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Neue Ökomarkendm greift mit Demeter Biohandel an

Der Drogeriemarkt dm verkauft jetzt auch Lebensmittel mit einem neuen Demeter-Siegel – und Marken, die lange Bio-Märkten vorbehalten waren.

Bald auch mit Demeter-Siegel: Bio-Produkte im Drogeriemarkt Foto: dpa

Berlin taz | Deutschlands größte Drogeriemarktkette dm greift den Biofachhandel jetzt auch mit Produkten an, die ein neues Siegel oder die Marke des Bioverbands Demeter tragen. Als erstes Unternehmen nutzt dm das eigens für Handelsmarken entwickelte Label.

„Viele dmBio Produkte tragen künftig das biodynamische Demeter-Siegel“, teilte die Kette mit. Sie nannte Babynahrung als Beispiel. Zudem führt dm nach eigenen Angaben bereits Produkte mit der Demeter-Originalmarke: etwa des Müsli-Herstellers Wyld, der Zwiebackfabrik Sommer und des Babybreiunternehmens Holle.

Äußerlich unterscheidet sich das schwarz-weiße ovale Siegel mit dem Schriftzug „biodynamisch zertifiziert durch Demeter“ von der orange-grün-weißen Marke des Verbands. Die Produkte müssen aber die gleichen Regeln für die Erzeugung erfüllen; zum Beispiel müssen Bauern Felder mit biologisch-dynamischen Präparaten aus Kräutern, Mineralien und Kuhmist behandeln, sie dürfen Kühe nicht enthornen und müssen ausschließlich Biofutter verwenden.

„Demeter-Mitglieder arbeiten nach den strengsten Bio-Richtlinien“, schreibt dm. Nach dem gesetzlichen Mindeststandard für Ökolandbau ist es etwa erlaubt, die Hörner von Rindern zu entfernen.

„Ich würde nicht zu dm gehen“

Doch auch die Demeter-Marke selbst ist inzwischen nicht mehr nur in Bioläden erhältlich, sondern auch bei konventionell geprägten Ketten wie dm. Damit hat der Fachhandel weiter an Exklusivität verloren. 2017 ist er schwächer gewachsen als der Biomarkt insgesamt.

„Ich würde nicht zu dm gehen“, sagt dagegen Volkmar Spielberger, Geschäftsführer der Spielberger GmbH Burgermühle, der taz: „Unser Wertesystem, das wir in unseren Produkten mitanbieten, werden wir nicht halten können, wenn wir uns mit dem nationalen Systemhandel verbünden.“

Denn der zahle am Ende immer nur Minimalpreise, die nicht reichten für eine „bäuerliche, regionale Landwirtschaft“, die ihre Tiere gut hält. Die Ketten würden durch ihre „Preismacht“ eine industrielle Landwirtschaft fördern. „Wir bitten die Verbraucher, genau und kritisch anzuschauen, unter welchen Bedingungen Lebensmittel tatsächlich produziert und gehandelt werden“, so Spielberger.

„High-Class-Produkte, kauft man besser im Bio-Fachhandel“, sagte Elke Röder, Geschäftsführerin des Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), der die Fachhändler organisiert. Daher sei in der neuen Demeter-Vertriebspolitik von einer herausgehobenen Partnerschaft mit dem Naturkostfachhandel die Rede.

„Der BNN erwartet Anstrengungen seitens Demeter, dass dieser Passus der Vertriebsrichtlinie kein Papiertiger bleibt“, so Röder. „Außerdem stellt sich eine Frage, die nur Demeter beantworten kann: Wie werden die Siegel-Unterschiede den Kundinnen und Kunden verdeutlicht?“ Denn insbesondere verantwortungsbewusste Konsumenten „dürften irritiert sein.“

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27 Kommentare

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  • ... "bescheidene, allzuoft super bescheidene Einkommen" haben auch viele Leut, die gern Bio kaufen (würden ...)

  • Super Sache. Dann können wir uns als Familie auch mal diese sonst so exklusiven Lebensmittel leisten.

