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Neue Pipelines aus Norwegen und SpanienWasserstoff-Röhren von Nord und Süd

Neue Pipelines aus Norwegen und Spanien sollen „grünes“ Gas für die Industrie nach Deutschland bringen. Zugleich beginnt ein Run auf die Subventionen.

Wasserstoff marsch: Messschacht in Holzwickede (NRW) Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Berlin taz | Europas Industrie strebt nach Milliardensubventionen für den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur. Der deutsche Gasnetzbetreiber Gascade – einst zum Firmengeflecht der Gazprom gehörend – und der belgische Ferngasbetreiber Fluxys teilten am Montag mit, die Planungen für eine Pipeline durch die Nordsee voranzutreiben. Diese solle, so Gascade-Geschäftsführer Christoph von dem Bussche, zum „Dreh- und Angelpunkt der zukünftigen deutschen und europäischen Offshore-Wasserstoff-Infrastruktur“ werden.

Die mehr als 400 Kilometer lange Trasse werde als Sammelpipeline konzipiert; sie könne einerseits Wasserstoff von verschiedenen Produktionsstandorten einsammeln und zugleich die Infrastrukturen der Nordsee-Anrainerstaaten verbinden. Die projektierenden Unternehmen wollen dieses sogenannte AquaDuctus-Projekt bei der EU-Kommission als „besonders wichtiges europäisches Infrastrukturprojekt“ anerkennen lassen – was ihnen eine Milliardenförderung aus EU-Mitteln einbrächte.

Die Mitteilung der Firmen kommt nur knapp drei Wochen nachdem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre in Oslo ein strategisches Abkommen geschlossen hatten, dessen wesentlicher Aspekt der Bau einer gemeinsamen Wasserstoff-Pipeline ist.

Nach den Vorstellungen von Gascade soll in einem ersten Schritt der geplante Offshore-Windpark „SEN-1“ in der deutschen Bucht an AquaDuctus angebunden werden. Der erste Wasserstoff soll dann 2030 fließen. In den Folgejahren, so die Firma Gascade, könnten weiter entfernt gelegene Wasserstoff-Windparks sowie Wasserstoff-Infrastruktur europäischer Nordsee-Anrainerstaaten eingebunden werden. Bis 2035 solle über die Nordseepipeline bis zu eine Million Tonnen Wasserstoff jährlich nach Deutschland transportiert werden.

Wasserstoff-Pipeline „H2Med“ geplant

Der „grüne“ Energieträger, der in der EU und in den Ländern derzeit stark propagiert wird, soll aber nicht nur aus dem Norden, sondern auch aus dem Süden nach Deutschland fließen. Deutschland und Frankreich haben soeben vereinbart, die zwischen Spanien und dem südfranzösischen Marseille geplante Wasserstoff-Pipeline „H2Med“ nach Deutschland zu verlängern.

Die beiden Länder verbindet ohnehin bereits eine starke industrielle Zusammenarbeit im Wasserstoffsektor: Siemens Energy und die französische Air Liquide hatten im vergangenen Sommer die Gründung eines Joint Ventures bekannt gegeben. Das Gemeinschaftsunternehmen will in Berlin eine industrielle Serienfertigung von Elektrolyseuren aufbauen. Parallel sollen unter dem Projektnamen „Norman’Hy“ in Port-Jérôme in der Normandie Elektrolyseur-Kapazitäten von 200 Megawatt aufgebaut werden. Sie sollen Wasserstoff für das europäische Netz erzeugen.

Das Gas aus den diversen Ländern soll in Deutschland von der Industrie abgenommen werden, die damit ihren Verbrauch an fossilen Energien senken möchte. „Grüner Wasserstoff ist zentral für das Erreichen der Pariser Klimaschutz-Ziele“, erklärt das Bundesforschungsministerium. Dieses hatte auch schon „strategische Partnerschaften mit Süd- und Westafrika sowie mit Australien“ ins Spiel gebracht, von wo das Gas dann per Schiff nach Europa geliefert werden müsste.

Die Fokussierung auf die Industrie als Abnehmer resultiert vor allem daraus, dass für Großverbraucher ein reines Wasserstoffnetz technisch leichter und kostengünstiger aufzubauen ist, als wenn man das bestehende, fein verästelte Gasverteilnetz für den Betrieb mit hohen Wasserstoffanteilen umrüsten würde.

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2 Kommentare

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  • Norwegen will ja (auch) blauen Wasserstoff aus Erdgas liefern.

    Einfach Erdgasnutzung verbieten, dann erübrigen sich Subventionen.

    • @meerwind7:

      Ich vermute da eine Art von "Greenwashing". "Böses" Erdgas wird in "Guten" Wasserstoff tranferiert und der dann importiert, ohne Frage nach seiner Entstehung.