Nachrichten zur Coronakrise: Zahl der täglichen Toten stagniert
Auch die Kurve der Corona-Intensivpatient:innen sinkt nicht mehr. Bautzens Vize-Landrat will die Impfpflicht in der Pflege nicht umsetzen.
Zahl der Toten und der Schwersterkrankten fällt nicht mehr
In Folge der extrem gestiegen Zahl der Neuinfektionen zeichnet sich in Deutschland nun auch bei weiteren Indikatoren der Pandemie eine Trendwende ab. Sowohl die Kurve der Todesfälle als auch die der Corona-Patient:innen auf den Intensivstationen stagnieren seit einigen Tagen. Das zeigt eine Zahlenanalyse der taz. Zuvor waren beide Werte seit dem Höchststand der vierten Coronawelle im Dezember kontinuierlich gesunken.
Das Robert Koch-Institut registrierte am Dienstag 214 weitere Todesfälle. Der Sieben-Tage-Mittelwert stieg dadurch um 3 auf 159,7. Das sind zwar noch 25 Prozent weniger als vor einer Woche. Aber seit dem Wochenende ist der zuvor kontinuierliche Abwärtstrend beendet.
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Ähnlich sieht es in den Intensivstationen aus. Hier hat sich die Zahl der Coronapatient:innen zwar seit Mitte Dezember von fast 5.000 auf nun rund 2.400 mehr als halbiert. Doch seit mittlerweile fünf Tagen ist auch hier der Abwärtstrend beendet. Offen ist jedoch, wie stark beide Kurven dem durch die Omikronvariante extremen Anstieg der Neuinfektionen folgen werden. Alle vorliegenden Zahlen lassen vermuten, dass die Omikronvariante weitaus weniger schwere Erkrankungen verursacht als die zuvor dominierenden Coronavarianten.
Die Infektionenkurve steigt derweil weiter steil an – und das mit wachsendem Tempo. Der Sieben-Tage-Mittelwert erreichte am Dienstag den neuen Rekordstand von 113.895, das war 61,7 Prozent höher als eine Woche zuvor. Tatsächlich dürfte die Zahl der Neuinfektionen sogar noch mindestens 25 Prozent höher liegen. Das geht aus einer Grafik im Tagesbericht des RKI hervor, in der das Institut den aktuellen Stand der Infektionen geschätzt hat.
Die Schätzung wurde notwendig, weil die Kapazitäten von Behörden und Laboren erschöpft sind. Der Verband der Labore (Alm) gab am Dienstag bekannt, dass die Labore bereits zu 95 Prozent ausgelastet sind. Schon alles über 80 Prozent gilt als problematisch. Auch deshalb hatte der Bund-Länder-Gipfel am Montagabend eine Priorisierung bei den PCR-Tests beschlossen. Sie sollen im Wesentlichen nur noch bei offensichtlich Erkrankten und beim Pflegepersonal eingesetzt werden.
Dass diese Priorisierung offensichtlich längst angewendet wird, zeigt eine weitere Zahl aus dem Alm-Wochenbericht. Demnach sind in der vergangenen Woche 32,6 Prozent aller Tests positiv ausgefallen. Pro Tag haben die Labore im Schnitt rund 110.000 positive Testresultate gemeldet. Da die Kapazitäten erschöpft sind, kann die Zahl der registrierten Neuinfektionen allein daher kaum noch viel höher steigen. Sie muss also geschätzt werden. (taz)
Vize-Landrat Bautzens will Impfpflicht nicht umsetzen
Der Vize-Landrat von Bautzen hat angekündigt, dass der Landkreis die Corona-Impfpflicht für Mitarbeiter von Kliniken und Pflegeheimen ab Mitte März nicht umsetzen will. „Wenn Sie mich danach fragen, was das Gesundheitsamt des Landkreises Bautzen machen wird ab dem 16.3., dann werden wir, unser Gesundheitsamt, unseren Mitarbeitern im Landkreis Bautzen in der Pflege und im medizinischen Bereich kein Berufsverbot aussprechen“, sagte Udo Witschas (CDU) am Montagabend vor Teilnehmern einer Demo gegen Coronamaßnahmen in Bautzen. Ein Video davon kursiert inzwischen auch in den Kanälen der rechtsextremen Splitterpartei Freie Sachsen.
Er und Landrat Michael Harig könnten verstehen, wie sich die Angestellten fühlten, die nicht wüssten, ob sie bald noch einen Job hätten. „Ich kann Ihnen ganz einfach sagen, warum es bei uns ab dem 16. 3. dieses Berufsverbot nicht geben wird. Es gibt eine Antwort auf diese Frage: Wer, meine Damen und Herren, soll oder wird sich um diese hilfsbedürftigen Menschen kümmern, wenn Sie nicht mehr da sind?“, sagte er.
