Netanjahus Annexionsplan: Das Recht des Stärkeren
Israels Ministerpräsident setzt auf die Macht des Stärkeren. Die Annexion des Jordantals wäre das endgültige Aus für eine Zweistaatenlösung.
B enjamin Netanjahus Ankündigung, einen Teil des Westjordanlands zu annektieren, ist in ihrer Klarheit nicht zu unterschätzen. Hinter dieses Versprechen wird Netanjahu, sollte er nach der Wahl am Dienstag weiterregieren, nur schwer zurückkönnen. Wie schon mit den Golanhöhen geschehen, rückt die Annexion eines Viertels des Westjordanlands in greifbare Nähe.
Die Annexion wäre ein besonders symbolischer Schritt Netanjahus in seiner Vorschlaghammer-Politik gegenüber den Palästinensern. Statt eine verhandelte Lösung anzustreben, setzt er auf die Macht des Stärkeren – in der Überzeugung, eine einseitige Lösung des Konflikts durchsetzen zu können.
Mit Trumps voller Unterstützung baut er die illegalen Siedlungen aus und verdrängt die palästinensische Bevölkerung zunehmend in komplett kontrollierte Enklaven. Die Annexion würde das Ende der Zweistaatenlösung bedeuten, jenes Ansatzes, den die internationale Gemeinschaft seit Jahrzehnten verfolgt, der die offizielle Position der EU und auch der Bundesrepublik darstellt und in dessen Zentrum ein Palästinenser-Staat steht. Dieser wird, sollte Netanjahu siegen, endgültig unrealistisch.
Beunruhigend ist, dass aus Europa so wenig Kritik kommt. Trumps und Netanjahus Abkehr vom Ziel einer verhandelten Lösung ist Teil eines breiteren Trends, der sich teilweise auch schon in Deutschland abzeichnet.
Während die Springer-Presse jede Gelegenheit nutzt, Palästinenser mit Terroristen und Antisemiten gleichzusetzen, mied der Tagesspiegel kürzlich sogar das Wort „Palästinenser“ und schrieb nur noch von Menschen, „die sich als Palästinenser bezeichnen“. Dahinter steht das Ziel, Palästinenser generell zu delegitimieren. Gibt es keine Palästinenser, dann können sie auch keinen Staat fordern, dann muss nicht verhandelt werden. Dann ist der Weg frei für die Annexion.
Einer friedlichen Lösung ist das nicht zuträglich. Europa muss auf einen Prozess drängen, an dessen Ende eine verhandelte Lösung steht. Alles andere führt zu noch mehr Gewalt, von der sowohl Israelis als auch Palästinenser schon genug haben.
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