Nach Amoklauf in München: Möglicher Mitwisser festgenommen
Der Amokläufer von München soll vor der Tat Mitschülern mit dem Tod gedroht haben. Die Polizei ermittelt nun gegen einen 16-jährigen Freund des Täters.
Der 16-Jährige hatte sich bereits am Freitag unmittelbar nach dem Amoklauf mit neun Todesopfern bei der Polizei gemeldet, weil er den Täter kannte, der sich am Ende selbst erschoss. „Er wurde in Bezug auf seine Beziehung zum Täter vernommen“, teilte die Polizei mit. Die Ermittlungen hätten am Sonntag jedoch Widersprüche in seinen Aussagen aufgedeckt. Gegen ihn soll Haftbefehl beantragt werden.
Die Ermittler prüfen, ob der Jugendliche auch für einen Facebook- Aufruf zu einem Treffen am Sonntag in einem Kino in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs verantwortlich ist. Dieser Aufruf hatte ein ähnliches Muster wie der Facebook-Aufruf des 18-jährigen Amokläufers, der über das soziale Netzwerk eine Einladung in ein Schnellrestaurant verschickt hatte, wo er dann den Amoklauf startete. Bei der Überprüfung des Kinos ergaben sich am Sonntag keine Auffälligkeiten.
Der Amoklauf hatte am Freitagabend ganz München in Angst und Schrecken versetzt. Der 18-jährige Täter schoss in und vor einem Einkaufszentrum sowie in einem Schnellrestaurant um sich, tötete neun Menschen – überwiegend Jugendliche – und schließlich sich selbst. Drei Menschen sind noch in Lebensgefahr. Insgesamt gab es laut Landeskriminalamt 35 Verletzte.
Täter soll gemobbt worden sein
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezweifelte, dass man das Vorhaben des Amokläufers von München früher hätte erkennen können. Die Ärzte, die den jungen Mann vorher wegen einer psychischen Erkrankung behandelt haben, hätten eher eine Suizidgefahr gesehen, sagte Herrmann am Sonntagabend in der ARD-Sendung „hart aber fair“. „Keiner hat gesagt, dass sie die Gefahr gesehen haben, dass er aggressiv gegenüber anderen Menschen werden könnte.“
Die Reporterin der Süddeutschen Zeitung, Annette Ramelsberger, sagte dagegen, sie habe mit Mitschülerinnen des Amokläufers gesprochen, die von Drohungen des jungen Mannes berichtet hätten. Er habe gedroht, sie alle umzubringen oder ein Attentat zu verüben, berichtete die Journalistin in der Sendung.
Nach bisherigem Stand der Ermittlungen gibt es unter den Opfern keine Mitschüler des Täters. Der 18-Jährige war nach Angaben der Ermittler nach Abschluss einer Mittelschule zuletzt auf einer Fachoberschule. Er soll im Jahr 2012 von Mitschülern gemobbt worden sein.
Innenminister Thomas de Maizière warnte davor, Fehlinformationen über soziale Netzwerke zu verbreiten. „Zahlreiche Meldungen über weitere Schießereien in München haben sich als falsch herausgestellt und haben die Polizei in erheblichem Umfang beschäftigt“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Ich kann hier nur zur Besonnenheit aufrufen.“ Der Minister verwies auf das deutsche Strafrecht, das den Missbrauch von Notrufen und die Behinderung von Rettungsmaßnahmen unter Strafe stellt.
In der Passauer Neuen Presse sagte de Maizière, er beobachte eine „Tendenz zur Verrohung“. „Das fängt mit der Sprache an, vor allem in Sozialen Netzwerken und in Foren, wo – häufig unter dem Deckmantel der Anonymität – keine Hemmungen zu bestehen scheinen und häufig ein hasserfüllter Ton an der Tagesordnung ist.“ Er mache sich Sorgen, dass sich solche Worte nach und nach auch in Taten niederschlagen.
Skepsis gegen Bundeswehreinsatz im Innern
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius wies die Forderung aus Bayern nach einem Einsatz der Bundeswehr im Innern in Fällen extremer Bedrohung zurück. „Solche Diskussionen ärgern mich geradezu“, sagte der SPD-Politiker der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Wenn Herrmann nach dem Amoklauf in München und der Bluttat in Würzburg einen solchen Einsatz fordere, dann frage er sich: „Was soll das?“
Die Polizei sei sehr wohl in der Lage gewesen, die Situation zu meistern. „Aber will Bayern künftig Kampftruppen einsetzen?“, fragte Pistorius. „Und gegen wen?“ Er empfahl, Grundsätze des Grundgesetzes nicht leichtfertig über Bord zu werfen. „Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren in solchen Situationen ist nicht vorgesehen. Und so sollte es auch bleiben.“
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