piwik no script img

Nachruf auf Helmut SchmidtDer Deutsche

Der politische Zustand, in dem Altkanzler Schmidt glänzte, war die Krise. Doch seine Rationalität hatte auch eine mitleidslose Seite.

Politik, so wie Schmidt sie verstand, konnte nur Realpolitik sein, exakt analysiert, entschlossen durchgesetzt Foto: dpa

In Interviews wirkte er manchmal wie in sich selbst versunken, ehe er sich doch herabließ, die Frage zu beantworten. Diese Kunstpausen sollten dem Publikum nicht nur bedeuten, dass hier ein Nachdenklicher spricht, der seine Worte wägt. Dieses Schweigen machte klar, wer Regie führt: Er, Helmut Schmidt. Die Pausen waren subtile Demonstrationen der Überlegenheit.

Oberleutnant Schmidt wurde 1946 Sozialdemokrat, weil er sich dort Kameradschaft versprach. So hat er es selbst berichtet. Der Gewaltorkan des Zweiten Weltkriegs, den er als zupackender, allenfalls an den Erfolgsaussichten der Wehrmacht zweifelnder Soldat erlebte, war die Zentralperspektive seines Lebens. In der SPD suchte er nicht nur eine Art zivile Verlängerung soldatischer Gemeinschaft – er behandelte sie, mit wechselndem Erfolg, auch wie ein Oberleutnant seine Kompanie.

Als Politiker war er ein Manager, der wusste, was in der Not zu tun ist, auch das ein Echo seiner Militärzeit. Der politische Zustand, in dem er zum Leuchten kam, war die Krise – die Sturmflut in Hamburg 1962, Willy Brandts Rücktritt 1974, der deutsche Herbst 1977.

Die Bundesdeutschen mochten ihn, das norddeutsch Knappe, auch das Autoritäre. Als Kanzler behandelte er seine Minister, wie Newsweek 1974 bemerkte, wie „eine Bande unartiger Kinder“. Erhard Eppler, damals Minister für Entwicklung, also Gedöns, nahm umgehend seinen Hut. Eppler verkörperte für Schmidt das Prinzip, für das er nur verständnislose Herablassung hatte: die Moralisierung von Politik.

Politik, so wie Schmidt sie verstand, konnte nur Realpolitik sein, exakt analysiert, entschlossen durchgesetzt. Er selbst sah sich als Intellektuellen im pragmatischen US-amerikanischen Sinn; als Kopf, der Währungssysteme, RAF-Terror oder die atomaren Abschreckungspotenziale nüchtern anschaut und handelt. Und er hielt sich für gescheiter als Henry Kissinger.

„Leitender Angestellter der Bundesrepublik“

Politik muss Kunst ohne Passion sein. Sie darf nur das Machbare wollen. Das war Schmidts Schlussfolgerung aus der Katastrophe der NS-Zeit. Denn hatten nicht die politischen Leidenschaften, die die Nazis geweckt und missbraucht hatten, geradewegs in die Trümmerfelder der deutschen Städte geführt?

Schmidt verkörperte mit stets tadellos gezirkeltem Scheitel den Gegenentwurf zum Volkstribun, sachlich, pragmatisch, korrekt. Als Kanzler verstand er sich, ohne Anflug von Ironie, als „leitender Angestellter der Bundesrepublik“. Der Staat sollte wie ein Unternehmen funktionieren, ein Apparat, den man zu bedienen wissen musste. Das Ideal war der reibungslose, geräuscharme Ablauf, der nur vor störenden Jusos, die Reiche besteuern oder die Wirtschaft lenken wollten, geschützt werden musste. Helmut Schmidt glaubte an Fakten, Daten, Statistiken, nicht an Parteitagsbeschlüsse. Wäre er eine Figur aus einem Roman, er hätte der Held in Max Frischs „Homo Faber“ sein können, der sagte, dass er keine Mystik brauche – Mathematik genüge.

In den 68ern sah Frontsoldat Schmidt eine Wiederkehr der sinistren ideologischen Kräfte, die schon 1933 ins Unheil führten. Für die Linksintellektuellen, von Rudi Dutschke bis Jürgen Habermas, hatte er kaum mehr als Verachtung übrig. Alles Utopische erschien ihm gefährlich zu sein, bestenfalls überflüssiges Geschwätz, das vom Wesentlichen, den steinernen Notwendigkeiten der Realpolitik, ablenkte. Er war ein Anhänger von Karl Poppers antitotalitärem kritischem Rationalismus.

Hatte Schmidt mit Popper Recht? In manchem durchaus. Die Wiederbelebung von Marx war nur ein Umweg, der die 68er ungefähr dorthin führte, wo Schmidt schon war: in die offene, liberale Gesellschaft. Schmidt allerdings konnte auf eine Art Recht haben, die alles, was nicht effektiv auf geradem Weg zum Ziel führte, mit arroganter Verachtung strafte. Peter Glotz, der sozialdemokratische Parteiintellektuelle, attestierte ihm mal eine „protestantische Angst vor der Unterwelt der Gefühle“. Mag sein, dass das Knöcherne, Barsche aus dieser Abwehr rührte.

1977, in der Entweder-Oder-Situation, blieb er hart gegen die RAF und weigerte sich, Hanns Martin Schleyer einzutauschen. Im Großen Krisenstab paradierte er mit dem CSU-Mann und Wehrmachtsleutnant Friedrich Zimmermann in einer Pause mit einem Gehstock als Gewehrsatz. Die Unnachgiebigkeit hatte einen zackigen, soldatischen Ton. Das ändert nichts daran, dass es Gründe gab, sich nicht erpressen zu lassen. Die Befürchtung, dass die RAF, wenn Baader und Ensslin freigekommen wären, noch mehr Terror verbreitet hätte, war nicht abwegig. Als die Meldung kam, dass die Befreiung der Geiseln in Mogadischu geglückt war, hat Helmut Schmidt geweint.

Sätze, stählern und unerbittlich

Schmidts Rationalität hatte indes auch eine hässliche, mitleidslose Seite. 1975 erklärte er auf einer SPD-Parteiveranstaltung unter tosendem Applaus, dass die Linksterroristen nicht erwarten können „in einem Erholungsheim untergebracht zu werden, und die Unbequemlichkeit eines Gefängnisses auf sich nehmen müssen“. Erholungsheim? Ein paar Tage zuvor war Holger Meins im Gefängnis im Hungerstreik gestorben. Solche Sätze, stählern und unerbittlich, waren der Stoff, mit dem die RAF ihren Nachwuchs rekrutierte.

Dass „68“ ein Projektionsspiel der Generationen war, blieb für Schmidt, der sich so viel auf seinen scharfen Verstand einbildete, ein blinder Fleck. Er hielt die Linksextremen für Widergänger der Nazis – die Linksmilitanten sahen in ihm den Oberleutnant von Hitlers Armee, der an der Blockade von Leningrad und dem Vernichtungskrieg im Osten beteiligt war. Diese tragische Pointe hat er nie verstanden, so wenig wie die Wachstumsskepsis der Grünen. Ökologie hielt er lange für eine Marotte gelangweilter Mittelstandsdamen. Der starre Blick auf das Machbare war manchmal ein Tunnelblick.

Der mitunter bizarre Schmidt- Kult der letzten zehn, fünfzehn Jahre füllte eine Leerstelle – eine Sehnsucht nach Führung, Erfahrung, Autorität. Schmidt war die geeignete Projektionsfläche.

War er ein großer Kanzler? Nein, und er konnte es nicht sein. Der kühne, weitblickende Plan, wie ihn Egon Bahr und Willy Brandt mit der Ostpolitik entworfen hatten, war nicht sein Spielfeld. Sein nachhaltigster Erfolg als Kanzler war die Etablierung des Europäischen Währungssystems EWS 1979, das später Grundstein für den Euro wurde. Sein größter Fehler war die Aufrüstung mit Pershing-Raketen, die er US-Präsident Jimmy Carter (den er als Moralisten verachtete) aufschwatzte. Gegen die Nachrüstung gingen in der Bundesrepublik Hunderttausende auf die Straße, die SPD rebellierte. Effektiver als Schmidt hat kein Politiker den Aufstieg der Grünen beflügelt. Auch die Gründung der taz als Medium der Gegenöffentlichkeit war eine Antwort auf Schmidts autoritäres Krisenmanagement im Deutschen Herbst.

Dass die Pershings den Zusammenbruch der Sowjetunion beschleunigt oder gar verursacht hätten, ist Legende. Dafür war die KSZE-Schlussakte, die 1975 den Anspruch auf Menschen- und Bürgerrechte auch im Osten verbriefte, viel wichtiger. Und die entsprang dem Geist von Willy Brandts Entspannungspolitik, nicht Helmut Schmidts Raketenzählerei. Auf dem Kölner Parteitag 1983 stimmten neben Schmidt 14 Genossen für die Nato-Nachrüstung, 400 dagegen. Das war die Antwort der SPD auf Schmidts, später von Schröder imitierter Art, die Partei mit Machtworten zu erpressen. So rabiat wie Schmidt wurde kein anderer führender Sozialdemokrat je vom Hof gejagt.

Mit knorriger Lakonie die Welt erklären

Die Deutschen fassten zu ihm als altem Mann und Kanzler a.D. eine fast obsessive Zuneigung. Es gab kaum ein Jahr ohne ein Buch von ihm oder über ihn auf den Bestsellerlisten. In Talkshows wurde er andächtig zu anstehenden Weltproblemen befragt. Er rauchte unverdrossen – alle fanden es cool, dass ein hustender Altbundeskanzler in knappen Sätzen und mit knorriger Lakonie die Welt erklärte.

Der mitunter bizarre Schmidt-Kult der letzten zehn, fünfzehn Jahre füllte eine Leerstelle – eine Sehnsucht nach Führung, Erfahrung, Autorität. Schmidt war die geeignete Projektionsfläche. Das allzu Brüske war im Alter ins Milde abgeschliffen. Aber nie so milde, dass nicht doch scharfe Urteile folgten. Schmidt verdammte, scheinbar links, den Finanzkapitalismus und den Kosovokrieg, und, scheinbar rechts, zu viel Staat, den Ausstieg aus der Atomenergie und zu viel Sozialstaat.

Er wechselte wie ein Schauspieler die Rollen, gab mal den global denkenden Chefanalytiker, mal den Mann von der Straße, der seine Steuererklärung nicht versteht. Das hellsichtige Urteil und der dünkelhafte Kurzschluss, wie die Verdammung von Multikulti als linke Spinnerei, siedelten bei ihm nahe beieinander. Das Geheimnis seines Erfolges als Publizist war, dass er postideologisch dachte, aber nie langweilte. Und er schien bundesdeutsche Geschichte und Vorgeschichte, von 1945 bis zur RAF, von Pershing bis zu 1989, in angenehm distanzierter, abgelagerter Weise zu verkörpern. Dass er, wie viele Deutsche, recht vergesslich war, was seine Rolle in der NS-Zeit anging, wurde milde übersehen.

Auf SPD-Parteitagen wurde er als Greis bejubelt, wie ein lebendes Denkmal. Das war vielleicht ein letztes Missverständnis in der komplizierten, kurvenreichen Beziehung zwischen Helmut Schmidt und der SPD.

Ein Sozialdemokrat war er so wenig, wie Angela Merkel Christdemokratin ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

60 Kommentare

 / 
  • Der seinerzeitige Referent im Reichsluftfahrtministerium und Leutnant Helmut Schmidt hat die damals 20-jährige Cato ein letztes Mal im Sommer 1942 auf einer Party in Berlin getroffen, bevor er den Kontakt zu ihr abbrach. Hierzu schreibt er in seinen Memoiren "Kindheit und Jugend unter Hitler", nachdem ihm klar geworden war, dass Cato und ihre Freunde es mit dem Widerstand gegen Hitler Ernst meinten, sinngemäß:

     

    Angesichts der rückhaltlosen Debatte dachte ich: Die spielen ja alle mit ihrem Leben (..) Ich habe mich vor mir selber geschämt, weil ich nicht eine abermalige Verbindung zu Cato gesucht habe, um sie wegen ihrer Leichtfertigkeit zu warnen (..)

