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Nach der Tötung General MussawisKriegseintritt Irans gefährlich nah

In Syrien wurde ein hochrangiger iranischer General getötet. Die Revolutionsgarden schwören Rache gegen Israel.

Undatiertes Foto von Sejed-Rasi Mussawi, ranghohes Mitglied der iranischen Revolutionsgarden Foto: Tasnim News Agency/ZUMA Press/dpa

Berlin taz/afp/dpa | Die Tötung eines iranischen Generals bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff in Syrien erhöht die Spannungen im Nahen Osten weiter und macht eine Ausweitung des Gaza­kriegs wahrscheinlicher. Der Sprecher des iranischen Verteidigungsministeriums, Resa Talaei-Nik, drohte Israel laut Nachrichtenagentur Tasnim am Dienstag: „Die Zionisten (Israel) müssen sich auf die Konsequenzen ihres Verbrechens gefasst machen – und die werden schmerzhaft sein.“

General Rasi Mussawi wurde am Montag bei einem Raketenangriff des „zionistischen Regimes“ in einem südlichen Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus getötet, meldete die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna. Irans Botschafter in Syrien, Hossein Akbari, sagte, Mussawis Haus sei von drei Raketen getroffen und zerstört worden. Die unabhängige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte dagegen, Mussawi sei auf einem Bauernhof getötet worden. Israel hat den Angriff wie üblich weder bestätigt noch dementiert.

Irans Revolutionsgarden bezeichneten Mussawi als „Logistikchef der Widerstandsachse“ – in Syrien haben Irans Revolutionsgarden, von ihnen geführte Milizen sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah mit Luftunterstützung durch Russland eine entscheidende Rolle beim Sieg des Diktators Baschar al-Assad im syrischen Bürgerkrieg gespielt. Mussawi war laut Irna in Syrien einer der „erfahrensten Berater“ der Al-Kuds-Brigaden, des für Auslands­ein­sätze zuständigen Arms der Revolutionsgarden.

Laut Experten war er seit 2018 in Syrien stationiert und diente auch als „rechte Hand“ des 2020 bei einem US-Angriff im Irak getöteten iranischen Generals Kassem Soleimani, Kommandeur der Al-Kuds-Brigaden. Dessen Tod jährt sich am 3. Januar zum vierten Mal. Seine gezielte Ermordung auf Befehl des damaligen US-Präsidenten Donald Trump hatte Iran und die USA an den Rand eines Kriegs gebracht. Mussawi ist das ranghöchste iranische Todesopfer im Auslandseinsatz seit Soleimani.

Die „7 Fronten“ Israels

Israel fliegt regelmäßig mit Duldung Russlands nächtliche Luftangriffe auf iranische Ziele in Syrien und hat dabei nach Angaben des iranischen Journalisten Amir Taheri bislang rund 4.000 iranische Kämpfer oder deren afghanische, pakistanische und irakische Söldner getötet. Die gezielte Tötung eines Generals bei Tageslicht stellt eine Eskalation dar. Israels Verteidigungsminister Joav Gallant sagte am Dienstag im Verteidigungsausschusses des israelischen Parlaments, dass Israel an sieben Fronten kämpfe: Gazastreifen, Westjordanland, Libanon, Syrien, Irak, Jemen und Iran.

Diese Eskalation könnte nun auch die USA tiefer in den Nahostkrieg hineinziehen. „Wir wollen den Konflikt in der Region nicht eskalieren lassen, sind aber entschlossen und bereit, weitere notwendige Maßnahmen zum Schutz unserer Leute und Einrichtungen zu ergreifen“, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Montagabend, nachdem das US-Militär mit Präzisionsangriffen auf eine Serie von Angriffen iranisch unterstützter irakischer Milizen gegen US-Stützpunkte im Irak reagierte.

Die USA bereiten auch eine internationale Marineoperation gegen die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen in Jemen vor. Ihr durch iranische Aufklärung ermöglichter Beschuss ziviler Frachter im Roten Meer hat eine der wichtigsten Seehandelsrouten der Welt praktisch lahmgelegt. Die kurz vor Weihnachten präsentierte „Operation Prosperity Guardian“ läuft allerdings mit Schwierigkeiten an, da Frankreich, Spanien und Italien ihre Kriegsschiffe nicht unter US-Kommando stellen wollen.

Deswegen prüft der EU-Chefaußenpolitiker Josip Borrell jetzt eine Ausweitung des Mandats der bereits existierenden EU-Mission „Atalanta“ zur Bekämpfung von Piraten vor Somalia. Auch Indien will nach einem mutmaßlich iranischen Drohnenangriff auf ein Handelsschiff vor seiner Küste drei Kriegsschiffe ins Arabische Meer schicken.

