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Neue Studie zu Wald und KlimakriseProblemfall Kettensäge

Der Schutzstatus als „Natura-2000-Gebiet“ hilft Wäldern in der Klimakrise wenig. Dies zeigt eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Studie.

Vorwarder beim Verladen von Industrieholz in einem Wald in Niedersachsen Foto: countrypixel/imago

Berlin taz | Natura-2000-Wälder sind nicht widerstandsfähiger gegen Trockenheit und Hitze als nicht geschützte Forste. Das zeigt die Studie „Der Wald in Deutschland auf dem Weg in die Heißzeit“, die am Dienstag vorgestellt wird. Erstellt hat sie die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde im Auftrag von Greenpeace. Natura 2000 ist das europäische Netz für Naturschutzgebiete, die durch die „Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“ (FFH) geschützt sind. Sie bilden das Rückgrat des Naturschutzes in Deutschland; bei Diskussionen über Biodiversitäts- und Klimakrise verweisen die Umweltministerien häufig auf rund 67 Prozent der deutschen Waldfläche, die unter Naturschutz stehen.

Häufig wird in den Natura-2000-Schutzgebieten genauso gewirtschaftet wie außerhalb“, sagt Sandra Hieke, Forstwirtin und Waldexpertin der Umweltorganisation. Die Forstbehörden schrieben oft selbst an den Managementplänen für die Forste mit, in denen festgelegt werde, wie die Wälder zu bewirtschaften sind. Die intensive forstliche Nutzung sei aber das Problem: „Wir entnehmen zu viel Holz und greifen zu stark in die Struktur der Wälder ein“, so Hieke. „Nur 2,8 Prozent unserer Wälder sind vor Holzeinschlag geschützt“, sagt Hieke, „das ist viel zu wenig.“

Besser ergangen als den Natura-2000-Forsten ist es laut Studie Wäldern, die seit Längerem nicht mehr intensiv bewirtschaftet werden, etwa dem Hainich-Nationalpark in Thüringen. In dessen Kernzone zeige „mehr als die Hälfte der Waldflächen eine leichte Zunahme der Vitalität“, heißt es in der Studie. Dabei ist die Region stark von Trockenheit betroffen. Zuletzt sei „allzu leichtfertig kolportiert worden, dass man an den Wäldern des Hainich erkennen könne, dass alte Buchenwälder in Deutschland keine Chance mehr hätten“, schreiben die Autoren. Tatsächlich hätten die Buchenmischwälder an den extremen Standorten „vielfältige Resilienz-Reaktionen gezeigt“.

Die neue Bundesregierung müsse die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Wald verändern, fordert Wald-Expertin Hieke. „Wenn die Wälder vor dem Hintergrund der Klimakrise bestehen sollen, dann brauchen wir mehr echte, streng geschützte Schutzgebiete.“

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3 Kommentare

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  • Inhaltlich gebe ich dem Artikel recht, wenn er NATURA 2000 nicht als Goldstandard bezeichnet. Aber wer, wie ich, den Sommer zumeist draußen verbracht hat, wird auch bemerkt haben, dass trotz kahler Hügel aufgrund des Dürrejahres 2018, die Abholzung munter weitergeht. Und das ist ja auch betriebswirtschaftlich sinnvoll! Privatwaldbesitzer:innen wollen das Preishoch nutzen, der Staatsforst ist angewiesen zu holzen, um die Marktnachfrage zu bedienen. Das wirkt sich natürlich auf alle Waldgebiete aus und wenn der Schutzstatus über NATURA 2000 nicht ausreicht, ist es höchste Zeit die Richtlinien zu verändern.

  • Es gab auch schon vorher Studien zur Umsetzung der FFH - RL und deren Bedeutung zum Artenschutz in Wäldern, zum Beispiel für die Fledermäuse. Das Fazit: Die FFH - RL (also Europäisches Recht) spielt keine Rolle für den Schutz der ebenfalls nach europäischem Recht geschützten Tier- und Pflanzenarten. Hier vor meiner Haustür will der Forstverwalter eines regional bekannten Adelshauses einen FFH - geschützten Eichenwald in Douglasien umwandeln. Als Biologen, die in FFH Wäldern Untersuchungen durchführen, haben wir Angst vor den renitent auftretenden Waldbesitzern. Die Forstbehörden geben keine Daten heraus und bei Streitereien zwischen öffentlichen Forstverwaltungen und Naturschutbhörden geht es um lächerliche Nebenkriegsschauplätze (schützen wir nun 6, oder 10 Habitatbäume pro ha.???). Ich hoffe, es macht sich wirklich keiner mehr Illusionen über das Ausmaß behördlichen und staatlichen Versagens im Naturschutz. Man kann es nicht anders ausdrücken, als mit diesem Wort: Erbärmlich!

  • Hütet Euch vor Greenwashing. Der Klimaleugnungslobby geht gerade ein Geschäftsfeld verloren: sie sucht dringend ein anderes.