     

    Cato Bontjes van Beek wurde am 18. Januar 1943 vom Reichskriegsgericht Berlin wegen „Beihilfe zur Vorbereitung zum Hochverrat“ zum Tode verurteilt, vollstreckt am 5. August 1943.

     

    Helmut Schmidt wurde im Übrigen ein Jahr später als Angehöriger des Reichsluftfahrtministeriums als Zuschauer zu den Schauprozessen des Volksgerichtshofes Berlin gegen die Männer des Attentats vom 20. Juli 1944 abkommandiert, ließ sich hiervon allerdings entbinden.

     

    Dieser Abschnitt gehört zu den Narben, die HS mit ins Grab nimmt. Dazu gehören auch die Narben der frühen Nachkriegsgeneration, zu der ich gehöre.

    • @Heist :

      Entschuldigung. Mein Beitrag ist eine Antwort auf den Kommentar von Johannes Spark.

  • Immer schön, dass man irgendwie so 35 Jahre nach Beendigung einer Kanzlerschaft auch mal nach Verhalten in der Kriegszeit fragen darf.

     

    Hauptsache, die Kriegsverbrechen von heute werden von Tätern wie Fischer und Cohn-Bendit in der taz geschont.

     

    Lieber 10 Helmut Schmidts als eine/n Schröder, Fischer, Schily oder Merkel und wie sie alle heißen, die in Serbien, in Libyen oder auch im Mittelmeer tausende Menschenleben auf dem Gewissen haben.

  • Kann es sein, dass inzwischen das Wort "Oberstleutnant" ohne einen Hinweis durch "Oberleutnant" ersetzt wurde? Das ist ein eigentümliches Verständnis von journalistischer Transparenz.

    • @Rhinozeros:

      ;)))

      Im anwaltlichen Bereich heißt das salvierend so:

      "Wird anwaltlich versichert - daß es sich um ein Büroversehen der ansonsten zuverlässigen langjährigen - regelmäßig von mir überwachten . . .blablabla;))

      Dickhäuter halt!

       

      (& - Helmut S. hätte angeherrscht:

      "Hamse gedient?!" - klar - NEIN.

      Gibt es eine schönere Hommage? ->

      NEIN!)

  • Wenn Helmut Schmidt mit 26 nach dem gescheiterten Hitler Attentat vom 20. Juli 1944 Oberstleutnant geworden wäre, hätte das das kackbraune Geschmäckle eines Mayor Remers gehabt, der auf Veranlssung Goebbels den Bendler Block in Berlin mit seinem Wachbataillon umstellte, die Widerständler festnehmen ließ und am nächsten Tag wg. seiner ruhmreichen "Heldentat" von Hitler persönlich zum Generalmayor ohne Stabsoffzierausbildung mit hoher Rentenanwartschaft befördert wurde.

     

    Neben der Tatsache, dass Helmut Schmidt der unabdingliche Atomkanzler war, der den Hamburger Bürgermeister Hans Ulrich Klose als AKW- Gegner, über die "Klinge" springend,1982 zum Rücktritt vom Amt zwang, sei denn doch angemerkt, Bundeskanzler Helmut Schmidt galten Staatsanwälte, die in Sachen Flick Partei- Spendenskandal ab 1978 ermittelten als Gruppierung, die vergleichbar den Terroristen unterwegs sei. Schmidt strebte mit Genscher unverfroren eine Amnestie für illegale Parteispender an, was an der SPD Basis scheiterte. Aus diesem u, a, Gründen wandte sich Genscher an Kohl, die Amnestie doch noch auf den Weg gebracht, Graf Lambsdorff, FDP- Wirtschaftsminister Friedrich, Flick- Manager Eberhard von Brauchitsch u- a. vor Anklage wg. illegaler Parteispenden, Steuerbetrug zu schützen. Was misslang.

  • „Ich habe das Grundgesetz nicht angeguckt in jenen Tagen“, meinte Helmut Schmidt später auf nachfrage zu seinem Standing bei der Hamburger Flutkatastrohe 1962.

     

    So war er. Helmut Schmidt blies seine Backen lakonisch mit heisser Luft als Symbolik auf, wie Angela Merkel ihre Lippen tollkühn spitzt, um im günstigsten Fall anlaufende Rettungsmaßnahmen, damals ging es um Flutopfer, heute um Flüchltinge, nicht zu stören

    Denn in Wirklichkeit war damals 1962 alles, allerdings ohne das mediengeile "Schmidtsche Affentheater" "Kamera hier! Mikrophon da" ohne ihn und seine legendär spektakulären Arbeitsgeräusche zu Lasten anderer, bereits alles angeteicht, dass Polizei- und Bundeswehr- Hubschrauber Piloten stöhnten, warum fliegen wir den Innensenator Heini statt Opfer der Flutkatastrophe von den Behelfsheim Dächern zu retten?

     

    Schmidt in einem Filminterview 2014 mit di Lorenzo: Er habe seinerzeit der Hamburger Bürgerschaft klar gemacht, dass ein Innenministerium gegründet werden müsse, weil sonst alle, bei z.B. einem Flugzeugabsturz auf dem Rathausmarkt, durcheinander laufen würden. Er sei dann Innensenator geworden. Wörtlich: “Dann ist der liebe Gott zur Hilfe gekommen. Der hat zwar kein Flugzeug auf dem Rathausmarkt abstürzen lassen, aber er hat Hamburg überfluten lassen.”

     

    Wohl wahr! Dabei hat der Hamburger Senat sehenden Auges untätig nicht einen Flugzeugabsturz auf dem Rathausmarkt, aber sehr wohl eine Flutkatastrophe kommen sehen, vor die Hamburger Hafenanlagen durch Deichanlagen, Schleußen geschützt waren. Das alles aber zu Lasten von Abertausenden Bewohnern in Behelfsheimen im ungeschützt tiefer liegenden Wilhelmsburg. Diese Feigheit vor den politischen Freunden, diese Gefahr nicht auf die Agenda zu setzen und abzustellen, ist Helmut Schmidt als Hamburger Polizei- und Innensenator vorzuwerfen

    https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/helmut-schmidt-verstorben

    JOACHIM PETRICK 10.11.2015 | 20:36 16

    Helmut Schmidt verstorben

  • Klar, "über die Toten nur Gutes", aber dennoch:

     

    Was bei den Elogen auf Helmut Schmidt irritiert ist die Doppelmoral bezüglich bestimmter Äußerungen die Helmut Schmidt nun einmal gemacht hat, die aber jedem anderen Politiker sofort als "rechtsradikal" oder Schlimmeres um die Ohren gehauen worden wären. Z.B.

