenzenlos möglich“, kritisieren Experten. Der Verfassungsschutz übernehme die Funktion der Polizei.
Vor einer „neuen Eingriffsqualität“ warnt der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar. Bei der internationalen Datei werde dem Verfassungsschutz und den anderen Stellen ein „dauerhafter, massenhafter und letztlich auch unkontrollierbarer Zugriff eingeräumt“.
Kritik kommt auch vom Berliner Rechtsprofessor Fredrik Roggan. Mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei das Gesetz „offensichtlich nicht im Einklang“. Die Datenverwendung sei „mitunter fast grenzenlos möglich“. Roggan stört sich vor allem an der Rolle des Verfassungsschutzes: „Der Geheimdienst ist nicht für die Terrorabwehr zuständig. Das ist Aufgabe der Polizei.“
Roggan und Caspar sind am Montag als Sachverständige zu einer Bundestagsanhörung geladen. Bereits am Freitag hatte der Bundesrat interveniert: Der Gesetzentwurf sei „zu unbestimmt und zu weit“, heißt es in einem Beschluss. Auch müsse sichergestellt werden, dass die Daten nicht mit Ländern getauscht würden, die sie zur politischen Verfolgung verwenden könnten.
Fredrik Roggan
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigt den Entwurf dagegen als unverzichtbar und „maßvoll“. Nach den Anschlägen von Brüssel und Paris sei ein besserer, europäischer Datenaustausch über Terroristen angemahnt worden. Dem komme man nun nach.
Laut dem Entwurf soll der Verfassungsschutz seine Terroristen-Daten mit EU- und Nato-Partnerdiensten austauschen – es sei denn, in einem Land würden „grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien“ nicht eingehalten. Zudem darf die Bundespolizei künftig verdeckte Ermittler einsetzen. Prepaid-Handykarten dürfen nur noch nach Vorlage eines Ausweises verkauft werden, um die Kommunikation von Terroristen zu erschweren.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße