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Nach massiver internationaler KritikUS-Regierung relativiert Trumps Gaza-Pläne

Der Plan zur Vertreibung von 2 Millionen Palästinensern hat weltweit Kritik ausgelöst. Seine Sprecherin bemüht sich um Schadensbegrenzung.

Viele Fragen offen: Trumps Sprecherin Karoline Leavitt erklärt im Weißen Haus die Gaza-Pläne des Präsidenten Foto: Evan Vucci/ap

Washington dpa | Nach heftiger internationaler Kritik an den Plänen von US-Präsident Donald Trump zur Zukunft des Gazastreifens versucht die Regierung in Washington, die Wogen zu glätten. Außenminister Marco Rubio, der nationale Sicherheitsberater Mike Waltz und die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, bemühten sich, Trumps Aussagen zur Umsiedlung von zwei Millionen Palästinensern zu entschärfen und die Möglichkeit eines US-Militäreinsatzes zu relativieren.

Der US-Präsident hatte am Vortag bei einer Pressekonferenz an der Seite des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verkündet, die USA würden den Gazastreifen „übernehmen“ und in eine wirtschaftlich florierende „Riviera des Nahen Ostens“ verwandeln. Dabei wiederholte er seine frühere Aussage, die rund zwei Millionen Menschen, die dort leben, müssten das Gebiet verlassen. Nach Trumps Willen sollen sie künftig in anderen arabischen Staaten der Region unterkommen.

„Das war nicht als feindseliger Schritt gedacht“, sagte Rubio während eines Besuchs in Guatemala. Er sprach im Gegenteil von einem „sehr großzügigen Angebot“ des Präsidenten. Rubio erklärte, es gehe den USA lediglich darum, das Küstengebiet wieder bewohnbar zu machen. In dieser Zeit könnten die Palästinenser dort aber nicht leben. Unter anderem Israels Nachbarn Ägypten und Jordanien lehnen eine Umsiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen ab.

Nahost-Berater Witkoff: Keine US-Soldaten nach Gaza

Trump schloss einen US-Militäreinsatz im Gazastreifen nicht aus und erklärte, man werde „tun, was notwendig ist“. Im Wahlkampf hatte er immer wieder versprochen, die Streitkräfte aus internationalen Konflikten herauszuhalten. Der US-Sondergesandte für den Nahen Osten, Steve Witkoff, sagte Kongressabgeordneten in Washington laut einem Medienbericht, Trump wolle keine US-Soldaten in den Gazastreifen schicken und keine Gelder für den Wiederaufbau bereitstellen.

Die Äußerungen des US-Präsidenten zu Umsiedlungen aus dem Gazastreifen hatten sowohl international als auch in den USA scharfe Kritik ausgelöst. Experten zufolge würde ein solcher Schritt gegen das Völkerrecht verstoßen. Die Vereinten Nationen warnten vor einer „ethnischen Säuberung“.

EU besteht weiter auf Zwei-Staaten-Lösung

Die Palästinenser und zahlreiche Regierungen der arabischen Welt lehnten die Pläne entschieden ab. Auch die Europäische Union meldete Bedenken an, was Trumps Pläne für den Friedensprozess in der Region bedeuten könnte. „Die EU setzt sich weiterhin entschlossen für eine Zwei-Staaten-Lösung ein, die unserer Meinung nach der einzige Weg zu einem langfristigen Frieden für Israelis und Palästinenser ist“, sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas. „Der Gazastreifen ist ein integraler Bestandteil eines künftigen palästinensischen Staates.“

Sogar unter Trumps Verbündeten in den USA wurde Skepsis laut. „Ich dachte, wir hätten „Amerika zuerst“ gewählt“, schrieb der republikanische Senator Rand Paul auf der Nachrichtenplattform X. „Es steht uns nicht zu, eine weitere Besatzung ins Auge zu fassen, die unseren Staatshaushalt zerstört und das Blut unserer Soldaten vergießt.“

Weißes Haus: Keine US-Steuergelder für Wiederaufbau

Die Sprecherin des Weißen Hauses bemühte sich ebenfalls, die Konsequenzen von Trumps ambitioniertem Ansinnen herunterzuspielen. Trumps Plan bedeute „nicht, dass die amerikanischen Steuerzahler diese Bemühungen finanzieren werden“, erklärte Leavitt. „Es bedeutet, dass Donald Trump – der beste Geschäftemacher der Welt – entsprechende Vereinbarungen mit Partnern in der Region treffen wird.“

