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NPD auf der Schwäbischen AlbLieber Flüchtlinge als Nazis

Die NPD ruft zum Protest gegen ein geplantes Flüchtlingsheim in Meßstetten auf. Doch die Kleinstadt spielt nicht mit.

Ein Polizist vor dem Podium auf der Bürgerversammlung. Bild: dpa

MESSSTETTEN taz | Es war ein enttäuschender Abend für die NPD in Meßstetten auf der Schwäbischen Alb. Und das, obwohl den Rechtsextremen das Thema Flüchtlinge sonst so gute Dienste leistet – um zu polemisieren und Ängste zu schüren, vor „denen“.

In dem kleinen Städtchen mit der großen Zollernalb-Kaserne will das Land Baden-Württemberg eine Landeserstaufnahmestelle (LEA) für 1.000 Flüchtlinge einrichten. Vor wenigen Tagen wurden die Pläne bekannt, im Herbst sollen die ersten Bewohner schon einziehen. Im Internet formierte sich schnell Widerstand, eine Facebook-Gruppe „Kein Asylbewerberheim in Meßstetten“ hat innerhalb von fünf Tagen 1.800 Likes gesammelt und rühmt sich dessen: „Der Wille der Bevölkerung dürfte hier klar und deutlich sein. Wir sind das Volk!“

Um Gerüchte in der Stadt zu kontern, organisierte Bürgermeister Lothar Mennig (Freie Wähler) hastig eine Informationsveranstaltung in der Gemeindehalle. Auch er selbst hatte erst am 17. Juli von den Plänen des Landes erfahren.

Um das Vorhaben zu erklären, ist auch Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) persönlich angereist. Die Suche nach einer zweiten LEA genießt in der Landesregierung oberste Priorität. Sogar Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) unterbrach seine Ferien und bat Bürgermeister Mennig sowie den Landrat des Zollernalbkreises bei einem persönlichen Treffen um Unterstützung.

Rechte bei Wahlen bedeutungslos

In Meßstetten hatte sich die Situation vor der Versammlung zugespitzt: Der NPD-Landesverband kündigte per Pressemitteilung seine Teilnahme an der Bürgerversammlung an. „Rechte Deutsche werden von ihrem grundgesetzlich gewährleisteten Meinungsäußerungs-, Versammlungs- und Informationsrecht umfassenden Gebrauch machen“, hieß es darin. Die Gemeinde könne nicht auf ein „Heimspiel vor einer willigen Kopfnicker-Zuhörerschaft“ hoffen.

Die Lokalpresse berichtete darüber, ein großes Polizeiaufgebot wurde bestellt. Und in Meßstetten machte sich Unbehagen breit. Denn bei Wahlen spielen die NPD oder die „Republikaner“ hier keine Rolle, einen rechten Zirkel gebe es in der Gemeinde nicht, versichern Bürger. Gerade deshalb sind viele Meßstetter gekommen, um sich gegen die Instrumentalisierung zu wehren.

„Pflicht zur Aufnahme“

„Negative Meinungen sind nicht repräsentativ für unsere Stadt, sondern werden von außen hereingetragen“, versichert Bürgermeister Mennig auf dem Podium. Fragerecht bekommen nur Bürger aus Meßstetten und umliegenden Dörfern. Wer am Mikrofon Gehässigkeiten über Ausländer loswerden will, wird ausgebuht. „Die Selbsthygiene im Saal hat gut funktioniert“, sagt Mennig. Die Kleinstadt rückt zusammen – nicht gegen die Bedrohung durch Fremde, sondern gegen die Meinungsmache von rechts.

Noch vor dem Winter soll die leerstehende Kaserne als Landeserstaufnahmestelle wieder in Betrieb genommen werden. Die Kaserne war bis Juni militärisch genutzt und ist deshalb noch in gutem Zustand. Zwar hatte die Stadt auf eine wirtschaftliche Nutzung des Geländes gehofft. „Aber wenn die Leute hochtraumatisiert nach Deutschland kommen, sind wir in der Pflicht, sie aufzunehmen“, sagt eine 65-jährige Meßstetterin.

