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Nach Mord an Lehrer in FrankreichMinister will Moschee schließen

Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin will nun gegen eine Moschee im Pariser Vorort Pantin vorgehen. Sie habe ein Hassvideo gegen den Lehrer verbreitet

In Paris gingen am Sonntag Menschen zum Gedenken an den getöteten Lehrer Samuel Paty auf die Straße Foto: Michel Euler/ap

Paris dpa | Nach der brutalen Ermordung eines Lehrers verschärfen Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und die Mitte-Regierung ihr Vorgehen gegen den radikalen Islamismus. Innenminister Gérald Darmanin sagte am Abend im Sender TF1, er habe den zuständigen Präfekten gebeten, die Moschee im Pariser Vorort Pantin zu schließen, die ein Hassvideo gegen den Lehrer Samuel Paty verbreitet habe.

Schon vorher hatte der Ressortchef im Radiosender Europe 1 gesagt, es gebe zahlreiche Polizeieinsätze gegen „Dutzende Personen“ aus dem radikalisierten Milieu. Einsätze dieser Art sollten in den kommenden Tagen fortgesetzt werden. Er werde auch das Verbot von zwei Vereinen vorschlagen, die der Republik feindlich gesinnt seien. Dabei handelt es sich um das Kollektiv gegen Islamophobie in Frankreich (CCIF) und die Gruppe BarakaCity.

Der 47 Jahre alte Paty war am Freitag in einem Vorort nordwestlich von Paris auf offener Straße enthauptet worden. Der 18 Jahre alte Tatverdächtige mit russisch-tschetschenischen Wurzeln wurde von der Polizei erschossen. Kurz nach der Tat hatte dieser im Netz noch damit geprahlt und geschrieben, der Pädagoge habe den Propheten Mohammed herabgesetzt. Der Lehrer hatte zum Thema Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt. Daraufhin mobilisierte der Vater einer Schülerin massiv im Netz gegen ihn. Macron sprach unmittelbar nach dem Verbrechen von einem islamistischen Terrorakt.

Anti-Terror-Ermittler nahmen nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP 15 Menschen in Gewahrsam, um mehr Informationen über den Tatverdächtigen zu bekommen. Unter ihnen waren auch vier Mittelstufenschüler. Der Tageszeitung Le Monde zufolge hatte sich der Terrorverdächtige vor der Schule gegen Zahlung von Geld über den Lehrer erkundigt.

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19 Kommentare

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  • @JIM HAWKINS

    Doch, schon. Die Reaktion auf den (furchtbaren!) Anschlag wirkt jedoch eher als eine hilflose PR-Aktion.

    Eine eingehendere Beschäftigung mit der soziologischen Struktur dieser Attentate, Kleinarbeit vor Ort und im Netz, Perspektiven für die abgehängte Jugend etc. wären tatsächlich wirksam.

    Eine Vertiefung der Spaltung, die die Message schickt "Ihr gehört nicht zu uns", wobei das "Ihr" sehr schwammig bleibt, wird das Risiko nur erhöhen.

  • Ich verstehe nicht, warum es Teilen der Linken so schwer fällt, Islamismus beim Namen zu nennen und entschieden zu bekämpfen. Mir scheint, die radikalen Linken und die Antifa bekämpft Islamismus viel entschiedener (bsw. an der Seite der Kurden gegen den IS).



    Sie haben verstanden, dass Islamisten (Islamisten sind nicht gleichzusetzen mit Moslems) und Nazis Brüder im Geiste sind und ein ähnlich faschistisches Weltbild haben. Wo ist das Problem, das klar zu benennen? Das hat absolut nichts mit Rassismus zu.

  • die linken in europa haben viel zu lange weggesehen wenn islamisten töten. da zählt nicht der feind (islam)meines feindes (westen) ist mein freund der radikale islam ist auch der gegner jedes fortschrittlich denkenden menschen.... ihr müst bloss sehen wie in islamistisch dominierten ländern mit linken umgegangen wird.......... islamisten verabscheuen punks homosexuelle quere..........

