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Nahost-Konflikt an Berlins HochschulenAllseitige Rücktrittsforderungen

Berlins Universitäten kommen nicht zur Ruhe. Auch die Diskussionen um die Likes von TU-Präsidentin Geraldine Rauch gehen unvermindert weiter.

Täglich grüßt die pro-palästinensische Demonstration – hier am Mittwochabend in Kreuzberg Foto: Paul Zinken/dpa

Berlin taz | Die Studierenden, die in der vergangenen Woche ein Institutsgebäude der Humboldt-Universität besetzt hatten, fordern den Rücktritt von Senatschef Kai Wegner (CDU), Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra und Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD). Sie alle drei trügen die „politische Verantwortung für die Verletzung der Hochschulautonomie und fundamentaler Grundrechte“, erklärten Ver­tre­te­r:in­nen der maßgeblich an der Besetzung beteiligten Student Coalition Berlin am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Neukölln.

Die Be­set­ze­r:in­nen wiederholten bei der Gelegenheit ihre Vorwürfe gegenüber der Polizei, bei der Räumung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der HU vor einer Woche unverhältnismäßig „gewaltsam“ vorgegangen zu sein. Gestützt wurden die Anschuldigungen durch studentische Sanitäter:innen, die vor Ort waren.

Sie berichteten, dass die Polizei „fast ausschließlich“ Schmerzgriffe bei den Fest­nahmen angewandt hat. Im Zuge der Räumung seien 2 Sa­ni­tä­te­r:in­nen sogar selbst festgesetzt worden. Für die Hel­fe­r:in­nen stellt „der Umgang der Polizei im Umgang mit dem Gesundheitspersonal“ ganz klar „eine neue Stufe der Eskalation“ dar.

Die Student Coalition Berlin erklärte ihre Bereitschaft zur „Wiederaufnahme des Dialogs“ mit den Universitäten, sofern die bereit seien, „unsere bereits formulierten Minimalbedingungen“ zu erfüllen. Dazu gehört etwa die Forderung, die Zusammenarbeit mit israelischen Hochschulen zu beenden. HU-Präsidentin Julia von Blumenthal hatte am Wochenende klargestellt, sie könne sich schwer vorstellen, dass mit den propalästinensischen Be­set­ze­r:in­nen­grup­pen überhaupt noch ein Dialog gelingen kann.

Czyborra ist Rauch „sehr dankbar“

Unterdessen geht die Diskussion um TU-Präsidentin Geraldine Rauch unvermindert weiter. Rauch hatte antisemitische Posts in den sozialen Medien gelikt und sich am Mittwoch dafür entschuldigt. Sie habe nur den Text des umstrittenen Posts gelikt und das eindeutig antisemitische Bild dazu übersehen. Wissenschaftssenatorin Czyborra bewertete die Entschuldigung insgesamt positiv. „Ich bin erst mal sehr dankbar dafür, dass Frau Rauch sich öffentlich geäußert hat“, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag am Rande eines Termins an der TU.

Anders als Czyborra sieht die CDU keineswegs Gründe, in Sachen Rauch Entwarnung zu geben. Kultursenator Joe Chialo (CDU) sagte am Donnerstag im RBB, dass sich eine so exponierte Person in ihrer Vorbildfunktion im Amt seiner Meinung nach „nur sehr schwer herausziehen kann“. CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein ging noch weiter und forderte den Rücktritt von Rauch.

Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat Rauchs Reaktion als „nicht glaubwürdig“ kritisiert, und mit Blick auf das gelikte Bild hinzugefügt: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“

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13 Kommentare

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  • Nachdem alle sehen konnten was da an die Wände geschmiert wurde glaube ich die Diskussion kann als beendet betrachtet werden.

    Da gibt es schlicht nichts zu rechtfertigen mehr. Wer es doch tut, weiß genau was er/sie da tut. Und wofür er/sie sich einsetzt.

    Für Rassismus, Chauvinismus, Mordphantasien und Antisemitismus sowie Religionsterror gibt es keine Verhandlungsmasse wo Menschen frei miteinander leben. Da wo sie frei lernen wollen schon mal gar nicht.

  • Allein schon, daß eine Hochschulpräsidentin und ! auch Beraterin des BK in einer Zukunftskommission in sogenannten Sozialen Netzwerken auf niedrigem Niveau und zwischendurch Sympathiepunkte verteilt, zeugt davon daß Prof. Rauch für diese Position nicht geeignet ist.

  • Eine gewisse Dreistigkeit ist das schon, wenn man sich anschaut, wie die Räume nach der Besetzung aussahen, jetzt noch Vorwürfe zu erheben. Vor der "Fortsetzung des Dialoges" könnte vielleicht erst mal die Zahlung für die Schäden und die Distanzierung von den Gewalttätern erfolgen.

  • In einem ähnlichen Sachverhalt hat die Präsidentin der Humboldt Uni, Julia von Blumenthal, bereits eine Anzeige wegen



    "Verdachts der Untreue" erhalten. Eine Universitätsleitung und die Universität selbst, sind eben nicht in einem rechtsfreien Raum, wo alles erlaubt ist, wenn es eben nur irgendeinem Diskurs dient. Die Qualität der inhaltlichen Auseinandersetzung und das Verhalten liegt unterhalb der von Stammtischen und hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun.

    • @Puky:

      Weil Sie gerade die Stammtische ansprechen: es klingt doch unangenehm nach solchen, wenn man wegen ein paar besetzen Räumen an einer Universität gleich einen rechtsfreien Raum wittert. Vielleicht sollte man im taz-Forum noch einen tonalen Unterschied zum CDU-Parteitag erkennen, wenn es um studentische Protestkultur geht...



      Übrigens: eine Anzeige ist noch lange kein Urteil.

  • Nach den Posts ist Frau Rauch in der Position nicht mehr tragbar. An der TU braucht es einen unaufgeregten Neuanfang.

  • McCarthy lässt grüßen.

  • Erinnert mich ein wenig an mittelalterliche Hexenverfolgung.

    • @EffeJoSiebenZwo:

      Trump lässt grüßen. Höcke und Krah auch. "Hexenverfolgung". Das sagen die jeden zweiten Tag.



      Sind ja aber auch Narzissten die nur auf einem Narrativ der eigenen Unterdrückung so was wie Selbstwert gewinnen können.

      Antisemitismus. Religionsterror und Mordphantasien werden hier keinen Platz haben.



      Heute nicht, Morgen nicht.



      Finden sie sich damit ab. Und das am besten Heute.

      Ps. Was hier wirklich mittelalterlich ist, ist der gesellschaftsfähige Antijudaismus und mal mehr mal weniger offene Antisemitismus.

    • @EffeJoSiebenZwo:

      Absolut. Es ist schlimm, wie die akademische- und Meinungsfreiheit hier mit Füßen getreten wird.

      • @Hans Fuchs:

        Hakenkreuz und Schmierereien als akademische Freiheit?

      • @Hans Fuchs:

        Antisemitismus ist keine Meinung, Punkt.

        • @Fran Zose:

          Und noch weniger akademisch.