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Nach WHO-Warnung zum WurstkonsumJeder fünfte Deutsche ist besorgt

Laut einer Umfrage wollen die meisten Menschen trotz der Darmkrebsgefahr so viel Fleisch wie bisher verzehren. Die WHO ist um Differenzierung bemüht.

Macht das Krebs oder kann das Speck? Foto: reuters

Berlin dpa/taz | Jeder Fünfte in Deutschland macht sich Sorgen wegen der Krebswarnung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor Fleisch- und Wurstkonsum. 24 Prozent der Frauen und 16 Prozent der Männer in Deutschland sind aufgrund der jüngsten WHO-Einschätzung beunruhigt. Insgesamt denkt jeder fünfte Deutsche (20 Prozent) jetzt über seinen Fleischkonsum nach. Das geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor. Keine Sorgen vor einer erhöhten Krebsgefahr durch Fleischkonsum machen sich nach eigenen Angaben 73 Prozent.

Mehr als jeder siebte Befragte will wegen der Krebs-Warnung der WHO künftig weniger Fleisch essen (15 Prozent). 68 Prozent wollen trotzdem genau so viel Fleisch wie bisher verzehren. Dass sie schon jetzt kein Fleisch essen, sagten 10 Prozent der Befragten.

Die WHO hatte Anfang der Woche für Aufsehen mit der Einschätzung ihrer Experten gesorgt, Würstchen, Schinken und anderes verarbeitetes Fleisch seien krebserregend. Der regelmäßige Konsum erhöhe das Risiko für Darmkrebs. Zudem stuften die Fachleute rotes Fleisch – das Muskelfleisch von Säugetieren – generell als wahrscheinlich krebserregend ein.

Auf die Frage: „Haben Sie Ihren Fleischkonsum in den vergangenen fünf Jahren aus anderen Gründen verändert?“, sagten 37 Prozent in der Umfrage, sie achteten inzwischen darauf, weniger Fleisch zu essen. Zum Vegetarier sind in dieser Zeit danach 2 Prozent geworden, zum Veganer 1 Prozent. 50 Prozent essen Fleisch wie eh und je, 1 Prozent hat wieder mit dem Fleischessen angefangen.

„Halbwahrheiten, die für Verwirrung sorgen“

Die Warnung der WHO stieß auch auf Kritik, vor allem in der Wirtschaft. So sprach der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft von „Halbwahrheiten, die für Verwirrung sorgen“. „Ein zu viel eines bestimmten Nährstoffs oder Lebensmittels ist nie gut, das wissen wir alle“, sagte Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL). Jeder Konsument müsse für sich das richtige Maß finden.

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO meldete sich noch einmal zu Wort - nach eigenen Angaben, weil viele Menschen besorgt seien und sie mehrmals aufgefordert worden sei, das Thema klarzustellen. Die WHO-Experten von der Krebsforschungsagentur (IARC) hätten keinen völligen Verzicht auf Wurst verlangt, hieß es. In der Klarstellung erklärte die WHO am Donnerstag in Genf, die jüngste Bewertung ihrer Behörde verlange von den Menschen nicht, Lebensmittel wie Würstchen, Schinken und anderes verarbeitetes Fleisch gar nicht mehr zu essen. Allerdings mache die Agentur darauf aufmerksam, dass ein geringerer Verzehr das Krebsrisiko senken könne.

Die Aussage der IARC läuft aber natürlich darauf hinaus: Wer das Krebsrisiko durch verarbeitetes Fleisch völlig ausschließen möchte, muss komplett verzichten. Aber die Krebsexperten hatten von Anfang an darauf hingewiesen, dass das Risiko bei moderatem Konsum gering ist - und dass Fleischverzehr auch gesundheitliche Vorteile hat. Es geht also nur darum, den etwa in Deutschland zu hohen Konsum zu senken, zum Beispiel auf die maximal 300 bis 600 Gramm pro Woche, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlen werden.

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16 Kommentare

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  • Hallo Normalo,

     

    schauen Sie sich doch mal ein normales Schlachthaus an. Bestialisches Töten wehrloser Geschöpfe am Fließband. Das ist normal. Das ist Ihre Welt, die Sie verteidigen. Wir können uns gerne danach mal austauschen. Über das normale Massentöten für ein bisschen Gaumenschmauß.

    Und ganz ehrlich. Spaß macht mir das Thema nicht. Also können Sie mir gar nicht den Spaß verderben.

    Und besser ist es ein Ideal zu haben als wegzuschauen.

    Und Ihre Fangfrage ist nicht gemein, diese ist schlichtweg dumm.

    • @Traverso:

      Wer vorgibt, diskussionsbereit zu sein, sollte auch für Gegenstandpunkte ein wenig Respekt aufbringen können, Herr Kottsieper. So dumm kann eine Frage gar nicht sein, dass man sie nicht beantworten könnte - wenn es eine Antwort gibt.

       

      Davon abgesehen: Ich habe keine "Welt" verteidigt, weiß, wie es in der Fleischwirtschaft zugeht, finde das auch nicht toll, betrachte den Besuch eine Schlachthauses aber nicht als lebensverändernde Erfahrung. Es war seinerzeit ziemlich genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich bin insgesamt nicht kategorisch gegen die Haltung und Schlachtung von Nutztieren, finde aber strengere ethische Maßstäbe beim Umgang mit ihnen menschlich erstrebenswert.

       

      Nur habe ich dazu in meinem Posting gar nichts geschrieben.Alles was ich getan habe, war darauf hinzuweisen, dass Ihre ethische Einstellung zwangsläufig dazu führt, dass nicht nur weniger Nutztiere sterben, sondern auch weniger leben könnten - und ich frage Sie erneut, wie Sie dazu stehen, ob es aus Ihrer Sicht bei Tieren "nicht lebenswertes Leben" gibt, dessen Verhinderung moralisch "besser" ist als die Realisierung. Wie weit geht bei Ihnen das Recht der Tiere auf Leben? Gilt es auch z. B. für die Insekten, die zu hunderten bei jeder sommerlichen Auto- oder Zugfahrt auf der "Wind"schutzscheibe massakriert werden?

       

      Hehre Prinzipien sind etwas Feines. Aber man sollte sie zuende denken, ehe man sie zum Nonplusultra erklärt. Also: Haben sie darauf eine Antwort oder nur wieder Weiterungen zum Thema, wie schrecklich all das ist, was gegenwärtig passiert (und vielleicht noch die eine oder andere Pauschalabwertung der Frage)?

  • "Ich stinke, also bin ich" - Glücklich, wer in der frühen Neuzeit nichts mit Medizinern zu tun hatte. Ludwig XIV. von Frankreich war dieses Glück nicht beschieden. 79 Jahre lang war der Sonnenkönig dem Martyrium seiner Leibärzte ausgesetzt.

  • 80 Prozent der Deutschen ist das Thema wurscht. Interessant!

  • „Vier von fünf Deutschen ist die Wurstpanikmache der WHO egal!“ Könnte man ja such mal titeln, wenn man doch bei anderen Themen so engagiert „entängstigen“ will ... :-)

  • Das besorgtsein scheint das neue steckenpf er rd der deutschen zu sein. Alles besorgte buerger. Empoerend

    • @Demokrat:

      Das war auch mein erster Gedanke!

       

      "Besorgte Bürger" wird sicher der Begriff des Jahres 2015.

       

      Und btw: Gegen "Sorgen" gibt es doch sicher auch Pillen, die verkauft werden wollen :-)

  • Ihr könnt gar nicht ahnen, liebes Kommentariat, wie es mir bei dieser Sache geht. Es ist fast beruhigend, daß nur jede/r 5. Deutsche auf diese beispiellose Diffamierungen hereingefallen ist. Ich danke den guten 80% von Herzen!

  • Die Gefahr, an Darmkrebs zu erkranken, besteht zweifellos. Dennoch dürfte die Gefahr, sich mit gefährlichen krankmachenden Keimen (und auch mit muliresistenten Keimen) zu infizieren,um ein Vielfaches höher sein, und das zunehmend.

  • Es ergibt sich leider der Eindruck daß hier, mit der Wurst- (und Fleisch)problematik, wieder eine MEDIALE SAU durchs globale Dorf getrieben wird. Jede/r weiß daß ein Übermaß an tierischen Lebensmitteln ungesund ist, neben den begleitenden ethischen Fragwürdigkeiten. Jetzt wird eine Studie verbreitet die nicht unabsichtlich Unsicherheit verbreiten und die Aiufmerksamkeit des Publikums, durch narzistische Konzentration auf den eigenen Körper und die eigene Unsterblichkeit, von wichtigeren Dingen ablenken soll: was da z.B. in Syrien und der Ukraine passiert. Was da unsere amerikanischen Freunde machen. Genau im selben Sinn die aktuelle "Studie" zu Lärmfolgen welche in sämtlichen Medien kolportiert wird obwohl sie nicht konklusiv und wahrscheinlich auch nicht korrekt ist. Morgen kommt dann wieder "die Milch" dran. Es ergibt sich der Verdacht daß derlei massenhaft verbreitete Berichte kampagnenmäßig lanciert werden. Und im Ernst, was soll man denn alternativ essen? - Es ist doch alles schon verseucht und gesundheitsbelastend. Bei diesen Berichten wird suggeriert es könnte noch eine heile Welt geben.