  • Da die Moschee ein Hassvideo verbreitet hat, finde ich es richtig, sie zu schließen.



    Man würde sicherlich auch eine Kirche schließen, in der das der Fall ist.

  • Was ist an der Schließung martialisch, wenn von einer Moschee ein Hassvideo verbreitet wird, das tödliche Konsequenzen hat? Pragmatisches, an der Realität orientiertes Vorgehen.

    • @resto:

      Natürlich haben Sie Recht.

      Aber das Wort pragmatisch ist ein rotes Tuch für Menschen, die sich gern in endloser Gesellschaftskritik verlieren.







      Irgendwo muss ja angesetzt werden.

  • Ich denke, dass das Schließen einer Moschee die Probleme in Frankreich mit dem Islamismus alleine nicht lösen kann. Zu lange wurde quasi zugeschaut, wie sich in Frankreich eine radikal islamistisch orientierte Parallelgesellschaft entwickelte, die alle Grundsätze von Liberté, Egalité und Fraternité infrage stellt. Auch deshalb, weil diese Grundsätze offensichtlich für Franzosen aus den ehemaligen nordafrikanischen Kolonialgebieten nicht wirklich gelten.



    Hartes Vorgehen gegen Islamisten ist eine Sache. Da wurde zu lange tatenlos zugeschaut. Die andere Sache ist eine Frage der Gleichberechtigung und Chancengleichheit. Da erwarte ich von Macron keine Lösungen. Die Spaltung der europäischen Gesellschaften in arm und reich wird weiter fortschreiten. Und alle Merkmale einer liberalen Gesellschaft sind für religiöse gewaltbereite Fanatiker unerträglich.

    • @Rolf B.:

      merken Sie denn gar nicht dass die liberalen die für die immer weiter fortschreitende " Spaltung der europäischen Gesellschaften in arm und reich " verantwortlich sind-und die liberalen die den schrankenlosen missbrauch der meinungsfreiheit zur verletzung religiöser gefühle "befürworten ein und dieselben liberalen sind.



      es geht diesen feinden der gleichheit der menschen darum einen irrationalen völlig sinnlosen interkultutellen konflikt zu schüren um die vielen globalisierungs und modernisierungsverlierer*innen so vom antikapitalistischen klassenkampf gegen die kapitalist*innen und den kapitalismus abzulenken.

      • @satgurupseudologos:

        " die den schrankenlosen missbrauch der meinungsfreiheit zur verletzung religiöser gefühle "befürworten ein und dieselben liberalen sind."



        Und wer definiert denn, was noch Islamkritik ist und was "Missbrauch der Meinungsfreiheit"? Ich finde Ihre Bezeichnung "Missbrauch der Meinungsfreiheit" grundsätzlich grenzwertig, denn meiner Meinung nach kann man Meinungsfreiheit gar nicht missbrauchen, aber immer gegen eine andere Meinung argumentieren.

        • @Stefan L.:

          Sie sagen beziehungweise schreiben :

          "meiner Meinung nach kann man Meinungsfreiheit gar nicht missbrauchen"

          meinen Sie das wirklich? denken Sie bitte noch einmal darüber nach!

          und werfen Sie bitte mal einen blick über den atlantik und auf einen staat in dem die meinungsfreiheit fast absolut ist! und in dem fast jede*r beliebige fast jede beliebige meinung unbewaffnet oder auch bewaffnet zu jederzeit fast nach belieben kund tun kann .







          oder gehen Sie auf eine internetseite amerikanischer neonazis und hören Sie sich die reden des berühmtesten politikers der deutschen geschichte an-die dort frei verfügbar sind:

          hat der nun seine meinungsfreiheit missbraucht oder hat er es nicht-weil man diese Ihrer meinung nach ja gar nicht missbrauchen kann?

          unter vernünftigen menschen kann man seine meinungsfreiheit in der tat nicht missbrauchen.aber gibt es denn nur solche?oder sind diese wenigstens immer und überall in der mehrheit ?

          auch Ihre annahme man könne gegen jede andere meinung argumentieren ist illusionär-insbesondere dann wenn man auch die pressefreiheit als einen teil der meinungsfreiheit betrachtet.



          welche möglichkeit hatten die tutsi gegen die meinung zu argumentieren die die regierung von ruanda mit dem radio über sie verbreiten liess

          glauben Sie der erfahrung:!die meinungsfreiheit kann missbraucht werden

        • @Stefan L.:

          Danke für die gute Stellungnahme.



