piwik no script img

Nachhaltige Rohstoffe in DeutschlandMehr Holz ans Haus

Es soll hölzern gebaut werden, wenn es nach der Bundesregierung geht. Sie beschließt eine Initiative, um Beton zu ersetzen.

Rohbau einer Schule in Berlin-Mahlsdorf in modularer Holzbauweise Foto: Florian Boillot

Berlin taz | Die Bundesregierung will das Bauen mit Holz fördern und verabschiedet deshalb am Mittwoch im Kabinett eine „Holzbauinitiative“. Sie sieht vor, Forschung und Entwicklung im Bereich Holzbau zu fördern, mit „Leuchtturmprojekten“ des Bundes Vorbilder zu schaffen, die nachhaltige Rohstoffversorgung zu unterstützen und rechtliche Rahmenbedingungen zugunsten des Holzbaus zu verändern.

Alternativen zum bislang üblichen Bau mit Nadelholz sollen erforscht werden. Das alles soll in Gesprächskreisen mit Ländern, Kommunen und Verbänden vorangetrieben werden. Das klingt so wolkig, weil die Gesetzgebungskompetenz für die Bauordnungen bei den Ländern liegt.

Trotzdem sieht etwa der baupolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Taher Saleh, die Initiative positiv. Endlich werde „der verstärkte Einsatz zukunftsfähiger Rohstoffe in der Baubranche angekurbelt“.

Das Umweltbundesamt und Experten wie der Klimaforscher Joachim Schellnhuber sehen in der weltweiten Substitution von Stahlbeton durch organische Baustoffe wie Holz oder Bambus einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz. Emissionen würden vermieden, Bauwerke könnten als CO2-Senke fungieren.

Brennt das nicht?

„Die Vorteile des Bauens mit nachwachsenden Rohstoffen für die Bauwende liegen auf der Hand“, sagt Anemon Strohmeyer, Geschäftsführerin des Verbandes der Deutschen Holzwerkstoffindustrie. „In der Praxis ist der Holzbau aber mit Erschwernissen konfrontiert“, sagt sie. Holzbau bedürfe einer spezifischen Expertise der Planenden, es gelte, emotionale Vorbehalte sachlich auszuräumen: Hält das? Brennt das nicht?

Die verschiedenen Informations- und Beratungsangebote der Initiative seien deshalb sinnvoll. Sie könnten zu mehr Akzeptanz führen und zu der Erkenntnis, dass Holzbauten gerade im Bereich der Aufstockung im dichtbesiedelten urbanen Raum Lösungen bieten. Aber dieser Ausbau lahmt – so wie die Bauwirtschaft insgesamt.

„Die Nachfrage ist gering“, sagt Peter Münn, geschäftsführender Gesellschafter der B&O Gruppe. Das Berliner Bauunternehmen erstellt derzeit eine Fabrik für serielles Holzbauen in Frankfurt/Oder, Ende des Jahres soll die Fertigung beginnen. „Es gibt viel zu wenige Aufträge“, sagt Münn, „die Zinsen sind zu hoch, die Grundstücke zu teuer, die Mieten im sozialen Wohnungsbau mit beispielsweise 6,50 Euro pro Quadratmeter in Berlin zu niedrig.“ Dafür könne man nicht bauen.

„Ein Grundrecht wie Essen“

„Die Initiative ist nicht schlecht“, sagt Münn, „aber sie müsste mit einer konkreten Förderung unterlegt sein.“ Zum Beispiel könnten Kommunen für sozialen Wohnungsbau Grundstücke zur Verfügung stellen; oder die Bundesregierung könnte auf Leistungen im sozialen Wohnungsbau die Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf 7 Prozent senken, „wie bei Grundnahrungsmitteln“, sagt Münn, „schließlich ist Wohnen ein Grundrecht wie Essen.“ Eine solche Steuersenkung sieht die Initiative allerdings nicht vor, sie läge im Zuständigkeitsbereich des FDP-geführten Finanzministeriums.

Während Bau- und Landwirtschaftsministerium hier nicht tätig werden können, haben sie mit dem Wirtschaftsministerium einen Zielkonflikt geschaffen: Die neue Fassung des Gebäudeenergiegesetzes („Heizungsgesetz“) des Bundeswirtschaftsministeriums soll Hackschnitzel- und Holzpelletheizungen umfangreicher als zunächst geplant als Alternativen zu Gas und Öl vorsehen und gegebenenfalls auch fördern.

„Wir würden lieber mit dem Holz bauen“, sagt Verbandschefin Strohmeyer, „schon jetzt lenken die Energiepreise stofflich verwertbare Sägenebenprodukte vielfach in die Wärmeerzeugung um.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Bisher fehlt eine Bilanzierung der Bedarfe gegenüber öklogisch nachhaltiger Produktionskapazität.