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20 Kommentare

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  • Also, der Iran grenzt nicht an Israel und kann daher Israel auch nicht direkt angreifen. Das der Iran ohne Gegenwehr Raketen über fremdes Territorium verschießen darf, kann ich mir kurzfristig nicht vorstellen.

    Und was die Unterstützung der diversen Milizen angeht, so ist eine Eskalation hier schwer vorstellbar, denn die Unterstützung ist ja bereits gewaltig.



    Eine weitere Steigerung würde aber auch vitale Interessen der arabischen Nachbarn betreffen.

    MBS wird es sicher nicht witzig finden, wenn der Iran die Huthis noch extremer aufrüstet. Denn die befinden sich auch im Krieg mit Saudi-Arabien.

  • Was haben adiese faschos auch in Syrien, Libanon, Gaza etc. zu suchen?!

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Diese Eskalation könnte nun auch die USA tiefer in den Nahostkrieg hineinziehen. ""



    ==



    Die Eskalation ist schon lange da.

    Während der heißen Phase des Syrienkrieges hat die libanesische Hizbollah im Auftrag des Iran ganze Landstriche wie Quneitra in Syrien erorbert - auch als offensichtlich wurde, das Teile des iranischen Militärs/Milizen in Syrien kämpfen um eine weitere Länderachse gegen Israel zu eröffnen haben die Amerikaner erklärt, damals Obama, das dieser Teil des Nahen Ostens nicht zu ihrem Interessensgebiet gehört.

    Die momentane Situation der Konfrontation entstand als Hizbollah parallel zum Krieg Israels gegen Hamas als Trittbrettfahrer Israel vom Libanon aus bombardierte und daraufhin zwei amerikanische Schlachtschiffe sich als Warnung im Mittelmeer postierten.

    Daraufhin aktivierte der Iran die Huthis um internationale Seewege zu bombardieren - was die USA erwiederte, indem sie eine Koalition der Willigen animierte - inklusive Indien - um die Schifffahrt im Roten Meer vor Terroristen zu schützen.

    Daraus lässt sich unschwer erkennen, das die Amerikaner keinen Bock auf Engagement im Nahen Osten haben -



    aber klar und deutlich aufzeigen, wo die roten Linien sind die der Iran nicht überschreiten sollte.

    Das Problem dabei:



    Den Freiraum, den der Westen dem Kriegstreiber Iran freiwillig zur Verfügung stellt nutzt der Iran. -

  • Braucht Iran neuerdings einen Grund, um Israel zu drohen?



    Und was bitte ist so eskalierend daran, dass eine gezielte Tötung bei Tageslicht durchgeführt wird anstatt nachts?

  • Man kann nur hoffen, dass der IRAN eskaliert und sich dadurch endlich der Knoten im nahen Osten löst.

    Aber ich denke es wird bei Drohungen bleiben. Der IRAN hat bei genauer Betrachtung Israel nichts entgegenzusetzen. Es würde zwar viele Tote geben, aber am Ende wären die Islamofaschisten im IRAN weg und das wollen sie natürlich selber nicht.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Es würden sehr viele Menschen sterben, mit Sicherheit! Aber, dass das theokratische Regime dadurch gestürzt wird, wie kommen sie darauf?



      Ohne eine Bodenoffensive im Iran wird das wohl kaum vorstellbar! Wie sollte Israel das aus Ihrer Sicht schaffen?

    • @Gnutellabrot Merz:

      Man sollte den Iran nicht unterschätzen. Ich bin ziemlich sicher, dass der 7. Oktober auch in Verbindung mit der Tötung von Qassem Soleimani durch die USA steht. Falls ein offener Krieg zwischen Israel und dem Iran ausbräche, würde Israel diesen Krieg verlieren. Selbst die Unterstützung der Amerikaner wäre nicht ausreichend. Daher wäre es klug von Israel, Zurückhaltung zu üben. Glücklicherweise sind sich israelische Militärs dieser Tatsache bewusst, im Gegensatz zu einigen Diskussionsteilnehmern hier.

      • @Ertugrul Gazi:

        Glauben sie tatsächlich, dass die USA es zulassen würden, dass der IRAN Israel vernichtet? Und dass die USA nicht in der Lage wären den IRAN zu bezwingen?

        Sie überschätzen den IRAN enorm. Terror unterstützt und Terror verursachen, dass kann der IRAN gut. Siehe Drohnenlieferungen nach Russland usw. Aber in einem Krieg gegen ein von den USA unterstütztes Israel wäre der IRAN unterlegen. Deshalb baut der IRAN ja auf die Terrorstrategie.

