Neuauflage von „Wetten, dass..“: Er nun wieder
Ich habe Thomas Gottschalk als Kind getroffen und später nochmal. Mir schwant, es könnte ernüchternd sein, ihn am Samstag im TV zu sehen.
Ich komme aus einer Fernsehfamilie. Sie wissen schon, dieses Gerät im Wohnzimmer, das Sie auf Knopfdruck mit audiovisuellen Reizen überflutet, ohne dass Sie vorher das Internet nach dem zur Stimmung passenden Content durchforsten müssen. Mein Bruder entwickelt Showformate, meine Mutter arbeitete als Requisiteurin, und ich – bevor ich mich doch noch für Journalismus entschied – als Set-Aufnahmeleiterin.
Das Ganze reicht zurück bis in die alte BRD: In den 1980er Jahren vermittelte ein gemeinsamer Kumpel meinen Eltern einen Job als Kabel- und Baubühnenhilfe bei „Wetten, dass..?“, der vielleicht nostalgieträchtigsten Show der deutschen TV-Geschichte. Der Show, die – ja, Sie erinnern sich richtig – eigentlich im Dezember 2014 eingestellt wurde. Jetzt soll sie wieder ausgestrahlt werden, einmalig, am Samstag, moderiert von niemand Geringerem als Thomas Gottschalk oder auch: dem „Fernsehopa“, wie die dpa schreibt.
Als Frank Elstner 1986 seine letzten „Wetten, dass..?“-Shows moderierte, wurden meine Mutter und mein Vater ein Paar. Und vier Jahre später, Thomas Gottschalk hatte nun das Mikro übernommen, lief ich als Zweijährige während einer Probe auf die Bühne und tanzte zum Show-Act. Gottschalk nahm mich auf den Arm, fragte, wer ich denn sei. „Die Nora“, soll ich gesagt haben.
Der Show-Act könnte David Hasselhoff gewesen sein, erinnert sich die Familie vage. Auf Wikipedia hat sich tatsächlich jemand die Mühe gemacht und eine Liste mit allen Daten, Städten, Künstler:innen, Wettpat:innen und Gästen erstellt. Hasselhoff, Saarbrücken, 1990 – das passt. Der Liste nach lautete die Saalwette in dieser Ausgabe: „Zehn bis vor Gericht zerstrittene Nachbarn sollen mit Gerichtsurteil erscheinen und sich per Handschlag versöhnen.“ Eine zeitlose Wette.
Thomas Gottschalk begegnete ich 27 Jahre später ein zweites Mal. Als Set-Aufnahmeleiterin einer großen Nena-Show. Gottschalk moderierte. Als ich ihn von seiner Garderobe abholte, pochte mein Herz. Ich war aufgeregt. Als würde ich einen netten Onkel wiedertreffen, der der Familie abhandengekommen war.
Suche ich heute im Internet nach Thomas Gottschalk, lande ich bei seinen ersten Gummibärchen-Werbespots – heute alles abrufbar im nicht-linearen Fernsehen, also auf Youtube. Dort sagt er, gekleidet in einem blau gemusterten 80er-Jahre Blouson und in gewohnt gut gelaunter Manier: „Manchmal kommt auch ein Mann von Welt wie ich nach Hause, und dann sitze ich bei Mutti in der Küche und – nasche Goldbären.“ Heile, einfache, geordnete Welt.
Vermutlich ist das die heimliche Sehnsucht der fernsehenden Gesellschaft, auf die die Programmverantwortlichen hoffen, wenn sie ein Comeback von „Wetten, dass..?“ planen. Gottschalk passt da perfekt ins Bild. Über sich selbst sagte er: „Nachdem der Moderator sich mit dem Zeitgeist schwertut, wird man das auch der Show anmerken.“ Und: „Influencer müssen draußen bleiben. Ich bin der geblieben, den man von früher kennt.“
Mir schwant, es könnte ernüchternd sein, ihn wiederzusehen. Vielleicht ist es ganz gut, dass ich keinen Fernseher habe.
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