Neuer Vivendi-Großaktionär: Fox News à la française

Der jüngste Coup des französischen Milliardärs Vincent Bolloré sorgt für eine Konzentration der Medienmacht in Frankreich. Und das vor den Wahlen.

Portrait des französischen Milliardärs Vincent Bolloré

Milliardär Vincent Bolloré hat für die Neuausrichtung von Europe 1 ein klares Vorbild: Fox News Foto: Charles Latiau/reuters

Dass sich in Frankreich die meisten privaten Medien in der Hand einiger Milliardäre befinden, ist nicht neu. Solange diese die sympathische Rolle von (selbsterklärten) Mäzenen einer professionellen und einigermaßen ausgewogenen Information spielen, ernten sie Applaus dafür. Trotzdem bleibt der Einfluss des Großkapitals in der Meinungsbildung sehr bedenklich, vor allem in Zeiten, da der Journalismus verzweifelt längerfristige Finanzierungsmodelle sucht.

Wirklich sehr beunruhigend wird die Konzentration von Medien, wenn diese einseitig in den Dienst von reaktionärer und fremdenfeindlicher Demagogie und Wahlinteressen von Populisten mit totalitärem Einschlag gestellt wird. Genau ein solches Szenario zeichnet sich in Frankreich im Vorfeld der Präsidenten- und Abgeordnetenwahlen des kommenden Jahres ab. Das Online-Magazin Media­part warnt in schrillen Tönen vor „einer Art Fox News à la française“. Noch könnten die Behörden dieser die Meinungsvielfalt und Demokratie gefährdenden Konzentration begegnen. Doch die staatliche Medienaufsicht CSA hatte bisher durch ihre Nachsicht den einheimischen Tycoons gegenüber geglänzt und beispielsweise nichts an der „Annäherung“ der beiden Medien- und Kommunikationsgruppen TF1 und M6 auszusetzen gehabt.

Vom heute 69-jährigen Vincent Bolloré, Boss des Mischkonzerns Vivendi, der vor allem mit Transport und Hafenanlagen in Afrika viel Geld verdient hat, war bekannt, dass er in Sachen Übernahme einen maßlosen Appetit besitzt. Er kontrolliert als Hauptaktionär von Vivendi bereits die Fernsehgesellschaft Canal+ (Pay-TV) und den Informationskanal CNews, mehrere Illustrierte und Gratisblätter, Frankreichs zweitgrößte Buchverlagsgruppe Editis und außerdem die Werbeagenturen Havas und Euro RSCG, dies ergänzt mit einem Meinungsforschungsinstitut. Mit einer schrittweise ausgedehnten Kapitalbeteiligung an der Mediengruppe Lagardère (unter anderem Radio Europe 1 und Journal du Dimanche) hatte er seit Langem verraten, was letztlich sein Ziel ist.

Bolloré und seine Medienmacht

Dennoch hat er jetzt alle überrumpelt. Mit dem Kauf des Kapitalanteils (17,93 Prozent) des Fonds Amber verfügt Bolloré plötzlich über 45,1 Prozent, was ihn gemäß Börsenregeln „zwingt“, auch den Rest der Lagardère-Gruppe zu übernehmen. Arnaud Lagardère, der sein Verlags- und Medienimperium vom Vater geerbt und nie wirklich Freude am Management hatte, sah anfänglich in Bolloré einen hilfreichen Partner. Nun steht er ausgebootet vor vollendeten Tatsachen – und vor dem Scherbenhaufen seiner Erbschaft. Genügend Cash steht Bolloré für diese Operation zur Verfügung, seit Vivendi sich von seiner Musiktochtergesellschaft Universal getrennt hat.

Was Bolloré mit dieser konzentrierten Medienmacht vorhat, ahnt man schon aufgrund der bisherigen, extrem provozierenden Linie von CNews sowie den Erfahrungen mit einer (dem willfährigen oder naiven Lagardère aufgezwungenen) „Kooperation“ zwischen seinem erzreaktionären TV-Kanal und Europe 1. Namentlich im Hinblick auf das Wahljahr 2022 soll der bisher unabhängige Rundfunksender in der Information unter Federführung von CNews eng zusammenarbeiten. Neuer Chef der politischen Redaktion von Europe 1 wurde Louis de Raguenel vom rechten Hetzblatt Valeurs actuelles.

Gegen die drohende Bevormundung protestierte die Redaktion im Juni vergeblich mit einem Streik. Seither haben 70 Jour­na­lis­t*in­nen Europe 1 verlassen. Unter ihnen auch die Humoristin Christine Berrou. Sie hat quasi als Vorgeschmack auf eine Zensur enthüllt, dass ein Vorgesetzter ihr dringend davon abgeraten hatte, in ihrer Vormittagssatire den von den neuen Herren im Haus besonders favorisierten rechtsextremen Publizisten Eric Zemmour auf die Schippe zu nehmen. Dieser spielt bekanntlich mit dem Gedanken, als Rivale der Rechtsextremistin Marine Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen zu kandidieren. Dank Bollorés Wohlwollen hätte er dazu eine Medienunterstützung, die durchaus mit der Propaganda von Fox News für Donald Trump vergleichbar wäre.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.