US-Sicherheitsberater Waltz legte in einem Interview des Fernsehsenders CBS nahe, dass Trumps Plan nicht in Stein gemeißelt sei und rief die Verbündeten in der Region dazu auf, eigene Pläne vorzulegen. „Die Tatsache, dass niemand eine realistische Lösung hat und er einige sehr mutige, frische, neue Ideen auf den Tisch legt, sollte meiner Meinung nach in keiner Weise kritisiert werden“, sagte er. „Es wird die gesamte Region dazu bringen, eigene Lösungen zu finden, wenn ihr Trumps Lösung nicht gefällt.“

Netanjahu traf sich während seines Besuchs in Washington auch mit US-Verteidigungsminister Pete Hegseth. Die Vereinigten Staaten seien zu 100 Prozent der Sicherheit Israels verpflichtet, sagte Hegseth nach Angaben des Pentagons. Netanjahu und der Verteidigungsminister seien sich demnach einig, dass der Iran die Stabilität im Nahen Osten bedrohe und hätten vereinbart, dieser Herausforderung gemeinsam entgegenzutreten.

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13 Kommentare

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  • Ein Regierungschef, der einfach mal einen raushaut; ein Regierungsapparat, der mehr damit beschäftigt ist, das alles wieder einzufangen, als alles andere, und dabei sehr bemüht ist, seinem Chef ja keinen Anlass zu liefern, irgendwelche Kritik aus den Richtigstellungen herauszulesen.



    So sieht das Rezept für eine erfolgreiche Regierung aus

  • Wie jetzt? Führt di USA nun doch keine militärisch unterstützte ethnische Säuberung im Gaza durch für die rechtsextreme israelische Regierung. Will man zu "harmloseren" Zwangsmitteln greifen?

  • Machtdemonstration eines imperialistischen Staates gegenüber der Weltgemeinschaft !

  • Und ich sach noch: Großes Kino. Allerdings sieht Realitätstauglichkeit und Zukunftsfähigkeit anders aus als die Präsidentschaft Trump.

  • „Es wird die gesamte Region dazu bringen, eigene Lösungen zu finden, wenn ihr Trumps Lösung nicht gefällt.“- Die ganze Region hat eine Lösung vorgelegt, im Jahr 2002 mit der arabischen Friedensinitiative- Frieden im Gegenzug für einen souveränen palästinensischen Staat in den völkerrechtlich anerkannten Grenzen von vor 1967. Im letzten Jahr hat der jordanische Außenminister dies bekräftigt: “We’re here — members of the Muslim-Arab committee, mandated by 57 Arab and Muslim countries — and I can tell you very unequivocally, all of us are willing to guarantee the security of Israel in the context of Israel ending the occupation and allowing for the emergence of a Palestinian state,” - Die unterstützen auch alle das IGH-Gutachten, weil dort alle strittigen Punkte rechtlich geklärt wurden. Und wenn sich die EU tatsächlich "entschlossen für eine Zwei-Staaten-Lösung" einsetzen würde, dann würde sie sich für die Umsetzung des vorgegebenen, sehr eindeutigen Rechts einsetzen, statt weiterhin keine Konsequenzen für Rechtsbruch walten zu lassen, zu erwarten das dies hingenommen wird, oder man gar wie Dtl. aktiv verhindern will das Menschen zu ihrem Recht kommen (ICC-Zuständigkeit).

  • " „Die Tatsache, dass niemand eine realistische Lösung hat und er einige sehr mutige, frische, neue Ideen auf den Tisch legt, sollte meiner Meinung nach in keiner Weise kritisiert werden“, sagte er. „Es wird die gesamte Region dazu bringen, eigene Lösungen zu finden, wenn ihr Trumps Lösung nicht gefällt.“"

    In anderen Worten ausgedrückt, hätte diese Stellungnahme auch von mir kommen können. (Deshalb fand ich auch die Handlung von Herrn Merz für uns Wähler:innen hilfreich.) Kein abgestumpftes "weiter so", sondern im Sinne eines "brainstorming" alle Gedanken, Ideen, Vorstellungen, Modelle kommunizieren und eine Lösung finden. Kritisieren ist "immer" so einfach.

    Ich wünsche den gazanischen Bürger:innen, sofern sie das möchten und es nicht mit ihrer Religion kollidiert, tatsächlich ein "Riviera". Vor meinem geistigen Auge erscheint da ein schönes Bild. "Früher" wurde in Zusammenhang mit Gaza von "Saigon/Paris des Nahen Osten" gesprochen.

