Neue Musik aus Berlin: Musik zum Festhalten
Albumtitel und Trioname zugleich: Auf „Der Dritte Stand“, dem neuen Album von Matthias Müller, Matthias Bauer und Rudi Fischerlehner, surrt der Bass.
M usik zum Festhalten! Kurze, knappe rhythmische Soundsplitter, ein klackerndes Schlagzeug. Rudi Fischerlehner lässt Holz auf Metall treffen. Matthias Bauer entwirft am Kontrabass großzügig werdende Bögen. Matthias Müller macht deutlich, dass auch die Posaune ein Bass sein kann. „Einstand“ heißt die 12 Minuten währende Eröffnung des Albums „Der Dritte Stand“. Bis jetzt liegt die Veröffentlichung aus der Berliner Improvisationsszene als CD und Download vor, mit ihren 45 Minuten Spielzeit wäre sie eine ideale LP.
Die sechs Songtitel legen einen roten Faden nahe. Auf „Bestand“ folgt „Zustand“: Perkussion und ein anfangs an ein Pendel erinnernder Bass, der langsam, aber sicher unruhig wird und im Klangbild den Aufstand assoziiert.
In „Anstand“ kommt es zu einem faszinierenden Stelldichein zwischen Hi-Hat und Bass, der in „Umstand“ zum Perkussionsinstrument gerät. „Ausstand“ beschließt das Album: Die Posaune ist beim Dark Ambient gelandet, der Bass surrt im Überschall, das Schlagzeug sorgt für mehr als ein kühnes Gerüst.
Matthias Müller, Matthias Bauer, Rudi Fischerlehner: Der Dritte Stand (Not Applicable);
Live: Matthias-Bauer-Woche. Der Dritte Stand & Gäste, 12.–16. Juli, Au Topsi Pohl, Pohlstr. 64;
Live: Der Dritte Stand (und Christian Marien Quintett), 6. August, 16 Uhr, Jazz am Kaisersteg, Hasselwerderstr. 22A
Fehlt nur noch ein Kopfstand. Den gibt es auf dem Albumcover, das die Weltkarte des muslimisch-arabischen Kartographen, Geologen und Botanikers Al-Idrisi aus dem 12. Jahrhundert aufgreift. Bei ihm war der Süden oben. Alles eine Frage der Perspektiven.
Und wem der Titel „Der Dritte Stand“ Erinnerungen aus der Schulzeit wachruft: „Was ist der Dritte Stand? Alles und noch mehr. Was ist er bis jetzt in der politischen Ordnung gewesen? Nichts. Was verlangt er? Etwas zu sein und so zu bestehen wie er immer sein wird.“ Abbé Sieyès am Vorabend der Französischen Revolution, exakt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Sicherheitsleck in der JVA Burg
Sensibler Lageplan kursierte unter Gefangenen