Nach Razzia gegen Rechtstextremisten: Terrorgruppe schon seit 2013 aktiv?
Eine Facebook-Seite mit dem Namen „Revolution Chemnitz“ war dem sächsischen Innenministerium bereits seit Jahren bekannt.
Nachdem am Montagabend noch ein weiterer Verdächtiger festgenommen wurde, stehen inzwischen insgesamt acht Männer im Fokus der Ermittler. Alle acht Festgenommenen befinden sich mittlerweile in Untersuchungshaft. Sie sind zwischen 20 und 31 Jahre alt, stammen aus der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene im Raum Chemnitz und sollen sich selbst als führende Figuren in der rechtsextremistischen Szene Sachsens verstehen.
Laut Ermittlern wollten sie am 3. Oktober losschlagen. Die Gruppe habe sich „intensiv bemüht“, an halbautomatische Schußwaffen zu kommen, so die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke Köhler. Ob ihnen dies gelang, ist bislang unklar. Bei Hausdurchsuchungen wurden Schlagstöcke und ein Luftgewehr gefunden. Der Plan der acht Männer soll es gewesen sein, Angriffe und Anschläge auf Migranten, Politiker und politisch Andersdenkende zu begehen. Die Gruppe soll sich spätestens am 11. September gegründet haben.
Einzelne Mitglieder der Gruppe könnten aber schon länger aktiv sein. Dies liegt zumindest eine Facebook-Seite unter dem Namen „Revolution-Chemnitz ANW“ nah, die es seit 2013 gibt – und die den sächsischen Behörden spätestens seit 2014 bekannt ist. In einer Verbotsverfügung des sächsischen Innenministeriums, bei der es um die „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ und um die Aktionsgruppe „Raus in die Zukunft“ geht, wird die Facebookseite bereits erwähnt.
Sächsischens Innenministerium äußert sich nicht
In der Verfügung, die der taz vorliegt, heißt es: „Auf der einschlägigen Internet-Seite Aktionsgruppe Chemnitz von „Raus in die Zukunft“ findet sich ein Link auf das Facebookprofil „Chemnitz – ANW“. Die derzeit noch nicht identifizierten Betreiber werben dort nicht nur für Aktionen der Nationalen Sozialisten Chemnitz, sondern auch mit besonders aggressiver Wortwahl für die „Volkstodkampagne“. Als Ziel fordern sie den „Nationalen Sozialismus.“ Der Stern hatte zuerst darüber berichtet. Nachfragen der taz beantwortete das sächsische Innenministerium zunächst nicht.
Für ihre Aktion am 3. Oktober hatte die Gruppe laut Ermittlern vor zwei Wochen bereits einen Problelauf durchgeführt. 15 Verdächtige, die sich Zeugenaussagen zufolge als „Bürgerwehr“ bezeichneten, hatten nach einer Kundgebung von „Pro Chemnitz“ Iraner und Pakistaner angegriffen. Bewaffnet mit Glasflaschen, Quarzhandschuhen und einem Elektroschocker mischten in dieser Gruppe den Ermittlungen zufolge der mutmaßliche Anführer von „Revolution Chemnitz“ Christian K. und weitere der jetzt Beschuldigten mit. K. saß seitdem in Untersuchungshaft.
Anm. der Red., 03.10.: Diese Version des Textes ist mit dem neuesten Stand der Ermittlungen aktualisiert. Zuvor war noch von fünf Männern die Rede, für die vom Richter Untersuchungshaft angeordnet wurde.
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