     

    "Mir kommt kein Türke mehr über die Grenze."

     

    (Zitiert nach "Die Zeit" 6/1982, siehe: http://www.zeit.de/1982/06/die-politiker-muessen-farbe-bekennen )

     

    oder:

     

    "Insofern war es ein Fehler, daß wir zu Beginn der sechziger Jahre Gastarbeiter aus fremden Kulturen ins Land holten."

     

    (Zitiert nach FAZ vom 24.11.2004, siehe: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/multikulturalismus-debatte-altkanzler-schmidt-anwerbung-von-gastarbeitern-war-falsch-1194550.html )

     

    Ebenso problematisch ist doch Helmut Schmidts Anzweiflung der Universalität der Geltung der Menschenrechte, auch für z.B. chinesische Menschen, wie z.B. in der ARD-Fernsehtalkshow "Beckmann":

    https://www.youtube.com/watch?v=Nr-qThlvSIM

     

    Und das sind nur drei Beispiele!

     

    Gilt hier ein "Quod licet Iovi, non licet bovi"-Prinzip, dass Helmut Schmidt bestimmte Dinge sagen durfte, die andere so NICHT hätten sagen dürfen, jedenfalls nicht, ohne bezüglich ihres Ansehens Schaden zu nehmen oder gar öffentlich "zur Sau gemacht" zu werden?

     

    Wohl nicht nur ich finde eine solche Doppelmoral jedenfalls ziemlich irritierend.

  • die Beschreibung von Schmidt im ersten Teil finde ich absolut gelungen. Die Bewertung teile ich dagegen überhaupt nicht, sondern bin nach wie vor - oder eigentlich heute viel mehr als zu seiner Regierungszeit, als ich natürlich deutlich jünger und idealistischer war - der Auffassung, dass er der vermutlich beste Kanzler dieses Landes war. Gerade weil er kein Ideologe war. Was ich ebenfalls als konsequente Reaktion auf die fast immer von Ideologen geführten Diktaturen der Welt ansehe. Wer sich auf das Mögliche besinnt, macht meist die bessere Politik. Wer von Idealen ausgeht und Teile der Realität ausblendet (etwa, dass es auch Pegida-Menschen gibt), wird leicht zum Diktator (aus dem Gefühl der Überlegenheit heraus).

  • Helmut Schmidt. Medioker. Zu Lebzeiten überschätzt. Glänzen tat er vor allem, weil der Rest größtenteils StümperInnen waren und sind.

     

    Helmut Schmidt. Vergessen wird er vorerst nicht. Die ihn verehrten: Deutsch. Die ihn schätzten: Deutsch. Die sich seiner erinnern werden: Deutsch.

     

    Helmut Schmidt. Ein deutscher Kanztler.

     

    Helmut Schmidt: Deutscher. Staatsmann. Familienvater.

     

    Hemut Schmidt: In seinen Fußstapfen kann eine Merkel sich glatt verlaufen.

  • Linke Respektlosigkeiten - Na Ja ist man ja zur Genüge gewohnt - überraschen nicht. Aber daraus ein Programm und eine Serie von Artikeln zu machen, Titelphoto, das auch kein hanseatischer Witz entschuldigt.

    Kein Mensch für eine Partei war er und es scheinen ihm wenige bis heute verziehen zu haben.

    Nazigespinne ? Weizsäcker war Offizier und 42 im Führerhauptquartier nahe Kiew anwesend und danach bei der Petersburg Belagerung und wurde bei drohender Niederlage über den Bodensee in die Schweiz verbracht.

    Kein Schicksal für einen Lehrersohn und Oberleutnant wie Schmidt.

    Innenpolitisch sicherlich ein paar Fehler - außenpolitisch der letzte Kanzler auf den man international wirklich hörte - wegen Klugheit, Klarheit und Zurückhaltung.

    Und wenn man möchte gibt es da noch mehr ( möchte die TAZ wohl nicht )

    Ein Typus Politiker, der die Ebenen kennt - von Kommunaler bis Landespolitik und Ressortwissen auch für die Bundesebene.

    Keiner in der ganzen jetzigen Riege, von dem man das heute noch sagen kann.

    Das Gros der jetzigen Minister hätten seinen Kabinettstisch nicht erreicht.

     

    Arroganz - der äußeren Sprödigkeit geschuldet. Scharfe Reaktion gegen intellektuelle Anmaßung - er war kein Priester. Man schaue, wer ihn respektierte und schaue auf diejenigen, denen er Respekt zollte.

    Machtgeilheit - er hat unter seiner Verantwortung nicht selten gelitten.

     

    Nein ich habe keinen Schmidt - Altar , aber ich habe den Respekt vor einer Lebensleistung und besonderen Fähigkeiten.

    Und ich hasse kleingeistiges Nachkarten und Korinthenkackerei.

  • Verzäll mal was - Zwischendurch ->

     

    Vielleicht ist dieses Auskehren aller hier des ihren, eigenen Blickes ja auch ganz heilsam.

     

    Wer die Bücher von Sebastian Haffner -

    auch zuletzt Klaus Harpprecht kennt - Ahnt eher - was ich meine:

     

    Eine öffentliche Gestalt wie es Helmut Schmidt war - facettenreich(er) in den Blick nehmen - ist ja das Gute eine -

     

    Ebenso wichtig kann es aber auch sein, In der -Selbstvergewisserung der Eigenen Sichtweise den Gegenüber mit Respekt & anders gewendet ins Auge zu fassen -

    Gemäß der These Eric Kandels kürzlich - Wenn Sie aus einem Film kommen - Sind Sie nicht mehr derselbe. - &

     

    In der weisen Erkenntnis eines

    Martin Buber -

    Das Du ist vor dem Ich - & nochens:

     

    Der Rabbi Katz et al Weisheit:

    "Egal - welchen Weg du wählst -

    Am Ende wird jemand auf die warten -

    Un das wirst du sein."

