Nach Kritik an Coronamythen im Fenster: Rechter Bioladen löscht Demeterlogo
Auf Druck des Anbauverbands verschwindet dessen Marke aus dem Schaufenster des Bamberger Geschäfts. Die Zettel mit Corona-Verschwörungsmythen bleiben.
Die taz hatte am 2. Juni berichtet, dass ein Passant Demeter am 8. Mai über die Aushänge zu Corona informiert hatte. Erst nach einer Nachfrage und zwei Wochen später distanzierte sich der Ökoanbauverband von den Aussagen, kündigte aber keine praktischen Konsequenzen an – auch auf mehrmaliges Insistieren hin nicht. Nachdem schließlich die taz Demeter um eine Stellungnahme gebeten hatte, teilte er mit, dass er gegen diese „unrechtmäßige Nutzung der Marke Demeter“ vorgehe. Das Geschäft habe bereits 2009 seinen Vertrag mit dem Verband gekündigt und dürfe seitdem nicht mehr das Markenbild im Schaufenster benutzen, ergänzte Demeter nun. Als Laden mit 100-Prozent-Biosortiment könne der Laden aber weiter Demeter-Produkte verkaufen.
Auf den Aushängen hieß es, Corona sei „eine Inszenierung“ und: „Zwangsimpfen? Chips in alle Menschen? Gib GATES keine Chance. Sagt NEIN! Die 99 % Bewegung.“ Diese Bewegung verbreitet auf ihrer Facebook-Seite Warnungen vor „Chemtrails“, also davor, dass die Kondensstreifen von Flugzeugen in Wirklichkeit Spuren von Chemikalien seien, die die Menschen vergiften sollen. Die „reichsten 2.300 Multimilliardäre und ihre Marionetten in Politik, Wirtschaft, Medien und Showgeschäft“ wollten eine Coronakrise inszenieren. So soll der Facebook-Seite zufolge eine „Neue Weltordnung“ (NWO) errichtet werden, um heimlich ein Regime zu installieren, das die Bevölkerung unterdrückt.
Der Ladeninhaber hat auf seiner persönlichen Facebook-Seite auch rechtsradikale Inhalte verbreitet, worauf nun der anonyme Twitter-Account „4lert4“ hinwies. Die taz bestätigte, dass der Biohändler zum Beispiel einen Artikel mit der Überschrift „Und täglich geht ein Messer auf“ verbreitete, der Angst vor Gewalt durch Flüchtlinge schürt. Er verwies per Link auch auf eine Internetseite von „Reichsbürgern“, die die Existenz der Bundesrepublik bestreiten. Ebenso war von der „Klimalüge“ die Rede: Es gebe keinen durch Menschen verursachten Klimawandel.
Agrardemo distanziert sich von „Rapunzel“
Demeter teilte der taz dazu mit: „Wäre der Laden noch Mitglied bei uns, würden wir ihn aufgrund seiner rechtsradikalen Äußerungen ausschließen.“ Denn die Satzung des Vereins lege fest, dass sich Demeter gegen jede Form des Extremismus und der Menschenverachtung wende.
Mit „coronaskeptischen“ Äußerungen hat auch Joseph Wilhelm, der Chef der Biohersteller Rapunzel und Zwergenwiese, Aufsehen erregt (taz vom 18. 5. 2020). Die Veranstalter der „Wir haben es satt!“-Demonstration für eine ökologische Agrarwende erklärten nun, dass sie die Veranstaltung nicht mehr von Wilhelms Unternehmen fördern lassen wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz