Neonazi-Trainings in Berlin: Sportanlage in Pankow nun angeblich nazifrei
Jahrelang haben in einer Sporthalle an der Rennbahnstraße Neonazis trainiert. Nun sollen sie rausgeworfen worden sein. Antifas melden Zweifel an.
Die Demonstrierenden johlen bei T.s Worten. Selbst die Polizeihunde im Zwinger eines Wagens stimmen ein. Und tatsächlich: Wenigstens an diesem Tag sind im Sportkomplex keine Kampfsport trainierenden Neonazis zu sehen.
Sonst ist das oft anders. Seit Jahren veranstaltet der Verein TSC Preußen 97 hier in einer vom Bezirk Pankow bereitgestellten Halle Trainings, an denen offenbar organisierte Neonazis teilnehmen. Angeblich ist damit jetzt Schluss. Wie der zuständige Pankower Bezirksstadtrat Jörn Pasternack (CDU) der taz bestätigt, will der Vereinsvorsitzende des TSC Preußen 97 die Neonazis aus dem Verein geworfen haben. Zuerst hatte der Tagesspiegel berichtet.
So richtig trauen will dem scheinbaren antifaschistischen Erfolg auf der Demo niemand. Marco T. sagt am Rand der Demo zur taz, er gehe davon aus, dass der Vereinschef „höchstens ein paar Bauernopfer“ rausgeworfen habe, um den öffentlichen Druck abzubauen und die Förderwürdigkeit seines Vereins nicht zu gefährden. „Wir wüssten nicht, dass in dem Verein überhaupt Nicht-Faschos trainieren“, sagt T. Das Bündnis werde deshalb „die Situation weiter beobachten“.
Bezirk betont Handlungsunfähigkeit
Tatsächlich ist nicht geklärt, wer denn nun genau rausgeschmissen wurde. Sportstadtrat Pasternack sagt, der Vereinschef des TSC Preußen 97 habe ihm zugesichert, „die Personen, die 2022 auf Indymedia namentlich genannt wurden, aus seinem Verein entfernt zu haben“. Der CDU-Politiker bezieht sich damit auf eine damals öffentlich gemachte Antifa-Recherche, nach der in dem Verein führende Kader der damaligen NPD, der Identitären Bewegung und der AfD gemeinsam trainierten.
Im Sommer wurde schließlich bekannt, dass in der Halle in Weißensee mindestens seit 2023 zweimal die Woche Kader der militanten Neonazipartei Der Dritte Weg und deren Jugendorganisation Nationalrevolutionäre Jugend (NRJ) trainieren. Marco T. fürchtet deshalb, dass genau die einfach weiter in der Halle des Bezirks ein und aus gehen können, weil sie in der Indymedia-Recherche von 2022 gar nicht vorkamen. Mitglieder des Dritten Wegs und der NRJ stehen unter Verdacht, immer wieder politische Gewalttaten zu verüben, zum Beispiel im Juli bei einer brutalen Attacke auf Antifaschist:innen am Bahnhof Ostkreuz.
Stadtrat Pasternack verweist gegenüber der taz, dass er qua Amt wenig ausrichten könne. Es liege „nicht in unserer Zuständigkeit oder Möglichkeit zu kontrollieren“, welche Personen letztlich bei dem Verein in Weißensee trainierten, so Pasternack. Auch, wer Mitglied im TSC Preußen 97 ist, könne das Bezirksamt Pankow nicht bestimmen. Das könne nur auf Missstände hinweisen, Gespräche führen und Empfehlungen aussprechen. Außerdem kontrolliere man, ob in den bezirklichen Räumlichkeiten rechtsextreme Symbole gezeigt werden.
Nazikader für den Straßenkampf
Marco T. will solche Ausflüchte nicht gelten lassen. Der Chef des TSC Preußen 97 sei „kein netter Opi, der vielleicht ein bisschen naiv ist“, sagt er auf der Kundgebung. „Er bildet dort Nazikader für den Straßenkampf aus.“ Es sei das Mindeste, dass dem Verein die Gemeinnützigkeit und vor allem der Nutzungsvertrag entzogen werde.
Ganz so einfach ist es indes nicht. Der Vertrag wurde 2022 bis 2027 verlängert – verantwortlich hierfür zeichnete ausgerechnet eine Linke-Bezirkspolitikerin: Pasternacks Amtsvorgängerin Dominique Krössin. Klar ist, dass der Bezirk aufgrund des bestehenden Vertrags einen Rechtsstreit fürchtet. Es aber nicht einmal zu versuchen, sei „billig“, findet T.
Auf der Kundgebung am Donnerstag wird auch ein Statement einer queeren Vereinssportlerin abgespielt, die auf dem gleichen Gelände trainiert. Die Situation sei „ein Schlag ins Gesicht für alle, die gegen Diskriminierung, Gewalt und Hass kämpfen“, sagt sie. „Die Nazis trainieren dort in der Halle, um uns dann über die Straße zu jagen.“ Doch sie würde dabei nicht tatenlos zusehen, queere Menschen hätten schließlich gelernt, sich „ihren Platz in der Gesellschaft zu erkämpfen“. Von der Politik fordert sie nur eines: „Steht an unserer Seite!“
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