Nicht zum ersten Mal kommen 1.000 Flüchtlinge in die Kleinstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden schon einmal so viele Heimatvertriebene in einer eigens gebauten Siedlung aufgenommen. „Das war ein entscheidender Impuls zur Entwicklung der kleinen Albgemeinde zur Stadt“, sagt der Leiter der städtischen Verwaltung, Johannes Ritter. „Das hat Meßstetten damals gutgetan.“

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13 Kommentare

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  • Ein Hoch auf die Schwäbische Alb! Es war nicht immer so. Freut mich persönlich aber sehr.

    Und ich finde auch die Umwidmung der Kaserne in ein Flüchtlingsheim ein gutes Zeichen.

    Das hatten wir schon mal:

    In den Neunzigern ist die Freie Waldorfschule Engstingen in der ehemaligen Kaserne bis zum Schulhausneubau untergekommen.

    "Schwerter zu Pflugscharen"!

    In Greifswald an der Kirch St. Nicolai ist das bis heute nicht vergessen: https://picasaweb.google.com/lh/photo/XX9WdAzTf7g9ziBXnPfdh9MTjNZETYmyPJy0liipFm0?feat=directlink

  • das war als antwort auf John Farson gemeint, warum es nicht als Antwort erscheint? keine ahnung...

  • Rechnerisch quatsch. Milchmädchenrechnungen wie diese sind Poulismus pur. 1000 Menschen, 1000 Euro, 1 Million Euro, AUA AUA AUA! So weint jeder Deutsche der sich nicht mit der Realität befassen will. Wenden Sie sich mit ihrer Kritik lieber an an die Gemeinden in D, die ihre Gelder für puren Unsinn verprassen, engagieren Sie sich in der Steuergeldverwendung undsoweiter. Geld und Nahrung haben wir für Flüchtlinge, ohne weitere Probleme. Also bitte, nicht immer dieselben unangebrachten Floskeln à la: das ist unser Geld was DIE bekommen!

    Kann man nur hoffen, das die So-Denker nie selbst in die Lage kommen flüchten zu müssen. Oder vielleicht gerade doch....?

  • Ein HOCH auf Meßstetten!

  • Klingt hervorragend. Bei so viel Zuneigung: warum da aufhören? Hamburg weiß nicht wohin mit Neuankömmlingen, da bietet sich doch dieses paradiesische Städtchen für weitere 3000 an. Der Weg von Italien aus wäre auch nicht so weit.

  • Erst mal ein durchaus positives Zeichen gegen RECHTS!! Dennoch: es könnte so viel mehr getan werden für Flüchtlinge, die nicht gekommen sind, weil Deutschland so schön ist, sondern weil ihnen gar keine andere Wahl geblieben ist. Diese armen Menschen müßten für meine Begriffe in der Kommune aufgenommen werden von ihnen wohlgesonnenen Menschen, die ihnen vor Ort Wärme + Solidarität entgegenbringen, wie sie es selbst auch getan hätten.

    Viele wissen es vielleicht selbst aus eigener Erfahrung:

    die sprichwörtliche Gastfreundschaft ist berühmt! Kommt man beispielsweise als Gast in ein x-beliebiges arabisches oder türkisches Haus, erhält man volle Aufmerksamkeit der gesamten Familie. Man stört niemals und wird absolut wie ein König behandelt!

    • @MOTZARELLA:

      Ja, die Herzlichkeit und menschliche Wärme muss uns Deutschen erst wieder beigebracht werden. Da kann man von Glück reden, daß die Flüchtlinge zu uns kommen und uns diese Menschlichkeit vorleben.

