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Neue wohnungspolitische OffensiveBerlins Regierung will Mieten deckeln

Die Bundesländer könnten die Höhe der Mieten auch eigenständig regeln, sagt ein Jurist. Rot-Rot-Grün in Berlin will den Vorschlag prüfen.

Nun scheint auch Berlins Regierung dieses Graffiti langsam ernstnehmen zu wollen Foto: imago/Müller-Stauffenberg

BERLIN taz | Können auch Bundesländer die Mieten mit Landesgesetzen deckeln? Das behauptet zumindest der Jurist Peter Weber in einem Fachbeitrag in der JuristenZeitung. Der Artikel erschien schon in der Novemberausgabe, doch für Aufsehen sorgte er erst jetzt, als die Berliner SPD-Vertreter Eva Högl (Bundestagsabgeordnete), Julian Zado (Vize-Landeschef) und Kilian Wegner (Sprecher des Arbeitskreises für Stadtentwicklung) in einem Beitrag für den Tagesspiegel die Argumentation Webers aufgriffen. Ziel soll eine Nettokaltmiete von „etwa sechs bis sieben Euro“ sein. Die Deckelung würde auch für Neubauten gelten.

Derzeit erlässt der Bund die gesetzlichen Regelungen bezüglich der Mietpreise. Die von der Großen Koalition in der vergangenen Legislaturperiode beschlossene und nun noch einmal nachgebesserte Mietpreisbremse hat sich bislang aber als weitgehend unwirksam erwiesen, sodass die Mieten in Berlin und vielen anderen Städten weiter deutlich steigen. Vor allem die Union hat bisher wirksamere Regelungen blockiert.

Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) versprach auf der SPD-Fraktionsklausur am Wochenende, den Vorschlag schnell zu prüfen und „wenn möglich“ konsequent zu nutzen: „Wir wollen jedes Instrument, das den Mieterinnen und Mietern hilft.“ Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) versprach, mit Weber „zeitnah“ zu diskutieren und „vertiefende Prüfungen“ vorzunehmen. Auch die Grünen unterstützen einen Mietendeckel auf Landesebene.

Die Opposition ist dagegen: Der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Burkhard Dregger, erklärte, die SPD greife unter dem „Druck der Linkspopulisten“ nach jedem Strohhalm. Seine Parteikollege, der Berliner Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak, sagte, dies sei „der Versuch der Bundes-SPD, angesichts schwieriger Umfragewerte den Sozialismus salonfähig zu machen“.

Der Versuch der Bundes-SPD, angesichts schwieriger Umfragewerte den Sozialismus salonfähig zu machen

Jan-Marco Luczak, CDU-MdB

In der Tat steht die SPD in Berlin unter Druck. Umfragen sehen die Sozialdemokraten bei 15 bis 16 Prozent, deutlich hinter den Grünen und gleichauf oder knapp hinter der Linkspartei. Im Januar hat die SPD daher mit einer wohnungspolitischen Offensive in der Hauptstadt begonnen. Zunächst kündigte Michael Müller an, die unter Rot-Rot 2004 privatisierten GSW-Wohnungen zurückkaufen zu wollen, die inzwischen der Deutsche Wohnen gehören. Jetzt kommt der landespolitische Mietendeckel dazu.

Dass Rot-Rot-Grün ihn umsetzen wird, scheint schon angesichts der SPD-Krise wahrscheinlich. Ob der Deckel rechtmäßig ist, werden vermutlich Gerichte entscheiden. Aber bis zu einer Klärung hätte ein Deckel zumindest eine abschreckende Wirkung für Immobilieninvestoren. Nach einer Einschätzung der Deutschen Bank könnte Berlin eine der „teuersten deutschen und auch europäischen Metropolen“ werden. Mit einem juristischen Streit um einen Mietendeckel würde diese Entwicklung stark gebremst.

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5 Kommentare

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  • Wenn nicht mehr vermietet wird, nimmt tendenziell die Zahl der Verkaufsfälle von Immobilen zu, der Senat hat dann zusätzliche Einnahmen. Die Belastung mit Wohnkosten nimmt dagegen zu.

  • Mietinteressenen nutzt das gar nichts, weil dann gar nicht mehr vermietet würde, und alle kaufen müssen.

    Das könnte trotzdem die Wohnungs-Kaufpreise kurzzeitig reduzieren. Vor allem für schon vermietete Wohnungen.

    • @meerwind7:

      noch mmer gibt es sehr viele wohnungen im bestand, die witschatlich für 7 euro vermietet werden.



      und alles, was älter als 30 jahre ist, ist eh abgezahlt und muss nicht teuer vermietet werden.



      es sei denn, da hat jemand auf mietsteigerung spekuliert. und da kann es schon sein, dass sich jemand verspekuliert hat, das liegt ja in der natur der sache. aber das wird keinen immmobilienhai obdachlos machen. und falls doch: wir haben ja mit hartz4 ein sozialsystem, das alle aus cdu und fdp super großzügig finden.

  • Das Berlin von Bowie, wo Heroin nichts kostete und Späthippies in 200qm Wohnungen für 5 DM/qm hausten, ist wohl passé. Die Wohnungen gibts noch aber da leben jetzt Hipster die sich Bowie-Vinyl Platten so schräg gegen die Wand stellen und grün wählen als Zeichen der Solidarität mit

    Stuttgart.

  • Seit wie vielen Wahlperioden wird das eigentlich versprochen?