NSU-Terror in Deutschland: Immer schussbereit

Banküberfälle sicherten dem NSU das Leben im Untergrund. Wo Teile der Beute abgeblieben sind, ist bis heute noch unklar.

Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos bei einem Bankraub 2011 in Arnstadt. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Keine elf Monate waren Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt untergetaucht, da stürmten im Dezember 1998 die beiden Männer in einen Edeka-Markt in Chemnitz. Mit geladener Waffe bedrohten sie eine Kassiererin. Die händigte die Tageseinnahmen aus: rund 30.000 DM.

Es war der erste Überfall, die erste Gewalttat des NSU im Untergrund. 14 weitere Überfälle sollten folgen, allesamt in Ostdeutschland. Allein in Chemnitz schlugen sie sechsmal zu, in Stralsund zweimal. 609.000 Euro erbeuteten Mundlos und Böhnhardt dabei. Das Geld sicherte dem Trio das Leben im Untergrund.

Anfangs noch finanzierten sich die drei über Spenden aus der rechtsextremen Szene. Auch über den Verkauf einer Art selbstgestalteten Monopoly-Spiels, „Pogromly“, versuchte das Trio an Geld zu gelangen. Bahnhöfe trugen hier KZ-Namen, Ziel war es, Städte „judenfrei“ zu machen. Allein: Das Spiel verkaufte sich nur 25-mal.

Die Szene-Unterstützung versprach „auf Dauer keine ausreichende Einnahmequelle“, notiert die Anklage. Zudem sei der „Mitwisserkreis“ zu groß gewesen. Deshalb setzte die Gruppe alsbald auf die Überfälle, in die wohl nur noch wenige eingeweiht waren.

Wo sind die 155.000 Euro?

Die Raubzüge seien, ebenso wie die NSU-Morde, „gründlich“ geplant gewesen, so die Ermittler. Mögliche Filialen wurden auf Karten markiert, von Innenräumen Skizzen angelegt. Vor Ort seien Böhnhardt und Mundlos stets „gewaltbereit, hektisch und aggressiv“ vorgegangen. Es sei immer auch einbezogen worden, von den geladenen Waffen „Gebrauch zu machen“. So schossen sie gleich bei ihrem ersten Überfall auf einen 16-Jährigen, der sie nach dem Raub verfolgte.

Zschäpe wirft die Anklage vor, in die Überfallpläne eingeweiht gewesen zu sein und diese mitgetragen zu haben. Am Dienstag stellte sie zudem der Filialleiter der überfallenen Sparkasse in Eisenach unter Verdacht: Zwei Wochen vor dem Raub sei eine Frau mit zwei Männern in seiner Bank gewesen, die sich auffällig verhalten habe. Womöglich, so der Mann, könne dies Zschäpe gewesen sein.

Laut Anklage war es auch Zschäpe, die das erbeutete Geld später verwaltete. Sie soll für Pässe und Führerscheine bezahlt haben, die Helfer dem Trio überließen. An den Unterstützer und Mitangeklagten Holger G. soll sie 3.000 DM zurückgezahlt haben, die dieser den Abgetauchten zuvor geliehen hatte. Auch Urlaubsausgaben habe sie getätigt.

Laut Spiegel geht das BKA davon aus, dass das Trio von 1998 bis 2011 über rund 617.000 Euro verfügte. Die Ausgaben beziffern die Ermittler auf 347.000 Euro – für Mieten, Lebenshaltungskosten, Bahncards oder Mountainbikes. Nachdem die Gruppe aufflog, stellte die Polizei 114.000 Euro sicher. Damit fehlen noch rund 155.000 Euro. Einzelne rechte Projekte sollen Geld vom NSU erhalten haben. Unklar bleibt, wofür der Rest ausgegeben wurde – oder wo er noch schlummert.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

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■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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