  • Man kann ohne Probleme für und wider den Fleischkonsum argumentieren, aber man kann nicht verlangen, dass statistisch abgesicherte Studien nicht publiziert oder widerrufen werden, weil die Wahrheit irgendwelchen Geschäften schadet. Wenn jemand das verlangt, dann verliere ich jedes Vertrauen in ihn und seine Produkte, denn... wer weiß, was er sonst noch zu verbergen hat?? - Aus diesem Misstrauen heraus lasse ich das Fleisch erst mal im Laden vergammeln; egal, ob mehr oder weniger cancerogen.

  • Ausgewogen und gesund ernähren kann man sich auf verschiedenste Art und Weise. Auch mit wenig Fleisch.

    Diese Gesundheitsdebatten was denn nun gut und schlecht ist sind schon deswegen recht anstrengend.

    Sorgen sollten wir uns umsomehr um das kollektive Verdrängen von Tierleid machen. Ich wette die meisten Deutschen sind tierlieb. Die Tierliebe wird aber bei den meisten Deutschen täglich mit dem Kauf von Fleisch aus erbärmlicher Tierhaltung mit den Füßen getreten.

    Es ist schon wirklich unglaublich traurig, daß diese Mißhandlungen von Tieren damit gerechtfertigt wird, daß Fleisch nun mal so gut schmeckt.

    Das ist eine barbarische Form von Heuchelei gewürzt mit einer ganzen Portion Sarkasmus und Ignoranz gegenüber unseren Mitgeschöpfen, die genauso fühlen und leiden wie wir, sich aber nicht wehren können.Die eigene Katze hingegen würde keiner essen, auch wenn diese noch so lecker schmecken würde.

    Diesen Wiederspruch kann absolut keiner logisch und vernümpftig rechtfertigen. Deswegen werden die Leute oft verbal sehr aggresiv wenn es um das Anzweifeln des guten Stück Fleisch geht. Die Foren sind randvoll davon.

    Ich selber habe 40 Jahre lang viel Fleisch gegessen und habe selber diejenigen ausgelacht, die auf Fleisch verzichten.

    Nach nun mehreren Jahren vollständigen Verzicht auf Fleisch und jetzt auch Milchverzicht geht es mir körperlich so gut wie noch nie, habe durch Ausprobieren zudem enorm viele neue leckere Nahrungsmittel kennengelernt und es ist ein wunderschönes Gefühl Tieren mit einem besseren Gewissen in die Augen schauen zu können.

    • @Traverso:

      Ich will Ihnen nicht den Spaß verderben, aber etwas an dem Idealbild, das Sie da zeichnen, kommt mir schon mehr romantisch als konsequent vor:

       

      Welchen Tieren würden Sie denn noch guten Gewissens in die Augen schauen wollen, wenn vegane Lebensweise zur Regel würde? All die, über deren grausame Haltung und Tötung Sie sich heute beschweren, gäbe es in so einer Welt nicht mehr. Es sind Nutztiere - ohne menschliche Hilfe nicht lebensfähig und für den Menschen ohne Nutzen viel zu aufwändig halten.

       

      Spitzer gefragt:

      Gönnen Sie Ihren lieben Mitgeschöpfen, den Milliarden Kühen, Schweinen, Hühnern, Puten oder Schafen, lieber GAR KEIN Leben, als sie dieses als Nutztiere verbringen und enden zu sehen??

       

      Ich weiß, dass das eine gemeine Fangfrage ist, die Ihre eigenen Ideale zynisch gegen Sie verwendet. Aber das nimmt ihr nicht die Berechtigung, wenn man mal drüber nachdenkt.

  • Bin ebenfalls besorgt: meine Freundin predigt eh schon immer gegen meinen Fleischhunger. Wasser auf ihren Mühlen...

  • Ja, ich bin auch besorgt. Bin aber deshalb besorgt, daß ich mir soviel Sorgen machen könnte. Das ist meine Sorge; sonst nix.

    Hans-Ulrich Grefe