piwik no script img

Nach Trumps Jerusalem-EntscheidungPLO auf Konfrontationskurs

Ostjerusalem ist die Hauptstadt Palästinas, erklärt der Zentralrat der Palästinensischen Befreiungsorganisation – und kündigt den Friedensprozess auf.

Trumps „Jahrhundertdeal“ für den Nahen Osten ist für Mahmud Abbas die „Ohrfeige des Jahrhunderts“ Foto: ap

Die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO will sich nicht länger an die Verträge halten, die sie seit Beginn des Osloer Friedensprozesses im September 1993 mit Israel abgeschlossen hat. „Die Übergangsperiode, die in den in Oslo, Kairo und Washington unterzeichneten Abkommen vereinbart wurde, sowie einhergehende Verpflichtungen sind nicht länger gültig“, heißt es in einer am Montagabend veröffentlichten Mitteilung des PLO-Zentralrats.

Die Sicherheitskooperation mit Israel solle ausgesetzt werden. Außerdem entschied der Zentralrat, das zweithöchste Gremium der PLO, den ausschlaggebenden Exekutivrat zu beauftragen, „die Anerkennung Israels außer Kraft zu setzen“, bis Israel „den Staat Palästina in den Grenzen von 1967 anerkennt und die Entscheidung, Ostjerusalem zu annektieren, widerruft“ sowie den Siedlungsbau stoppt.

Die zweitägige Sitzung des Zentralrats stand unter der Überschrift „Jerusalem, die ewige Hauptstadt des Staates Palästina“ und galt vor allem der Erklärung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Per Twitter hatte Trump Anfang Januar außerdem mitgeteilt, Jerusalem sei „off the table“, also kein Thema mehr. Er schimpfte auf die Palästinenser, die sich querstellten, und deutete an, die Finanzhilfen für diese einzustellen.

Die palästinensische Führung hatte in Reaktion auf die Rede Trumps schon im Dezember verkündet, Friedensverhandlungen unter US-Schirmherrschaft nicht länger zuzustimmen. Den von Trump angestrebten „Jahrhundertdeal“ für den Nahen Osten nannte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in seiner Rede zum Auftakt der PLO-Zentralratssitzung diese Woche die „Ohrfeige des Jahrhunderts“.

Versöhnungsprozess kommt nur mühsam voran

Mit seiner Rede habe Abbas „die Maske abgenommen“, kommentierte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Die Wurzel des Konflikts sei „die hartnäckige Weigerung der Palästinenser, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen, ganz egal in welchen Grenzen“. Nach Ansicht von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman habe Abbas schlicht „den Verstand verloren“, wenn er die Friedensverhandlungen aufgebe.

Der Zentralrat war schon bei der letzten PLO-Generalversammlung vor gut zwei Jahren für die Beendigung der Sicherheitskooperation eingetreten, was aber nicht passierte. Das letzte Wort haben der 18-köpfige Exekutivrat und der Palästinenserpräsident. Der signalisierte zwar in seiner Rede, „es gibt kein Oslo“, da Israel den Prozess beendet habe; gleichzeitig hielt er aber an seiner Verpflichtung zur Zweistaatenlösung fest.

Die Sicherheitskooperation mit Israels Armee ist für Abbas, der auch Chef der Fatah ist, so lange von Vorteil, wie Gefahr von der Hamas für ihn droht. Der Versöhnungsprozess der beiden seit über zehn Jahren zerstrittenen Parteien, kommt nur mühsam voran. Zudem würde das Aufkündigen des Osloer Friedensprozesses auf kurz oder lang zur Einstellung der internationalen Finanzhilfe führen. Allein die EU zahlt jährlich rund 350 Millionen Euro zur Deckung der laufenden Kosten des palästinensischen Verwaltungs- und Sicherheitsapparats.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • »Die Wurzel des Konflikts sei „die hartnäckige Weigerung der Palästinenser, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen, ganz egal in welchen Grenzen“«.

     

    Damit hat Bibi, von dem ich kein Fan bin, ausnahmsweise recht. Juden bildeten schon Ende des 19. Jahrhunderts eine Bevölkerungsmehrheit in Jerusalem. 1948, während des arabischen Krieges gegen Israel und die UNO-Resolution 181 von 1947, eroberte Jordanien den Ostteil der Stadt mitsamt den meisten Heiligtümern. Infolgedessen vertrieben die Israelis alle Araber aus Westjerusalem, während die Jordanier Ostjerusalem von Juden ethnisch säuberten. Seitdem sind die jüdische Klagemauer und das alte jüdische Viertel in der historischen Altstadt Jerusalem Teil des „arabisch geprägten Ostteils“ der Stadt.

    Alles Weitere hier:

    https://www.israelnetz.com/kommentar-analyse/2017/12/06/wem-gehoert-eigentlich-jerusalem/

  • Die finanziellen Ausfälle dürfte im wesentlichen die Besatzungmacht treffen, welche dann ja wieder in der Pflicht wäre.

  • Endlich mal, wenn Abbas sich nicht immer so selten dämlich anstellen würde, hätte er das schon vor Jahren machen müssen.

     

    Die einzige Möglichkeit für Abbas, Druck auf Israel auszuüben, ist die Drohung, die Partnerschaft aufzukündigen und die Autonomiebehörde aufzulösen. Dann Verweigerung der Hilfszahlung aus Europa und den USA, denn muss für Verwaltung, Strom, Wasser etc. in der Westbank Israel aufkommen. Israel kann es sowohl logistisch wie wirtschaftlich nicht.

     

    Was er bisher gemacht hat, hat ihn keinen Schritt weiter gebracht.

     

    Netanjahu hat zehn Mal mehr Angst vor der Einstaatenlösung als vor der Zweistaatenlösung.