  • "Warum isoliert Grünrot BaWü Flüchtlinge im Wald, statt sie in den Kommunen selbst aufzunehmen?"

     

    Klar, warum bauen wir nicht gleich ein paar Mehrfamilienhäuser, wo sie einziehen können.

     

    Sie sind sich hoffentlich darüber im Klaren, dass das alles auch Geld kostet. 1,000 Flüchtlinge sind schon eine Hausnummer, auch auf die Kosten bezogen. Und die übernimmt nicht das Land oder der Bund, die Kommunen selbst müssen zusehen, wie sie damit zurechtkommen.

  • Schön!

  • Warum isoliert Grünrot BaWü Flüchtlinge im Wald, statt sie in den Kommunen selbst aufzunehmen?

     

    Meteorologisch ist dieses Lager der kälteste Ort des Landes. In "Stetten am kalten Markt" soll einst ein Hahn erfroren sein...

     

    Die Flüchtlinge werden weitab der Wohnbevölkerung kaserniert. Anwälte und Beratungsstellen vor Ort fehlen. Der Truppenübungsplatz diente auch als KZ:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Lager_Heuberg

     

    Der Landrat lobte die Isolation: "...die ärztliche Versorgung der Flüchtlinge [sei] über eine eigene Krankenstation in der Zollernalbkaserne, die rund um die Uhr besetzt werde, gesichert ... – mit einer Krankenschwester. ... Ziel sei, diese Versorgung mit möglichst eigenem Personal in der LEA zu schaffen, ohne die medizinische Infrastruktur im Landkreis über Gebühr zu strapazieren. ... Die Sorgen des Heinstetter Feuerwehrkommandanten Jürgen Marienfeld nahm Hammann mit dem Hinweis, dass es in der LEA ein Rauchverbot gebe und die Menschen nicht selbst kochten."

    http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.messstetten-integrationsministerin-bilkay-oeney-wirbt-um-neue-fluechtlings-stelle.3826050a-9302-436f-9f78-bb66c2afbd16.html

     

    Nebenan ist Krieg: "Der Platz verfügt über mehrere Infanterie- und Panzerfaustschießbahnen sowie Schießbahnen für Maschinenwaffen... Weiterhin befindet sich dort ein großflächig angelegter Sprengplatz... Des Weiteren ist auf dem Heuberg auch das Ausbildungszentrum Brand- und Katastrophenschutz ... Dies beinhaltet Einrichtungen, in denen Brände von Zimmergröße bis zum Großbrand dargestellt werden können. "

    http://www.kommando.streitkraeftebasis.de/portal/a/kdoskb/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK94uyk-OyUfL2S1KKixNK0dL2SotLUpIIcvYzU0qTUonT9gmxHRQCiF9SY/

     

    Bilder:

    https://www.google.de/search?q=Truppenübungsplatz+Heuberg&client=safari&rls=en&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=3wD1U5T0C8Kj4gTcloGwBg&ved=0CDQQsAQ&biw=1124&bih=766

    • @stadtlandmensch:

      Wieso sagen sie nicht gleich, daß Sie die Vertriebenen/Verfolgten nicht möchten???

      • @onesimus:

        Das ist der übliche Reflex, den Sie hier zeigen! STADTLANDMENSCH hat doch bedenkenswerte Einwände dargestellt, ohne die Flüchtlinge zu diskreditieren. Gerade traumatisierte Menschen und die Kinder permanentem Geschosslärm auszusetzen, ist in meinen Augen wahnwitzig! Das ist, trotz des guten Willens der Meßstettener, kontraproduktiv und völlig inakzeptabel!

        Diese Haltung ist eben keinesfalls mit den ausländerfeindlichen Parolen der NPD zu verwechseln!

        • @Falmine:

          Als jemand, der in Meßstedten seine Grundausbildung genossen hat, kann ich Ihnen versichern, dass man absolut nichts vom Truppenübungsplatz wahrnimmt.