Am Montag hatte sich bereits Landrat Harig in einem Brief an Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gewandt. Darin bat er Kretschmer, sich gegenüber dem Bund für eine Verschiebung oder Aufhebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht einzusetzen. „Eine konsequente Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wird erkennbar zu größeren Problemen in der Versorgung und Betreuung hilfsbedürftiger Menschen führen“, heißt es in dem Brief. (dpa)
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Biontech: Erste Studie mit Omikron-Impfstoff beginnt
Biontech und sein Partner Pfizer beginnen eine erste klinische Studie mit einem an die Omikron-Virusvariante angepassten Covid-19-Impfstoff. In der Studie mit gesunden Erwachsenen im Alter von 18 bis 55 Jahren sollen Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität des Impfstoffkandidaten untersucht werden, wie die beiden Unternehmen am Dienstag mitteilten. „Die Studie ist Teil unseres wissenschaftlichen Ansatzes zur Entwicklung eines variantenbasierten Impfstoffs, der vor Omikron einen ähnlichen Schutz bietet wie wir ihn bei vorherigen Varianten beobachtet haben, der aber gleichzeitig länger anhält“, sagte Biontech-Chef Ugur Sahin.
Biontech und Pfizer hatten Ende vergangenen Jahres angekündigt, an einem an die hochansteckende Omikron-Variante angepassten Impfstoff zu arbeiten. Dieser könnte bereits im März bereitstehen, vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung. Hintergrund ist, dass die bestehenden Covid-19-Impfstoffe gegen Omikron deutlich weniger wirksam sind. Allerdings konnten drei Dosen des Biontech-Vakzins die Variante laut Studien neutralisieren. Deshalb werden Booster-Impfungen angesichts der rasanten Omikron-Ausbreitung als so wichtig angesehen, auch weil der Impfschutz nach nur zwei Dosen mit der Zeit nachlässt.
In der nun startenden klinischen Studie soll der Omikron-basierte Impfstoff als Dreifachimpfung bei ungeimpften Personen sowie als Auffrischungsimpfung bei Personen getestet werden, die bereits zwei Dosen des ursprünglichen Impfstoffs erhalten haben. Außerdem soll eine vierte Dosis des gegenwärtigen Impfstoffs gegen eine vierte Dosis des Omikron-Vakzins bei Personen getestet werden, die ihre dritte Dosis drei bis sechs Monate zuvor erhielten. An der Studie sollen mehr als 1.400 Probanden teilnehmen. (rtr)
Israelische Expert:innen empfehlen vierte Impfung
Ein israelischer Expert:innenrat hat am Dienstag eine vierte Impfung gegen das Coronavirus für über 18-Jährige empfohlen. Die Empfehlung gelte für Erwachsene, die vor mehr als fünf Monaten die Booster-Impfung erhalten haben oder die vor diesem Zeitraum genesen seien, teilte das Gesundheitsministerium mit.
„Die Entscheidung wurde angesichts positiver Ergebnisse getroffen, die einen drei- bis fünfmal höheren Schutz gegen schwere Erkrankungen nach der vierten Impfdosis zeigten“, hieß es in der Mitteilung. Der Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus sei bei vierfach Geimpften zweimal höher als bei dreifach Geimpften. Die Empfehlung muss noch vom Generaldirektor des Gesundheitsministeriums, Nachman Asch, gebilligt werden.
In Israel haben bereits mehr als 600.000 Menschen eine vierte Impfdosis erhalten. Bisher galt die Empfehlung nur für über 60-Jährige, Immungeschwächte und medizinisches Personal.
Die Leiterin einer Studie zur Wirksamkeit der vierten Dosis hatte sich eher skeptisch geäußert. Sie führe zwar zu einem „schönen Anstieg“ der Antiköper, schütze aber nicht ausreichend gegen die Omikron-Variante, sagte die Professorin Gili Regev vom Schiba-Krankenhaus bei Tel Aviv vor rund einer Woche.
Israel befindet sich nach Einschätzung von Expert:innen auf dem Höhepunkt der Omikronwelle. Mehr als 580.000 der gut neun Millionen Bürger:innen sind gegenwärtig mit dem Virus infiziert. Am Dienstag teilte das Gesundheitsministerium mit, es seien binnen 24 Stunden erneut mehr als 83.000 weitere Fälle registriert worden.