    Find ich echt gut

  • „Unser Wertesystem, das wir in unseren Produkten mitanbieten, werden wir nicht halten können, wenn wir uns mit dem nationalen Systemhandel verbünden.“

    Denn der zahle am Ende immer nur Minimalpreise, die nicht reichten für eine „bäuerliche, regionale Landwirtschaft“, die ihre Tiere gut hält. Die Ketten würden durch ihre „Preismacht“ eine industrielle Landwirtschaft fördern.

     

    Es gibt einen Unterschied, ob jemand wirtschaftlich handelt und deswegen billiger ist oder ob man die industrielle Landwirtschaft betreibt und versucht das Maximum raus zu holen.

     

    Wenn die Standards eingehalten werden, spricht doch nichts gegen ein Vertrieb mit dm. Das dm verglicht und eventuell zu einem Landwirt geht, der billiger ist, liegt auf der Hand. Möglicherweise zwingt dies auch Landwirte zu wirtschaftlichem Handeln. Im ersten Schritt ist das nicht schlimm. Machen wir uns nichts vor: Wenn die großen Ketten nicht bio-Produkte (als EG-Siegel) anbieten würden, wäre die biologische Landwirtschaft kaum vorhanden. Möchte man, dass die Masse ökologischere Produkte kauft, dann muss sich beim Preis etwas tun. Und das wird durch dm der Fall sein. Deswegen werden noch lange nicht alle Grundsätze über Bord geworfen.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Strolch:

      "...dann muss sich beim Preis etwas tun"

       

      Lassen Sie mich raten - Sie sind nicht direkt in der Primärproduktion ökologischer Produkte und Waren beschäftigt und betreiben auch keinen kleinen Ökoladen

      • @61321 (Profil gelöscht):

        Nein, bin ich nicht. Allerdings ist für mich nicht erkennbar, weshalb marktwirtschaftliche Grundsätze, z.B. leichtere und schnellere Vertriebswege, efizienter Einsatz von Mitteln, bei einem Öko-Bauern keine Anwendung finden soll. Ich vermute, auch Sie haben nichts dagegen, wenn der Öko-Bauer einen Traktor, anstatt einen Handbetriebenen Pflug nutzt.

         

        Ja, der kleine Ökoladen bekommt Konkurrenz. Ich kann auch nachvollziehen, dass er sich darüber nicht freut, aber d.h. für mich nicht, dass ich den Weg von Demeter und dm ablehne. Im Gegenteil. Die Frage, die sich mir stellt ist vielmehr, was bietet mir der kleine Ökoladen mehr.

         

        Und nebenbei: Ich käme über dm wenigstens an demeter produkte im nahen Umkreis. Ansonsten müsste ich ca. 15 km fahren. Der kleine Laden im Dorf, bei dem ich Produkte aus seiner Produktion erwerben kann (und auch weiter erwerben werde), hat ein sehr eingeschränktes Sortiment. Bei anderen Produkten greife ich dann zu eg-bio oder ohne bio, weil ich sie sonst gar nicht bekomme. Ich sehe im ersten Schritt keine Nachteile.

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @Strolch:

          Nix dagegen, dass Sie im dm einkaufen. Tue ich auch gelegentlich, auch Öko-Lebensmittel.

          Erst recht nichts gegen wirtschaftliches Denken und Handeln. Es gibt keinen Grund, warum das Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Effizienz im Öko-Bereich nicht gelten sollte.

          Alles andere wäre Ressourcen-Verschwendung (Energie, Zeit, Rohstoffe)

           

          Schwere Bedenken bestehen da wo Wirtschaftlichkeit im Öko-Bereich durch schiere Größe angestrebt wird.

          Aus mannigfaltigen Gründen - nicht zuletzt auch Jost Maurins einschlägige Berichte stützen hier das Misstrauen - kommt für mich als Kunde vorläufig ein Lebensmittelprodukt aus einem Großbetrieb nicht in Frage.