     

    Auch insoweit hat der Verstorbene dann -> einfach gesehen ->

    Nicht umsonst so viel Gequalmt und öh Gelebt!

    Danke Helmut Schmidt Schnauze;)

    (Denn zu derartigem Unterfangen geben wahrlich nicht viele Anlaß.)

  • Ich war nie ein Anhänger des autoritären Machers und „Genossen der Bosse“ Helmut Schmidt, der das politische Leitbild gesetzt hat, das bis heute die führenden Sozialdemokraten prägt. Im Fall RAF / Mogadischu hat er jedoch meiner Ansicht nach richtig gehandelt. Weniger aus Gründen der Erhaltung der Staatssouveränität, wie er selbst und andere es verstehen, sondern als einzige richtige Antwort auf das was radikale Palästinenser und deutsche Linke verbunden hat und bis heute verbindet und mittlerweile großteils gesellschaftlicher Konsens ist.: der antisemtisch-antizionistische Wahn. So gesehen wurde Schmidt in dieser speziellen Handlung unfreiwillig. zum Antideutschen avant-la-lettre.

    • @Koch Georg:

      Stimme Ihnen voll zu in Ihrem Urteil über den Antizionismus und unterschwelligen Antisemitismus vieler deutscher Linken, der sich in der Tat immer mehr in die Mitte der Gesellschaft ausbreitet. Dieses Phänomen macht mich immer wieder fassungslos.

      Was Schmidts Handeln in Mogadischu angeht, meine ich, dass er diesen Aspekt durchaus auch im Hinterkopf gehabt hat, nicht nur die Staatssouveränität.

  • Ein guter Nachruf soll nichts verschweigen, aber auch nicht eine wichtige Etappe des Leben des Versorbenen grob falsch darstellen. Helmut Schmidt war Oberleutnant und nicht Oberstleutnant. Ein 26 jähriger der bei Kriegsende Oberstleutnant gworden war, hat sich anders verhalten, als ein Oberleutnant, der eine füreinen Abiturienten normal erreichbaren Dienstgrad erworben hat. Übertreibungen trüben die sehr wichtige Auseinandersetzung mit der Prägung, die Helmut Schmidt durch die Erfahrung in der Reichswehr erhalten hat. Helmut Schmidt hat bei einer Wehrübung in den 50er Jahren den Dienstgrad Hauptmann d.R. erworben, was zeigt, dass er dem Militärischen gegenüber weiterhin offen und zugewandt war.

    • @stephan buchkremer:

      Um den Kümmel noch mehr zu spalten: Helmut Schmidts militärische Karriere begann bei der Wehrmacht. Die Reichswehr gab es nur bis 1935.

    • @stephan buchkremer:

      das Amt des Verteidigungministers hat er mit alle Macht abgestrebt in seiner Zeit gabs eine Beföderungswelle auf Oberstenebene die zu einem Stau und behinderungen in der BW führten

      • @Georg Schmidt:

        Ja - er als Hein Zackig & Hans " ich brech mir die Finger im Hosenstall ab" Apel haben vor allem das Ende von Germany mittels Baretts/Schiffchen. Fang&SchießSchnüren -Paspelierungen Ausgehuniformen gala Ordensspangensintflut etc usw usf zu einer wahren Ansammlung von Pfingstochsen aufgerüstet.

         

        (Nur den Stechschritt …der NVA überlassen. Schade eigentlich.

        Aber wie sagte SS-Mann Otto

        "Wenn ses doch noch können…"

        Auch wieder wahr.

        Da ist noch Platz für Flinten-Uschi:)

      • @Georg Schmidt:

        Nein, Schmidt wollte in der Großen Koalition eigentlich ein bedeutenderes Ressort als das der Verteidigung. Doch das Innen- und das Finanzresort im Kabinett Kiesinger wurden aufgrund ihres besseren Wahlergebnisses von der Union besetzt (Inneres Paul Lücke, später Ernst Benda, Finanzen Franz Josef Strauß).

    • @stephan buchkremer:

      ...vorm Oberleutnant liegen Leutnant, Stabsfeldwebel, Oberfeldwebel, Feldwebel, Unterfeldwebel, Unteroffizier, Stabsgefreiter, Obergefreiter, Gefreiter, Oberschütze, Schütze. Ganz schöne 'Karriere', für einen 26-Jährigen ; )

      • @Fotohochladen:

        Falsche Vorstellung. Abiturienten wie Helmut Schmidt wurde in der Wehrmacht üblicherweise die Offizierslaufbahn anempfohlen. Schmidts Laufbahn begann damit als Fahnenjunker, dann folgte der Fähnrich, der Oberfähnrich, der Leutnant und der Oberleutnant.

  • Das beste an Helmut Schmidt war, dass alle seine Nachfolger noch schlimmer waren.

  • Helmut Schmidt war natürlich kein Heiliger, er war in seinem Kern ein "Mensch wie Du und ich"; Menschen sind nun mal "fehlerbehaftete Mängelwesen", wie ein Soziologe in den 1950er-Jahren es ausdrückte, und "nobody is perfect", wie man heute noch zu sagen pflegt.

     

    Zwei Bemerkungen:

     

    hätte Helmut Schmidt in seiner Zeit, bevor er Bundeskanzler wurde, die Ost- und Entspannungspolitik von Egon Bahr und von Willy Brandt nicht mitgetragen und unterstützt und sie als Bundeskanzler nicht fortgesetzt, wäre es vermutlich nicht zu "Helsinki" 1975 gekommen.

     

    Und Helmut Kohl hätte nicht der Kanzler der deutschen Wiedervereinigung werden können.

     

    Zweitens, es ist hinlänglich bekannt, dass BK Schröder, mit Unterstützung auch von Helmut Schmidt (und übrigens auch von Erhard Eppler auf Grund seiner Werbe-Rede auf dem Parteitag, auf dem von den Parteitagsdelegierten die "Agenda 2010" gutgeheissen und unterstützt wurde, wozu auch Eppler's Rede ihren Beitrag geleistet hatte !!) die "Agenda 2010" entwerfen liess ("Hartz-Kommission") und sie auf den Weg brachte, dass jedoch wesentliche Teile (zu Lasten der Bevölkerung, vor allem der Steuern und Sozialbeiträge zahlenden sowie der von den Leistungen des Sozialstaats lebenden Menschen) verändert und sehr stark verschärft wurden durch die CDU/CSU, die über den Bundesrat kräftig mitregiert hat.

     

    Ich meine, das muss berücksichtigt werden.

     

    Nur damit kein Missverständnis entsteht, ich war und bin kein Politiker, ich war seit 1976 einfaches Mitglied mit überdurchschnittlichem Interesse an der Politik und bin, als Müntefering die "Rente mit 66" einführte, ausgetreten.

     

    Heute kämpfe ich mehr mit meiner Krankheit - und dementsprechend auch mit den Folgen und Nebenwirkungen der Politik, auch der sozialdemokratischen - als dass ich noch "politisch" wäre oder bin.

  • In großen Teilen ein treffender Artikel, in dem das starre Weltbild eines selbstunkritischen Wegbereiters der heutigen Technokratie beschrieben ist. Er bleibt für mich über seinen Tod hinaus Symbol der hässlichen Seite der Rationalität und... by the way auch der “Beweis”, dass man kettenrauchend solch hohes Alter erreichen kann, gegen das Wissen, dass es sich um die absolute Ausnahme handelt.

    Was bleibt:

    Als Mensch seien wie jedem alle Unzulänglichkeiten, so seine intellektuelle Verstiegenheit, vergeben- R.I.P !

    Als Politiker und große Zeitgeist – Ablehnung !

  • Helmut Schmidts Lebensweg für das

    "Modell Deutschland":

     

    Leningrad, Bonn, Stuttgart-Stammheim

     

    Sturmflut Hamburg: Da wurde doch

    die Bevölkerung verspätet gewarnt, damit sie die "Fluchtwege für die wertvolleren Waren aus den Lagerhallen" nicht verstopfen, oder? (vgl. Die Aula, Hermann Kant)

  • Schmidt war kein Heiliger. Ich habe ihn persönlich zwei Mal zuhören dürfen und da gab es dann Ausfälle in Richtung Ausländerfeindlichkeit und ein paar andere Dinge, die nicht in der Presse landeten. Er hatte seine Ecken und Kanten und war m.M. unfreiwillig der letzte echte Sozialdemokrat, der eine Regierung führen konnte. Er war auch ein wenig bürgerlich, aber seine Logik war schon am Zielpublikum - untere Mittelschicht, Obere Unterschicht - angelehnt. Deswegen war die SPD auch in den 1970ern stark. Heute ist sie schwach und weint uhm ihren Ex-Kanzler. Aber selber schuld. Ein großes Vermächtnis hat er m.M. aber nicht hinterlassen. Er war später ein Fan der Agenda und von Gerd Schröder - opportunistisch war das m.M.

  • Mein Beileid gilt den Angehörigen. Ich denke auch, ich gehöre zu denen, die mit Schmidt etwas Schwierigkeiten hatten und den Hype manchmal nicht nachvollziehen konnten. Aber das war auch gar nicht meine Zeit. Dennoch ein herausragender Politiker.

  • Der Nachruf freut mich. Danke.

  • Es ist drollig. Den größeren Teil meines Lebens habe ich SPD gewählt. Und im Nachhinein sind die Macher der CDU harmlose Onkels gegen deren schlimme Finger.

  • Ich hatte ein schwieriges Verhältnis zu Helmut Schmidt, auch und gerade weil ich nicht verstanden habe, wie er für die Atomkraft sein konnte und warum er die NATO-Nachrüstung angestossen, voran getrieben und letztendlich auch durchgesetzt hatte.

     

    Ihn aber - in der Überschrift - als Deutschen zu etikettieren halte ich nicht nur für sachlich falsch, sondern auch für menschlich unanständig. Helmut Schmidt war ein aus Deutschland stammender, global denkender Europäer.

     

    Ihm hinterher zu rufen, er sei Mitglied der Sozialdemokratischen Partei geworden, weil er in ihr quasi die Fortsetzung des soldatischen Korpsgeistes und der soldatischen Kameradschaft sah, ist ungerecht ein-seitig und damit schlicht weg falsch. Es ging ihm, wie er selbst sagte, darum mitzuarbeiten daran, dass in diesem Land, das auf Grund des selbst verschuldeten Zweiten Weltkriegs wieder aufgebaut werden musste, Gerechtigkeit herrschen solle (ein bis in die 1990er-Jahre hinein zutiefst sozialdemokratisches Anliegen).

     

    Ich möchte es bei diesen Beispielen belassen, und stattdessen sagen: auch eine taz, die -wie es angeklungen ist in diesem Artikel- durch und wegen und auf Grund von Schmidt's Politik möglich und gross wurde, hätte sich selbst einen Gefallen tun können, in dem sie einen angemesseneren Artikel veröffentlicht hätte.

     

    So bleibt - leider ! - nur der fade und bittere Nachgeschmack des Nachtretens gegen einen, der alle nachfolgenden Regierungschefs in Deutschland und auch manchen seiner Vorgänger mit seiner ethisch-moralischen Verwurzelung, mit seiner demokratischen Gradliniegkeit und mit seiner zupackenden, ehrlichen und von großem Wissen getragenen Art "in die Tasche steckt", von seiner überragenden Fähigkeit, das auszudrücken und sagen zu können, was er meint und denkt ganz zu schweigen.

  • Helmut Schmidt, heute verstorben und allseits geachtet und verehrt hat nach eigenen Aussagen von den Verbrechen der Nazis erst nach Kriegsende erfahren - er ist immerhin bis Leningrad gekommen...das verstehe ich nicht besonders wenn man sich den heutigen Film angesehen hat. http://www.arte.tv/guide/de/055147-000/die-grauen-der-shoah-dokumentiert-von-sowjetischen-kameramaennern

  • SCHMIDT - Schnauze war das nicht, was REINECKE - Fuchs hier im Nachwurf schreibt.

    Helmut Schmidt war nämlich Anti - Nazi und zwar schon vor dem Krieg. Als er seinen Wehrdienst in Bremen absolvierte, da lernte er Olga Bontjes van Beek kennen. Und ihre Tochter Cato traf er in Berlin, als sie schon im Widerstand war. Auch er wusste, wie gefährlich ihr Weg war. Sie starb 1943 in Plötzensee unter dem Schafott.

    Als 1991 in Achim das Gymnasium nach ihr benannt wurde, da hielt er die Rede und sprach auch über die verhängnisvolle Zeit. Er bei den Vernichtungskriegern, der genauso hingerichtet worden wäre, wie sie, wenn er sich gegen Hitler geäußert hätte. Ich habe zusammen mit Catos Schwester, die mit Glück die Nazis überlebte, die Ausstellung dazu gestaltet und auch Helmut Schmidt kennen gelernt. Wer wie er, Krieg, Katastrophen, Terror und Menschenverachtung kennt, der wird hart. Das war er und das hat ihn auch geschützt.

    • @Johannes Spark:

      Weil Sie Cato Bontjes van Beek für Helmut Schmidt verhaften: Sie wissen aber schon, daß Helmut Schmidt Jan Bontjes van Beek vor den Folgen von antifaschistischem Engagement warnte und Distanz von der Familie nahm, weil ihm Catos Eintreten gegen die Nazis als "leichtfertig" erschien?

       

      Helmut Schmidt hat Cato erst viele Jahre später gewürdigt-> http://www.zeit.de/2003/23/P-Cato/komplettansicht "Eigentlich habe ich Catos Geschichte erst lange nach ihrem gewaltsamen Tode des Näheren kennen gelernt, aus den Erzählungen ihrer Mutter und ihrer Geschwister Mietje und Tim, auch aus einigen schriftlichen Zeugnissen – und so auch aus dem hier vorgestellten Buch von Hermann Vinke."

       

      Stefan Reinecke hat wenigstens mit einem Satz recht: "Ein Sozialdemokrat war er so wenig, wie Angela Merkel Christdemokratin ist."

      • @hmnuja:

        Hallo - nochmals - Finger vom

        Keyboard - Danke

        -> 2.0

         

        Danke fürs Graderücken.

         

        Das mit - Judensterne nie gesehen -

        Hat er eben nicht Gradegerückt!

        Klaus Harpprecht dürfte auch darin richtig liegen:" …er mochte später nicht eingestehen, daß er - der Helmut el Raschid von Backwahn - sich nicht erinnerte -> hat einfach irgendwas behauptet/bestritten.

        Seien wir gnädig - darin.

        http://www.taz.de/Nachruf-auf-Helmut-Schmidt/!5250053/

  • vielen dank für diesen (einzig) ehrlichen nachruf!

  • Helmut Schmidt hat nahezu ein Jahrhundert gelebt und erlebt. Seine von ihm zu verantwortenden Handlungen und Unterlassungen waren geprägt von Erfahrungen, die mancher Autor nicht besitzt.

    Herr Reinecke vernachlässigt in seinem Nachruf die innen- und aussenpolitischen Umstände der Zeit in der Schmidt Regierungsverantwortung übernahm in seiner Würdigung.

    Für mich bleibt er als bedeutender deutscher Staatsmann für das Wohl der Republik und anerkannt in der Welt in Erinnerung.

  • 1945 in der sbz geboren, mit 10 jahren aus der ddr in die brd gekommen ist dieser kluge artikel ein wichtiger "nachhilfeunterricht" in brd-geschichte für mich!

  • Kommentar entfernt, bitte beachten Sie die Netiquette.

    • @peter shaw:

      Wieso

  • jetzat müssens halt in dera hölle a bissl mehr zsammrucka

  • Helmut Schmidt war einer der meist überschätzten Cervelatpromis in Deutschland. Ein Freund der Diktatoren dieser Welt, mit denen er immer auffallend verständnisvoll umging, denn sie konnten ihm etwas Flair von Macht geben - eine Macht, die er gern mal gehabt hätte, aber so nie hatte. Er war ein rechter 'Schnacker', wie man in Hamburg sagt, ein Dampfplauderer, der viel 'dumm Tüch' erzählte, wenn der Tag lang war. Das konnte er gut. Zeitlebens ist er ein unreifer Schnösel geblieben, der die alberne Fluppe stets als Krücke seiner halbgaren Persönlichkeit brauchte und seiner Umgebung damit rücksichtslos auf die Lunge und die Nerven ging. Seine Kunst bestand im wesentlichen darin, den Leuten den großen Durchblicker vorzugaukeln. Dass ihm das immer so gut gelang und die Leute meist bereitwillig mitspielten, liegt hauptsächlich daran, dass die Deutschen das Führerprinzip im Blut haben. Sobald sich da jemand halbwegs überzeugend anbietet, läuft alles hinterher.

    Ich war nur sehr selten einer Meinung mit Helmut Schmidt, aber ich mochte ihn trotzdem, weil er so ein schwacher Mensch war. Möge er in Frieden ruhen!

    • 7G
      79762 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Psychoanalytische Laienspiele, die mehr über das Subjekt als das Objekt aussagen.

      • @79762 (Profil gelöscht):

        Es war auch nie meine Absicht, Helmut Schmidt als Objekt darzustellen. Sie mögen ja vielleicht wissen, wo die Grenze zwischen Subjekt und Objekt verläuft, ich weiß es nicht.

    • @Rainer B.:

      Also bitte!

      Und wenn er noch im Dunkeln steht,

      weißt nicht, daß er Dir bald

      den Hals um dreht.

       

      Ich bitte mir mehr Pietät und Anstand aus. Ein großer Deutscher ging. Helmuth Schmidt, der deutscheste unter unseren Kanztlern.

       

      Ein Nachruf

       

      Helmuth Schmidt, wir danken Dir.