Nur 63 Prozent der 9,4 Millionen Israelis gelten noch als vollständig geimpft. In Israel werden dazu zweifach Geimpfte bis zu sechs Monate nach der Zweitimpfung und Menschen mit Auffrischungsimpfung gezählt. 29 Prozent der Bevölkerung sind gar nicht geimpft, bei acht Prozent ist die Gültigkeit der Impfung abgelaufen. (dpa)
Inzidenz steigt immer weiter
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat einen deutlichen Anstieg der bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz gemeldet und damit erneut einen Höchstwert. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner:innen und Woche am Dienstagmorgen mit 894,3 an. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 840,3 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 553,2 (Vormonat: 242,9). Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 126.955 Coronaneuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.00 Uhr wiedergeben. Vor einer Woche waren es 74.405 Ansteckungen.
Expert:innen rechnen mit immer mehr Fällen, die nicht erfasst werden können, unter anderem, weil Testkapazitäten und Gesundheitsämter zunehmend am Limit sind.
Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 214 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 193 Todesfälle. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 8.871.795 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Coronapatient:innen je 100.000 Einwohner:innen innerhalb von sieben Tagen gab das RKI am Montag mit 3,87 an. (dpa)
Scharfe Kritik an Beschränkung von PCR-Tests
Nach dem Spitzentreffen von Bund und Ländern zur Corona-Pandemie mehrt sich die Kritik an den geplanten Einschränkungen beim Zugang zu PCR-Tests. Die jetzt beschlossene Priorisierung der PCR-Tests bedeute, dass die Regierung ab diesem Zeitpunkt „keine Ahnung“ habe, „wie hoch die Infektionszahl wirklich ist“, sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Unterdessen erreichte die Corona-Inzidenz einen neuen Rekordwert.
„Wir haben uns gewundert und geärgert“, sagte Söder weiter. Der drohende Test-Mangel sei „kein starkes Zeichen für die Logistik und die Materialbeschaffung in Deutschland“. Seiner Ansicht nach waren die Diskussionen mit den Länder-Kollegen und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) insgesamt „unbefriedigend, weil wir erneut nur vertagt haben“.
Die Spitzen von Bund und Ländern hatten sich am Montagabend trotz der stark steigenden Infektionszahlen verständigt, an den bisherigen Schutzmaßnahmen festzuhalten. Außerdem sollen Klinikpersonal und Risikopatienten Vorrang bei PCR-Tests bekommen. Die Details müssen aber noch festgelegt werden. Gleichzeitig sollten „alle Anstrengungen unternommen werden, die PCR-Testkapazitäten zu erhöhen“.
Der Vorsitzende des Verbands Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM), Michael Müller, warnte daraufhin in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Dienstagausgaben): „Wir können die Kapazitäten nicht beliebig von heute auf morgen ausbauen.“ Ein solcher Schritt erfordere „zeitnahe“ Gespräche und eine „klare Aussage“ über den tatsächlichen Bedarf, sagte Müller weiter. Die Labore hätten bereits seit Oktober „in Eigenverantwortung“ zusätzliche Kapazitäten für 500.000 PCR-Testungen geschaffen.
„Wenn die Politik mehr PCR-Testkapazitäten fordert, muss sie auch die Rahmenbedingungen dafür schaffen und für eine finanzielle Absicherung sorgen für den Fall, dass diese nicht gebraucht werden“, forderte der Verbandschef.
Kritik an der Entscheidung der Politiker kam auch vom Vorsitzenden der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. „Es ist gut, dass vulnerable Menschen nun bei der PCR-Testung priorisiert werden“, sagte Brysch dem RND. „Doch vergessen wurde der größte Pflegedienst Deutschlands. Fünf Millionen Angehörige haben jetzt keinen Zugang zu Labor-Tests.“ (afp)
Bund und Länder behalten bestehende Coronaregeln bei
Bund und Länder setzen im Kampf gegen die Omikronwelle auf einen flexiblen Coronakurs. Trotz der steigenden Neuinfektionszahlen sei „Kurs halten“ derzeit die Devise, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Montagabend nach den Beratungen mit den 16 Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen. Deshalb wurde beschlossen, die bisherigen Coronamaßnahmen beizubehalten und der lahmenden Impfkampagne einen neuen Schub zu geben.
Zugleich wird in dem Beschluss die Bereitschaft betont, im Notfall weitere Maßnahmen zu verhängen, „wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems droht“. Wenn man dies nicht mehr befürchten müsse, solle es auch Lockerungen geben. Mit Blick auf möglicherweise gravierende wirtschaftliche Folgen können sich Unternehmen nun auch über März hinaus auf staatliche Coronahilfen einstellen. (rtr)
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