          Es ist für den Verbraucher kein Problem, wo hundertfacher Zugang zu Produkten aus kleiner und mittlerer Betriebsgröße besteht und/oder Direktbezug auf kurzen Wegen vom Erzeuger möglich ist (Wochenmärkte, nahegelegene Höfe)

          Schwieriger zu evaluieren ist das natürlich beim Quinoa von was-weiß-ich-her

           

          Wo ich die Leute gerne wegbringen möchte: von der unrealistischen Vorstellung, dass Öko-Lebensmittel aus sozialen Gründen oder aus Entgegenkommen gegenüber einer Geizhaltung heraus discountgerecht heruntergedrückt werden müssen

           

          Ökologische Lebensmittel sind teurer als das was die konventionelle Lebensmittelproduktion auswirft, und sie sollen es bleiben.

          Entweder wir freunden uns wirklich mit Gedanken der Nachhaltigkeit an und bringen die Bereitschaft, dafür zu berappen und uns woanders dafür einzuschränken, oder eben nicht

           

          Eine Mitarbeit in einem einschlägigen kleinen oder mittleren Betrieb, würde so manchem die Augen öffnen, was sehr viele aus Enthusiasmus bereit sind zu leisten, für bescheidene, allzuoft super bescheidene Einkommen.

          Wer da versucht eisern Margen herunterzudrücken, und dm setzt sich dem Generalverdacht aus, verliert auch die unverzichtbare soziale Komponente ökologischen Wirtschaftens und Lebensweise aus dem Blickfeld oder blendet das bewusst aus.

           

          Denn die, die es mühsam erzeugen, sollten uns auch etwas wert sein

  • Ich hab nichts dagegen, wenn dm auch "Weleda"-Produkte verkauft.

     

    Ich hab aber was dagegen, dass dm sich damit einen grünen, umweltfreundlichen Anstrich geben will.

    Die sind alles andere, aber nicht das!

     

    Die meisten Produkte sind entweder überflüssig (z.B. Wäschedeo, 1xAbschminktücher, Bodyspray Wasserspray AQUA usw.) oder enthalten Microplastik.

    Auf Anfragen diesbezüglich erhält man vorgefertigte Antworten, die wortgleich auf deren homepage zu finden sind! Geändert hat sich bisher nichts.

     

    Dabei könnten die als größter Drogeriemarkt Deutschlands Vorreiter sein - zumal ja der Gründer Anthroposoph sein soll!

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Rossignol:

      Ihre Bemühungen in allen Ehren - es gibt nur eine Methode des Druckes, auf die sich bei dm's Marktverhalten und Sortiment etwas ändern würde. Die Kundin hat es in der Hand

       

      mit Appellen erreichen Sie

      - nichts

      • @61321 (Profil gelöscht):

        Ich habe nicht appelliert, sondern aufzeigen wollen, dass der Konzern dm scheinheilig ist.

         

        Die Methode, die Sie andeuten, ist mir bekannt und ich wende sie auch konsequent an.

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @Rossignol:

          prima :)

           

          Reden wir auch (bei passender Gelegenheit) mit unseren Freunden und Bekannten über diese Dinge!

  • Ich halte dm für eine verantwortungsvolle "Kette" – außerdem kommt es doch drauf an, was an Preisen ausgehandelt wird. Das muss doch nicht zwangsläufig zu Nachteilen führen.

     

    Denree – eine Tochter von REWE – hat sicherlich kommerziellere Motive, da wird auch mit den Angestellten nicht besonders gut umgegangen (Teilzeit, stark hierarchisch, kaum Mitbestimmung)…

     

    Der Gründer von dm tritt für das BGE ein, die Mitarbeiter dort scheinen sehr zufrieden zu sein. Und grundsätzlich muss "Bio" im normalen Lebensmittel- oder Drogeriehandel nichts schlechtes heißen, wenn es verantwortungbewusst umgesetzt wird.

    • @Frau Kirschgrün:

      Verantwortungsvoll?

       

      In den meisten Körper- und Haarpflegeprodukten ist Mikroplastik drin!

       

      Von den überflüssigen Dingen, wie z.B. Wäschedeo, 1x-Abschmink- und Brustpflegteücher etc. ganz zu schweigen!

