Neue Nahost-Vereinbarung mit Israel: Kein Grund zum Feiern
Der Friedensdeal zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten wird überwiegend gefeiert. Dabei beseitigt er keinen einzigen Konflikt.
I m Jahr 2002 nahm die Arabische Liga einen Plan an, der ein Angebot von historischer Tragweite enthielt: Einem Ende der israelischen Besatzung palästinensischen Landes sollte ein umfassender Friedensschluss und eine Normalisierung mit allen Staaten der Arabischen Liga folgen. Israelischer Premierminister damals: Ariel Scharon. Sein Interesse an diesem Friedensangebot: null. Auch der seit 2009 amtierende Netanjahu lehnte die Initiative stets ab, denn er wusste: Mit den Golfmonarchien, die wie Israel daran interessiert sind, den Einfluss Irans sowie der Muslimbruderschaft einzudämmen, kann er auch ohne Zugeständnisse kooperieren.
Dass der kürzliche „Friedensschluss“, der dieses strategische Bündnis formalisiert, von Trump per Twitter verkündet wurde, ist kein Zufall: Passt es doch ausgezeichnet in seine Politik „maximalen Drucks“ gegen den Iran und seine regionalen Verbündeten. Während sich die Emirate brüsten, eine israelische Annexion von Teilen des Westjordanlands verhindert zu haben, spielt Israels Besatzung und Netanjahus aggressive Siedlungspolitik keine Rolle. Seine Ablehnung der Zweistaatenlösung wird belohnt, die arabische Friedensinitiative von 2002 ist endgültig Geschichte.
Dass dieses durchsichtige Manöver auch von der deutschen Außenpolitik als wegweisender Friedensschluss gefeiert wird, ist irritierend. Außenminister Maas sieht nach seinem jüngsten Besuch in Abu Dhabi eine Grundlage, das „Verhältnis zwischen Israel und der arabischen Welt positiv weiterzuentwickeln.“
Aber der Friedensdeal bringt weder eine umfassende Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts noch eine Beseitigung regionaler Bruchlinien. Deutschland und die EU müssen zumindest Erwartungen an die Protagonisten hinsichtlich ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen formulieren. Das gilt für Israel gegenüber den Palästinensern ebenso wie für die Emirate, die als wichtiger Player in der Region Konflikte wie in Libyen und Jemen befeuern, statt ein verlässlicher Partner für Frieden zu sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid