Nach dem jüngsten Bayerntrend: Schock und Zweckoptimismus
Für die bayerische SPD ist die Bayerntrend-Umfrage ein Desaster, sie steht demnach bei 11 Prozent. Freuen können sich nur die Grünen.
Zweitstärkste Partei wären die Grünen mit 17 Prozent (+1). Erst dahinter folgen die Sozialdemokraten; sie sind mit minus zwei Prozentpunkten auf nur noch elf Prozent abgesackt. Die Freien Wähler hingegen legen um zwei Prozentpunkte auf ebenfalls elf Prozent zu. Ebenso die AfD, die einen Prozentpunkt einbüßt.
Und noch zwei weitere Sensationen hält die Umfrage bereit. FDP und Linke liegen demnach aktuell bei fünf Prozent. Die Liberalen wären damit nach ihrem Ausscheiden 2013 wieder im Bayerischen Landtag vertreten, die Linke sogar erstmals. Theoretisch – und wohl tatsächlich ausschließlich theoretisch – wäre damit eine grün geführte Landesregierung möglich.
Mit CSU-MInisterpräsident Markus Söder sind laut der BR-Umfrage inzwischen weniger Bayern zufrieden als noch im Juli: 42 Prozent sagen jetzt, er sei ein guter Ministerpräsident (minus 2 Prozentpunkte), 44 Prozent verneinen das (plus 6 Punkte). Damit bleibt Söder hinter den Werten zurück, die Horst Seehofer vor der Landtagswahl 2013 (68 Prozent) für sich verbuchen konnte. Mit der Arbeit der Staatsregierung sind derzeit 52 Prozent weniger bis gar nicht zufrieden, 47 Prozent äußn sich zufrieden oder sehr zufrieden.
Söder, der am Mittwochmorgen noch in neongrüner Warnweste Münchner Schülerlotsen charmierte und nachmittags bei der MAN-Betriebsversammlung „ein klares Bekenntnis zum Diesel“ ablegte, äußerte sich nach Bekanntwerden der aktuellen Bayerntrend-Werte zweckoptimistisch.
Hochstimmung bei den Grünen
Die Umfrage müsse „Ansporn und Weckruf für alle sein“, sagte er dem Münchner Merkur. Ob er mit „alle“ seinen Parteichef, Bundesinnenminister Horst Seehofer, meint, ist nicht überliefert. Seehofer, der in Berlin die Kanzlerin ein ums andere Mal zu Scharmützel herausfordert, spielt für das desaströse Gesamtbild der CSU eine nicht unbeträchtliche Rolle.
In der SPD reagiert man auf die 11 Prozent erwartungsgemäß geschockt. „Natürlich sind die Zahlen absolut enttäuschend“, sagt Generalsekretär Uli Grötsch dem Merkur. „Wir müssen das jetzt in einem starken Schlussspurt herumreißen.“ Wie das gelingen soll, ist äußerst fraglich. Käme es am 14. Oktober tatsächlich zu einem solchen 11-Prozent-Ergebnis, hätte die Bayern-SPD ihr Ergebnis von 2013 nahezu halbiert.
Hochstimmung herrscht natürlich bei den Grünen. Fraktionschef Ludwig Hartmann sieht eine reale Chance, als zweitstärkste Kraft ins Landesparlament einzuziehen. „Die Menschen setzen große Hoffnungen in uns Grüne“, sagt Hartmann dem Merkur. „Beim Schutz der Tier- und Pflanzenvielfalt, dem Kampf gegen den ausufernden Flächenfraß, dem Einstehen für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gegen Nationalismus, Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit unterstützen die Menschen unsere inhaltlichen Ziele.“
Als drängendste Probleme im Land identifizieren übrigens laut der BR-Umfrage 44 Prozent Zuwanderung und Integration. 22 Prozent nennen Wohn- und Mietfragen, 19 Prozent die Bildungspolitik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!