Nachruf auf Manfred Frenz: Er machte, dass sich die Welt dreht
Zwei Drittel seines Lebens hat Manni Frenz für die taz gearbeitet – und mit seinen Anzeigenumsätzen einen Lokalteil erst möglich gemacht.
Die meisten von uns wären wohl nie bei der taz gelandet ohne ihn. Weil es Regionalausgaben im Norden vermutlich nicht lange gegeben hätte. Das Projekt taz hamburg war gerade ein paar Monate alt, als das „Plenum“ Manni einstellte, 1981. Er hatte Speditionskaufmann gelernt, konnte also mit Zahlen umgehen – ein Exot unter all den jungen Leuten, die dachten, Worte seien genug, um die Welt zu verändern.
Die Buchhaltung des jungen Kollektivbetriebs sollte er machen. Nach ein paar Wochen wurde klar, dass man wohl auch eine Anzeigenabteilung brauchen würde. Ob Manni die wohl nebenbei mit aufbauen könnte? Er konnte.
Manni wurde Anzeigenleiter, auch wenn es ihm überhaupt nicht lag, chefig zu werden. Er wusste gar nicht, wozu das gut sein sollte. Wenn alle den gleichen inneren Antrieb hätten wie er, wozu sollte dann einer den anderen Ansagen machen? Dennoch machten er und sein Team die taz hamburg zu einem Scheinriesen auf dem lokalen Anzeigenmarkt. In den besten Zeiten deckten Anzeigen fast ein Drittel der Kosten der Lokalausgabe. Wie bei einer echten Lokalzeitung.
Werben in der taz
Dass die entstehenden Alternativbetriebe an der taz nicht vorbeikamen – klar, auch wenn Manni ihnen das erst sagen musste. Aber die Stadtreinigung, in einer damals noch von einer Betonkopf-SPD beherrschten Stadt? Oder der örtliche Atomstromversorger?
Denen brachte Manni bei, warum die taz wichtig war: nicht wegen, sondern trotz ihrer Auflage. Etwa, weil sie an WG-Tischen herumgereicht wurde und deswegen viel mehr Leser:innen pro Exemplar hatte als andere Zeitungen. Auch wenn die taz nicht an der Media-Analyse teilnahm, die diese gefühlte Verbreitung hätte belegen können.
Natürlich musste er seinen Kunden immer wieder erklären, warum die taz zwar ihr Geld wollte, aber in der Berichterstattung kompromisslos bis rotzlöffelig blieb. Und manchmal auch der Redaktion, warum eine bestimmte Anzeige vielleicht nicht schön, aber eben doch mit den taz-Statuten vereinbar war – und die Leser:innen mündig genug, damit umzugehen. Manni war ein großer Verfechter der Unabhängigkeit von Verlag und Redaktion.
Gerade wegen dieser Haltung fand er in der Redaktion offene Ohren. Er war ein genauer und kritischer Leser, mit scharfem Blick auf die Mächtigen in der Stadt. Durch sein Faible für Lokalpolitik regte er oft Themen an, die unter dem landespolitischen Radar zu laufen drohten – unaufgeregt, wie es seine Art war.
Diskrete Themenvorschläge
Manchmal legte er auf Redaktionsschreibtische kleine, sauber ausgeschnittene Zeitungsschnipsel, hinter denen er eine größere Geschichte wusste. Wie im Austausch für die Briefmarken, die er von den Umschlägen mopste, bevor die ihre Adressat:innen erreichten.
Briefmarken wünschte er sich bis zuletzt, aber „keine Kaufmarken“! Und Bücher: „Über Hamburg.“ Ob er die nicht alle schon habe? „Am besten was Neues, dann ist das Risiko nicht so groß.“ Dabei war schon klar, dass man ihm mit Hochglanz-Bildbänden nicht kommen musste – eher mit kritischer Lokalhistorie.
Fast zwei Drittel seines Lebens hat Manni in der taz verbracht. Wenn er vom Aufhören sprach, haben wir ihn bekniet, weiterzumachen, zuletzt noch mal ein Jahr. „Manni makes the world go round“ war ein geflügeltes Wort, und wir konnten uns nie vorstellen, wer so wie er dafür hätte sorgen können, dass unsere kleine Welt sich weiter dreht. Es fühlt sich schrecklich ungerecht an, dass er seinen Ruhestand nun nicht mehr erlebt.
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