      • @Rossignol:

        Sorry, das mit dem Mikroplastik war mir nicht bewusst.

        Also MUSS dm das ändern – ganz klar.

  • Soweit ich Götz Werner, den Gründer von DM und den DM Mitarbeiter kenne, würde ich immer wieder zu DM gehen.

    Der Inhalt machts!

    Das ist klar subjektiv jedem freigestellt:

    „Ich würde nicht zu dm gehen“, sagt dagegen Volkmar Spielberger, Geschäftsführer der Spielberger GmbH Burgermühle, der taz: „Unser Wertesystem, das wir in unseren Produkten mitanbieten, werden wir nicht halten können, wenn wir uns mit dem nationalen Systemhandel verbünden.“

    Der Daimler Chef kauft auch nich bei Fiat?

    Wer nicht hinschaut, kann nichts sehen! (KRABAT)

  • Da verbünden sich berüchtigte Billigheimer mit dem eigentlich angesehensten deutschen Biolabel - für mich heißt das:Adieu Demeter, nix mehr von Euch!

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...günstige Demeter-Produkte gibt es schon seit längerer Zeit von Alnatura.

    "High-Class-Produkte, kauft man besser im Bio-Fachhandel", doch, oft handelt es sich dabei um keine "High-Class-Produkte" (ausser beim Preis).

  • Der Supermarktblog hatte schon vor einiger Zeit darüber geschrieben. Ich vermute mal, es handelt sich bei dem neuen Siegel um einen Versuch der Hersteller, sich aus der Umklammerung des Biofachhandels zu lösen und damit ihre Umsätze zu steigern, ohne dass die älteren , strenger zertifizierten Marken darunter leiden müssen.

    • @Astoria:

      Ja, deswegen das neue Siegel. Der Verbraucher hat dann Zweifel, ob es wirklich den selben Standard hat wie Demeter.

  • Verantwortlich ist eine unserer besonders bei Deutschen ausgeprägten Eigenschaften: Schnäppchenjäger!

    1 Cent gespart und dafür Nachdenken und Gewissen ausgeschaltet!

    • @fvaderno:

      Natürlich, in anderen Ländern ist man gerne bereit Höchstpreise zu bezahlen und keine Minimalpreise. Warum sollte man auch nicht mehr bezahlen als den Marktpreis ?

  • Jetzt nochmal explizit: Gibt es einen Unterschied zwischen demeter und demeter, oder nicht???

    Der Artikel sagt nein, tut am Ende dann wieder so als ob doch, ohne irgendwelche Fakten zu liefern. Das ist Desinfomation, dafür zahl ich nicht!

     

    Dass Maurin und Spielberger dm nicht mögen, macht die Produkte nämlich nicht schlechter.

     

    Und ob es so viel besser ist wenn demeter statt über dm über denree verkauft, ist auch die Frage.

    • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
      @Nicetry:

      Wie kommen Sie darauf, dass ich dm nicht mag? Ich habe hier Herrn Spielberger zitiert, dass große Ketten die Agrarindustrie förderten. Das ist klar als Zitat, als seine Meinung gekennzeichnet.

      Das als Desinformation zu bezeichnen ist ziemlich daneben.

      • @Jost Maurin:

        Finde ich ausgesprochen gut, wenn der Redakteur, Autor des Artikels Stellung auch bei den Leserkommentaren Stellung bezieht. Dient der Versachlichung der Diskussion!

      • @Jost Maurin:

        Vielleicht keine Desinformation aber schon schwer verwirrend. Die Message des Textes erschließt sich mir nicht. Wie Kommentatoren weiter oben bereits gesagt haben. Erfüllt DM nun die Demeter Richtlinien oder nicht? Und wenn Ja was soll der Ausschrei? Wie gesagt verwirrend! Unabsichtliche Desinformation?

        • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
          @Ping:

          Im Text steht doch: "Die Produkte [mit demeter-Siegel] müssen aber die gleichen Regeln für die Erzeugung erfüllen;"

          Und dass das Siegel nur für Handelsmarken vergeben wird.

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @Nicetry:

      Stimmt!