          Ich war und bin doch ziemlich sprachlos, wenn im Zusammenhang mit berechtigter Kritik von "Missbrauch der Meinungsfreiheit" gesprochen wird.

  • Die martialische Reaktion der französischen Regierung macht mir eher ein mulmiges Gefühl. Richtet sie sich doch eher an die RN-Wähler*innen als dass sie das wirkliche Problem angehen würde (letzteres wird sie vermutlich eher verstärken).

    Nicht, dass es hierzulande ein Deut besser wäre!

    • @tomás zerolo:

      "Nicht, dass es hierzulande ein Deut besser wäre!"

      wenn Ich den hellen wahnsinn betrachte mit dem Emmanuel Macron frankreich durch die nunmehr auch noch staatlich forcierte verbreitung rassistischer islamophober karikaturen einen irrationalen interkulturellen konflikt aufzwingt -von dem letzlich nur Marine le Pen s rechtspopulistische partei profitieren kann und wird-denke Ich manchmal dass die von mir oft hart kritisierte brd in dieser hinsicht vielleicht doch wenigstens einen "schland "besser ist.

      der mässigende einfluss der staatnahen kirchen -die mit der diskriminierung von muslimen nicht einverstanden sind verhindert in deutschland möglicherweise das schlimmste

      wenn ein*e karikaturist*in die religiösen gefühle der gläubigen irgendeiner religion beleidigt hat-ist es die aufgabe eine*r präsident*in dies öffentlich zu missbilligen und sich zu entschuldigen um den schaden zu begrenzen

      gleichzeitig muss der rechtstaat aber selbtverständlich für die sicherheit der spötter*innen sorgen.

      viele fromme französische katholiken und ihre priester sind über die total verkehrte religionspolitik von Emmanuel Macron empört.

      er sollte beherzigen was papst Franciscus über die pflicht zum respekt vor anderen religionen gesagt und geschrieben hat

    • @tomás zerolo:

      Islamistischer Terror ist demnach kein "wirkliches Problem"?

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Was ist denn das wirkliche Problem?

      Armut und dadurch eine geringere Bildung? Für die aktuell lebende Generation >18 Jahre ist dieser Zug leider abgefahren. Was Hänschen nicht lernt..

      Und bitte verwechseln sie nicht Religionsfreiheit (wie bei uns) mit Freiheit von Religion (wie bei den Franzosen - Laizismus). Religiöse Einrichtungen die Gewalt schüren sind untragbar und gehören geschlossen. Ich sehe da kein Problem. Es gibt kein Recht auf die Verbreitung von Hass.

    • @tomás zerolo:

      Das Ganze wird so sicher in Anschlägen gegen Moslems münden, wie auf den Tag die Nacht folgt. Absolut vorhersehbar und sollte Anlaß für viele Leute zur Selbstreflexion geben. Wenn es dann passiert ist, wird man so tun, als hätte man es nicht besser gewusst.

      • @Hampelstielz:

        Heißt das, man soll die Islamisten nicht bekämpfen, weil das die Rechten auf den Plan ruft und die dann anfangen Muslime zu enthaupten?

        • @Jim Hawkins:

          Nein, das heißt, dass man sich gleichzeitig gegen die Faschisten jeglicher Colleur richtet und nicht auf einer einzigen Demo mitläuft, die von Faschisten mitgetragen wird. Dass man kein einziges Lied, keine Trauerfeier anstimmt und sich nicht mit den Faschisten gemein macht. Letzthin heißt es genau das, was du z.B. stets bei der Solidarität mit der Situation von Palästinensern forderst.

    • @tomás zerolo:

      Was ist das wirkliche Problem?