       

      Helmuth Schmidt. Ein deutscher Kanztler. Ein Deutscher wie wir. Ein Deutscher für uns.

       

      Helmuth Schmidt. Er ist gegangen und mit ihm eine Ära.

       

      Helmuth Schmidt: Kanztler. Mann. Mensch.

    • @Rainer B.:

      Was hat denn der liebe Rainer B. so geleistet, dass er einen so eitlen Artikel schrieben mag?

      Im Internet selbstgefällig daher schwadronieren kann jeder. Nichts leichter als das, ein klein wenig peinlich oder?

      Auf der Bühne oder hinter Bühne, das sind zwei total verschiedene Paar Schuhe.

      Den Menschen oder seiner sozialen Gruppe nach dem Mund zu reden (zum Beispiel hier) ist leicht, dagegenzuhalten aus einer Haltung heraus, selbst im eigenen "Unternehmen" erfordert Überzeugung. Die muss man nicht unbedingt teilen, aber gerade seine Streitbarkeit (auch in der eigenen Partei) mit dem Führerprinzip der Deutschen in Verbindung zu bringen, aua.

       

      AUA!

      • 7G
        79762 (Profil gelöscht)
        @TomatoSteve:

        Das Internet ist halt das ideale Forum für anonyme Klugscheißer und Großmäuler, die niemals beweisen müssen, dass sie selbst es besser könnten.

        • @79762 (Profil gelöscht):

          Sie müssen's ja wissen!

      • @TomatoSteve:

        Es ist einfach ein bißchen zu früh, über meine Leistungen zu reden - ich lebe schließlich noch und im Gegensatz zu Ihnen, kann ich auch noch recht gut unterscheiden zwischen 'Streitbarkeit' und 'Führerprinzip'.

    • @Rainer B.:

      Deine Kommentare gefallen mir. Dieser hier ist Spitze! Gut "vertellt". Denn man tau

      • 7G
        79762 (Profil gelöscht)
        @RPH:

        Das ist ein Scheißkommentar!! Man muss sich nicht an der übertriebenen Glorifizierung von Helmut Schmidt beteiligen, aber wer solchen Schwachsinn schreibt wie "Zeitlebens ist er ein unreifer Schnösel geblieben, der die alberne Fluppe stets als Krücke seiner halbgaren Persönlichkeit brauchte", der hat offensicht selbst gravierende charakterliche Defizite.

        • @79762 (Profil gelöscht):

          Gemach werter Charakterologe;)

           

          Ich sags mal so:

          "Umsonst! – Es fällt die Lampe um,

          Gefüllt mit dem Petroleum." :))

           

          Cervelatpromi - lange nicht gehört - &

          Aus nachbarlich-lübscher Sicht ->

          Korrekt. Danke.

           

          Der ewig ramenternde Quiddje ->

          Bannig fixen Dutt bi de Klütenpann

          Kann liggers Kattenshiet in -

          Düstern rüken!¡)

           

          Der nie begriff - daß kein Weg auf die

          Richtige Seite der

          Elbchaussee führt.*

          & Charakter? - Schwamm drüber!

          Ja - short cut: Schnösel!

          But - Gute Reise.

           

          (ps - *wör ja all verheiert!

          (Mit kalt fallengelassener Geliebter!)

  • Der Deutsche* - hm

     

    Der Rest ist bekannt - ergo:

    Wenn ich etwas über den Menschen

    Helmut Schmidt erfahren möchte:

    Blättern z.B. bei Klaus Harpprecht et al.

     

    (ps* - die Passage WK II - hier wie seine:

    Unsäglich - Sorry, aber so isset!)

  • Genau das wollte ich schreiben, Stefan Reineke:) Sehr gut gemacht!

  • Sehr schöner Kommentar.

    Mir geht die Glorifizierung von H. Schmidt schon lange auf den Geist. Ein rechter Sozialdemokrat der alten Schule.

    Ein paar Gründe:

    -Die Inaktivität bei der Verschleppung von Elisabeth Käsemann durch argentinische Militärs

    - Da ewige Gerauche zu Lasten von anderen Menschen, selbst in der Bahn als es schon verboten war. War er schon senil oder "nur" asozial ?

    - Die Sturmflut Lüge, siehe http://www.taz.de/Sturmflut-1962/!5100556/

    - Nachrüstung-Pershing

  • Seit wann war Schmidt Oberstleutnant? Seit wann führt ein Oberstleutnant eine Kompanie (und kein Bataillon)? Sie meinen wohl "Oberleutnant".

  • Mich hat der Hype um Schmidt auch immer etwas genervt. Klar, er hatte zu einigen Themen sicherlich Kompetenz, aber am Ende war er auch nur ein Mensch mit all seinen Macken und kein Halbgott, zu dem er m.E. manchmal erklärt wurde.

     

    Da im Nachruf auch Vergleiche zu Merkel und Schröder gezogen wurden, frage ich mal ganz gewagt: War Schmidts Politik im Rückblick ein Bisschen ein Vorläufer der heutigen Alternativlos-Politik?

    • @vøid:

      Nee, aus zwei Gründen nicht.

      Erstens war Schmidt, so autoritär er sich auch gab, letztlich liberaler als seine Nachfolger. Schmidt ist über den NATO-Doppelbeschluß gestürzt. Er hat eine Debatte zugelassen. Die SPD von heute hat nie mehr die Chuzpe gehabt, den Hartz-Quatsch von Schröder abzulehnen.

      Und zum zweiten, wie auch im Artikel lesbar:

      Schmidt ließ Opposition zu. In der damaligen Zeit entstanden TAZ, die Grünen, Umwelt- und Friedensbewegung etc. Heute schreit gerade mal ein Häufchen attac, arg verstümmelt, noch auf.

    • @vøid:

      Sometimes it's better to remain silent and be thought a fool than to speak out loud and remove all doubt.

      • @Verkehrsfritze:

        Bloß weil sie auf englisch beleidigen, statt auf eine Frage, die offensichtlich zur Diskussion einladen soll, einfach eine Antwort zu geben, wird es nicht höflicher. Aber wer es nötig hat....