    Wir werden sehen, wie sich die Regierung und die Bürger:innen in Gaza entscheiden. Vielleicht sind meine Vorstellungen auch zu westlich oder atheistisch.

  • Es drängt sich langsam die Frage auf ob der amerikanische Präsident verwirrt ist. Erst will er Grönland, dann den Panamakanal, jetzt den Gazastreifen. Wurde er nicht gewählt unter dem Motto „America First“?

  • "Experten zufolge würde ein solcher Schritt gegen das Völkerrecht verstoßen. Die Vereinten Nationen warnten vor einer „ethnischen Säuberung“...."



    Bei derstandard.de noch in 11/24



    "Für die USA, den wichtigsten Verbündeten Israels, wäre die Zwangsumsiedlung von Palästinensern eine "rote Linie", sagte US-Außenministeriumssprecher Vedant Patel zum HRW-Bericht. Ihm zufolge sei es aber "völlig in Ordnung und akzeptabel, Zivilisten zu bitten, ein bestimmtes Gebiet zu evakuieren, während bestimmte militärische Operationen durchgeführt werden", und es ihnen danach zu ermöglichen, wieder nach Hause zu gehen."



    Damals aber Stan dort weiter:



    "Für Aufsehen hatte allerdings die Aussage eines IDF-Generals gesorgt, wonach die "vollständige Evakuierung" Nordgazas bevorstehe und den Bewohnern eben nicht erlaubt werde, in das Gebiet zurückzukehren. Wenig später distanzierte sich die israelische Armee von den Aussagen, sie seien "aus dem Kontext gerissen" worden und würden nicht "den Zielen und Werten der IDF entsprechen".



    Zum Nachlesen:



    www.derstandard.de...uerfe-gegen-israel



    War das schon konsentiert m. d. Trump-BeraterInnen-Team?

  • Seine Sprecherin ist, wie alle, die Trump für seine Administration ausgesucht hat, vollkommen inkompetent. Kompetenz zählt ja auch nicht mehr, nur die absolute Loyalität zu Trump, egal was er sagt und tut.

  • "Der beste Geschäftemacher der Welt"...Der sämtliche Geschäfte die er je machte, sogar Casinos, in den Sand gesetzt hat. Nun bereichert er sich (wieder) schamlos an seinen dummen Anhängern und an den Steuergeldern, die er für Dinge ausgibt, die bei seinen Firmen eingekauft werden. Conflict of interest? Aber nicht doch. Und alle Kontrollinstanzen sind fest in seiner Hand.

    Was der allein in zwei Wochen für Unheil angerichtet hat...ich bezweifle, dass die USA das vier Jahre aushalten...

  • Der alte Mann plappert halt so vor sich hin, war großteils eine Luftnummer. Trotzdem kann man es als Carte Blanche für die israelische Rechte interpretieren, was schlecht ist. Denn wenn jemand vermitteln kann, dann die USA. Allerdings frühestens in vier Jahren.

  • Vorab: Natürlich steht das Gebiet den Palästinensern zu. Punkt.

    In diesen Zeiten ist es ggf. klug, erst einmal auf 10 zu zählen und dann zu antworten. So wie es seit Jahrzehnten in und um Gaza zugeht, ist es unhaltbar?!

    Wir nehmen den Trump Vorschlag und ergänzen ihn:



    Die Bevölkerung von Gaza stimmt den blühenden Landschaften zu. Sie wird zunächst in der einen Hälfte und danach in der anderen Hälfte leben und sich aktiv am Aufbau beteiligen.

    Der Gazastreifen wird hälftig platt gemacht (inklusive der Tunnelsysteme der Hamas)!

    Eine "unfreiwillige" Regierungsbeteiligung der Hamas wird dadurch ausgeschlossen und die Menschen könnten, beschützt durch die stärkste Arme der Welt (auch vor Israel!), in Ruhe und Frieden ihr Land aufbauen.



    Die westlichen Länder könnten ihre humanitären Leistungen wieder aufnehmen.

    Wenn dann ein demokratischer Staat gegründet und anerkannt ist (wir haben das mit Untersütztung der USA ja auch geschafft), ziehen die USA ab.

    Also: Nur Schutz Gazas gegen JEDEN Eindringling oder Störer des Wiederaufbaus+Frieden für die Menschen! Ivestitionsverträge nur unter dieser Bedingung.



    An die Controller: Gegenrechnung Kosten jahrzehntelanger Krieg vs Wiedraufbau?

  • "Donald Trump – der beste Geschäftemacher der Welt"



    Sollte man ja gar nicht meinen, aber Humor haben sie.