  • Eigentlich eine gute Idee bloß:



    Umsetzung in Deutschland wie folgt:



    Noch mehr Auflagen und Vorgaben mit zig Ausnahmen und Sonderfällen bei denen niemand mehr durchblickt beim Bau. -> Bauen wird noch aufwändiger, bürokratischer und damit teurer. -> Schaffen von bezahlbarem Wohnraum wird noch unattraktiver. ->Mangel an bezahlbarem Wohnraum wird noch größer. ->Mieten steigen weiter.

    Es braucht weniger Vorgaben und Auflagen bei Brandschutz, Dämmung, Parkflächen, Grünflächen, Fassadengestaltung, Geschosshöhe, Barrierefreiheit, etc PP blablabla, nicht mehr. Das tote Pferd der ausufernden Bürokratie endlich begraben und die Leute einfach Mal machen lassen, die wissen schon was sie tun.

  • Hallo alle miteinander,



    das sind leider keine neuen Nachrichten.Für alle die nachhaltiges oder ökologisches Bauen wertvoll finden war das schon immer die Lösung.



    Und ob sich die Ampel und insbesondere das grüne Wirtschaftsministerium gegen die Betonlobby durchsetzt bzw. sich überhaupt mit ihr anlegt wage ich zur Zeit stark zu bezweifeln.



    Mit freundlichem Gruß



    Lutz Schulze-Selmig

    • @Lutz Schulze-Selmig:

      Es wird ja gerne über Robert Habeck und sein Ministerium geredet, allerdings ist das hier eine Initiative des Bundesbauminsteriums, Ministerin Geywitz(SPD) und des Landwirtschaftsministeriums, Özdemir(Grüne).

    • @Lutz Schulze-Selmig:

      Das grüne Bundeswirtschaftsministerium muß



      sich nicht gegen die Betonlobby durchsetzen sondern die Gegner im



      eigenen Lager, insbesondere die



      Naturschutzverbände, die gegen eine



      stärkere kommerzielle Nutzung des Waldes sind.

  • Gegenfrage: wo soll denn das ganze Holz dafür herkommen ?

    • @SeppW:

      Aus dem Wald.



      Glücklicherweise wird hierzulande nachhaltige Forstwirtschaft betrieben.

    • @SeppW:

      Brasilien, Polen (das Land hat noch einige große Wälder), Ukraine (in diesem Land wird gerade wild abgeholzt) und, wenn die Russen wieder nett sind, Sibirien. Hauptsache: bauen bauen bauen und abholzen, abholzen abholzen.

    • @SeppW:

      Es wäre mehr Holz da, wenn das nicht umwelt- und gesundheitsschädlich verbrannt würde. Kahlschläge in Kanada und Rumänien für die ineffizienteste Heizungsform!

    • @SeppW:

      Endlich kann ich einmal demonstrieren, nicht immer anderer Meinung denn Sie zu sein. Denn diese Frage stellt sich mir auch bereits lange Zeit. Billige Fichte wird es nicht mehr viel geben und sonst kränkelt eh alles herum. Das wird nicht funktionieren, schätze ich.

      • @Zebulon:

        Man kann im Prinzip also sagen das eine ökologische und klimafreundliche Holzbauweise ein Luxus ist, der nur einer begrenzten Anzahl von Menschen zur Verfügung gestellt werden kann. Die Ressourcen sind nun mal endlich und ich kann nicht gleichzeitig Holz in großem Stil exportieren (vor allem Richtung China), Heizen und Bauen. Initiative hin oder her.

        Oder wir machen es uns einfach lagern das Problem aus, schont ja auch unsere Klima-Bilanz. Kohle aus Kolumbien und Holz aus osteuropäischen und russischen Urwäldern....wenn das mal kein Green Deal ist ;)

    • @SeppW:

      Der Borkenkäfer war sowieso



      schneller u. die Naturschützer sind



      für naturnahe Waldbewirtschaftung, dh. sehr eingeschränkte ökonomische Nutzung des Waldes, am besten keine.

  • Das sind gute Nachrichten!



    An den deutschen Unis wird ja schon länger zu diesem Thema geforscht und ich hoffe, dass sich hier eine neue Möglichkeit findet, erprobte Techniken zur Serienreife zu verhelfen.



    Das wäre wirklich ein guter Schritt für die Bauwirtschaft.



    CO2 und ( Sonder-) Müll Produktion müssen runter .



    Dämmstoffe sollten schon in der Herstellung wenig CO2 emittieren.



    Es ist zukunftsweisend, dass der Baubereich nun umfassender betrachtet wird.



    Auch die FDP könnte sich hier bei der Wissenschaftsförderung ein grünes Bienchen verdienen...