        • @Gnutellabrot Merz:

          Ja, das glaube ich in der Tat. Die Vereinigten Staaten befinden sich in einer Phase des Niedergangs. Hätten die USA und Israel den Mut gehabt, hätten sie möglicherweise schon vor 15 Jahren den Iran angreifen können. Selbst zu einer Zeit, als die USA geopolitisch stärker waren, wagten sie diesen Schritt nicht. Israel hat damals versucht, einen präventiven Schlag gegen den Iran zu initiieren, jedoch ohne Erfolg. Der Iran ist ein deutlich anders geartetes Land als beispielsweise der Irak, was solche Überlegungen komplex macht. Ein Angriff auf den Iran könnte metaphorisch gesprochen einem Entfachen eines globalen Feuers gleichkommen.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Woraus schließen die das?

    • @Gnutellabrot Merz:

      Und in Bezug auf Israel :Was glauben Sie wie lange es dauert bis ein Staat, gleich welcher, aber insbes. ein vergleichsweise kleiner, der meint, für immer durch das Schwert leben zu können (Netanjahu) , mit dieser Haltung in der Erschöpfung landet? Wenn es weise handelt sollte es versuchen seine Position in der Region zu verstetigen indem es nach Frieden strebt. Mit der Kolonisation der Westbank u dem aktuellen Gemetzel in Gaza verstetigt u vertieft es nur den Konflikt. Israel sollte nicht vergessen, wem es seine militärische Macht verdankt und dass sich die Weltläufte auch ändern können und der große Bruder irgendwann ausfallen könnte. Dann wäre es gut, wenn man mit seinen Nachbarn in Frieden lebt. Frieden der nur auf Kosten einer Seite geht wird es mit dem Umfeld auf Dauer nicht geben.

    • @Gnutellabrot Merz:

      So wünschenswert das Verschwinden der Mullahs wär (ganz abgesehen einmal von den Gründen für ihr Erscheinen und Fortbestehen) Schauen Sie nur auf die Bilanz von Amerikas und Europas Kriegen seit 9/11. Erfolg sieht anders aus. Irgendwie sind gerade auch genug Baustellen: Ukraine, Gaza, Inflation, Aufstieg der Nazis überall, Flüchtlinge. Da hat ein Krieg oben drauf mit Iran noch gefehlt. Hochmut kommt vor dem Fall. m.youtube.com/watc...FuIGRva3U%3D&rco=1

      m.youtube.com/watch?v=n5CxpuD7-Z4

      • @ingrid werner:

        Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Moderation

        • @Gnutellabrot Merz:

          Sehe Ich auch so. Israel muß Hamas, Hisbollah, Huthi und die islamischen revolutionsgarden vernichten. Und natürlich werden die USA nicht von ihrer Seite weichen!



          Wir werden es auch mitbekommen durch Terrorakte und unsere Regierung muss sich bewegen...

  • "Kriegseintritt Irans gefährlich nah"



    Falscher könnte eine Überschrift nicht sein 🤷‍♂️



    Der Iran versorgt seit Jahr und Tag die Hamas mit Geld und Waffen - der Iran versorgt seit Jahr und Tag die Huthi-Rebellen im Jemen mit Geld und Waffen, die wiederum zusehends Drohnen und Raketen gen Israel schicken - der Iran versorgt seit Jahr und Tag die Hisbollah im Libanon, die ebenfalls sich immer wieder Gefechte im Grenzgebiet mit Israel liefert.



    Der Iran führt de facto Krieg gegen Isreal seit Jahren oder Jahrzehnten - darüber kann man müßig streiten.



    Wie würde denn ein offizieller Kriegseintritt des Iran die Lage für Israel verändern? Eben, gar nicht 🤷‍♂️



    Ob die Raketen nun aus dem Gazastreifen, Jemen, Libanon oder direkt aus dem Iran kommen ist den Israelis letztlich leidlich egal - Terror ist Terror, Angriff ist Angriff - die Himmelsrichtung ist dabei nur was für Paragraphenreiter.

    • @Farang:

      Oh doch, es würde einen enormen Unterschied machen. Der Iran hat die Fähigkeit, ganz Israel mit Raketen zu überziehen, und in diesem Fall könnte selbst das Iron-Dome-Abwehrsystem nicht ausreichend Schutz bieten.

  • Was hat der General denn auf dem Bauernhof gemacht?

    • @Paul Anther:

      Angesichts der maroden Situation in Syrien sind die meisten Leute Selbstverorger wo irgend möglich.

      Damit ist jedes Haus außerhalb der Städte quasi auch ein Bauernhof.

    • @Paul Anther:

      Bio-Hühner gezüchtet?

    • @Paul Anther:

      Vielleicht das, was die Hamas unter Krankenhäusern, Schulen und Moscheen macht.