Nato-Ostflanke: Russland rüstet an der finnischen Grenze
Schutzräume für Kampfflugzeuge, Hallen für Militärfahrzeuge und ein Flughafen. Satellitenbilder zeigen: Im Norden stärkt Russland seine Infrastruktur.

Zudem sind Schutzräume für Kampfflugzeuge und große Hallen mit Platz für Militärfahrzeuge zu erkennen. Auch Instandsetzungen alter Strukturen wie des Militärflughafens nahe Murmansk wurden demnach beobachtet, der über zwei Jahrzehnte verlassen war.
Zuvor hatte bereits das schwedische Fernsehen SVT darüber berichtet, und nicht zuletzt in Finnland beobachtet man die Aktivitäten auf der anderen Seite der Grenze mit großer Aufmerksamkeit.
Nato-Vertreter sagten nun laut New York Times, was man dort sehe, sei nicht mit dem Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine kurz vor der Invasion 2022 zu vergleichen. Es gehe um eine längerfristig geplante Verstärkung der Militärpräsenz im Nordwesten des Landes – eine Vorbereitung für eine Zeit, wenn nicht mehr alle Kräfte in der Ukraine gebunden sind.
„Sehr viel höhere Truppenstärke“
Der Chef des finnischen Militärgeheimdienstes Pekka Turunen rechnet demnach mit einem Zeitraum von fünf Jahren, bis Russland seine Truppenstärke hinter der Grenze auf bedrohliches Niveau aufgebaut haben könnte. „Wir reden von einer sehr viel höheren Truppenstärke“, sagte Turunen.
Der finnische Militärexperte Juha Kukkola, Major und Professor an der Verteidigungshochschule, beschrieb in einem Rapport im vergangenen Oktober, wie die russische Armee den alten Militärdistrikt Leningrad wieder aufbauen will, der zuvor mit drei anderen zum „Westlichen Militärbezirk“ fusioniert worden war.
Zum Wiederaufbau gehöre unter anderem, dass drei Infanteriebrigaden in der Nähe zu Finnland zu Divisionen expandiert würden – mit Tausenden Soldaten mehr pro Einheit. Auch solle ein neues Armeekorps mit bis zu 20.000 Mann in der Region Karelien aufgestellt werden. Insgesamt könnte Russland nach Kukkolas Einschätzung in diesem Leningrader Militärbezirk in den 2030er-Jahren zwischen 40.000 und 85.000 Soldaten stationieren.
Er geht wie andere Militärexperten davon aus, dass Russland sich auf einen möglichen Angriff auf Nato-Gebiet in seinem Nordwesten vorbereitet – in welcher Form, dazu gibt es verschiedene Überlegungen.
Großinvasion eher unwahrscheinlich
Eine großangelegte Invasion gilt nicht als die wahrscheinlichste Variante, wobei Kukkola Finnlands Militär als im Prinzip stark genug ansieht, um das eigene Land zu verteidigen. Diskutiert werden auch Varianten, wonach Russland mit einem Angriff auf kleinere geografische Einheiten, etwa Åland, die Funktionsweise der Nato testen könnte.
Am Dienstag wurde US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus auf die Berichte zur russischen Aufrüstung in der Nähe zu Finnland – und damit auch Norwegen – angesprochen. Ihn beunruhigten diese Nachrichten überhaupt nicht, antwortete er dem Korrespondenten des schwedischen Fernsehens, „das sind zwei Länder, die sehr sicher sein werden“.
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