Nawalny beleidigt Gerhard Schröder: Politische Nutztierhaltung

Der russische Politiker Alexei Nawalny hat Gerhard Schröder einen „Laufburschen Putins“ genannt. Doch was heißt das genau? Eine Wortkunde.

Gerhard Schröder und Wladimir Putin strahlen sich an

Wladimir Putin (r.) und sein „Laufbursche“ 2004 in Sotschi Foto: Sergey Ponomarev/Ap

Der Eintrag „Laufbursche“ folgt im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm auf Laufbruder. Letzteres steht für „brüder, die in der not davon laufen“. Der russische Oppositionspolitiker Alexei Nawalny hat den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder nun in der Bild einen „Laufburschen Putins“ genannt. Nach der Grimm’schen Definition ist das ein „bursche, der in einem hause oder geschäft zum auslaufen gehalten wird“.

Das Wort „Bursche“ ist im Deutschen jenseits des süddeutschen Sprachraums mit seinen sprichwörtlichen „feschen Burschen und Madln“ nicht mehr übermäßig in Gebrauch. Die Zustellung von zumeist im Internet bestellten Waren erfolgt heute durch Personal, das sozial als ähnlich deklassiert gilt wie der alte Laufbursche – oder hat schon wer von einem Kind gehört, das als Berufswunsch „Paketbote“ angibt?

Laufbursche also ist klar abwertend gemeint. Schröder ist derart betitelt kein Freund oder Kollege Putins, nicht mal ein Angestellter: Er wird gehalten wie ein Nutztier, sein einziger Zweck ist das auslaufen, er ist wie eine Maschine, die Dinge, auf die er keinen Einfluss hat, von A nach B bringt. Ein Laufbursche ist nicht geschäftsfähig. Nicht sein Wille geschieht, sondern ausschließlich der seines Eigentümers.

Geld oder ideologisches Interesse?

An diesem Punkt halten wir kurz inne und fragen mit Putins Vorgänger Lenin: „Wer – wen?“ Hat Nawalny recht, wenn er Schröder als Laufburschen betitelt?

Oder hat Schröder jenseits der tatsächlichen beziehungsweise von Nawalny im Interview insinuierten üppigen Zahlungen ein eigenes, ideologisches Interesse bei seinem Engagement für die Gaspipeline Nord Stream 2 und bei seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender des staatlichen russischen Energiekonzerns Rosneft?

Welche „deutschen“ Interessen vertritt Schröder? Warum schmeißt ihn die SPD nicht endlich raus? Wenn der Laufbursche eines Diktators und Kriegsverbrechers wie Putin sich so lange halten kann, scheint er auch hierzulande auf Freunde zählen zu können, die in der Not nicht einfach davonlaufen.

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