NASA sagt Außeneinsatz ab: Nichts zum Anziehen
Zum ersten Mal sollten ausschließlich Frauen einen Spacewalk an der Internationalen Raumstation bestreiten. Doch es scheitert an der Kleidung.
W as Frauen anziehen, interessiert alle ständig brennend. Man(n) kann jegliche Kleiderwahl der Damen sehr gut kommentieren. Ist der Bikini zu knapp, ist die Frau zu billig, trägt sie Hidschab, wird sie bestimmt unterdrückt und wenn ihr egal ist, was sie anzieht, dann ist vermutlich sowieso alles verloren.
Zum Glück gibt es einen Bereich, wo diese Überlegungen keine Rolle spielen: Berufskleidung. In Berufskleidung sind wir alle gleich – oder zumindest gleich angezogen. Vom minzgrünen OP-Zweiteiler bis zur leuchtenden Warnlatzhose wird die Diskussion über das „richtige“ Outfit hinfällig. Und das gilt auch für Raumanzüge – eigentlich.
Da gibt es aber leider ein Problem. Am 29. März sollte der erste ausschließlich von Astronautinnen bestrittene Außeneinsatz an der Internationalen Raumstation (ISS) stattfinden.
Dieser historisch große Schritt für die Menschheit musste nun aber verschoben werden, denn: Es gibt nicht genug passende Raumanzüge. So teilte die US-Raumfahrtbehörde NASA am Dienstag mit, dass die Astronautinnen Anne McClain und Christina Koch für einen sicheren Einsatz beide ein Oberteil der Größe M benötigten. McClain habe erst bei einem Einsatz vergangene Woche festgestellt, dass ihr diese Größe am besten passe. Leider kann laut NASA bis zum kommenden Freitag aber nur ein Anzug in dieser Größe bereitgestellt werden. In der Konsequenz wird Koch nun gemeinsam mit einem männlichen Kollegen den Spacewalk antreten.
Eine feministisch durchaus bedeutende Mission im Weltall wird also abgesagt, weil die Frauen, tja, nichts passendes zum Anziehen haben – beziehungsweise nicht genug davon. Und das liegt nicht an irgendwelchen sogenannten Befindlichkeiten, es ist kein lapidarer „Outfit of the day“-Fail, der sich darauf gründet, dass wir uns nicht sicher sind, ob wir uns heute eher nach Kapuzen- oder Rollkragenpullover fühlen.
Berufskleidung muss zuallererst verfügbar sein und funktionieren. Das gilt ganz besonders auf der ISS. Ist sie das nicht, dann gibt es offenbar ein Planungsproblem. Und genau dieser Fakt macht die Sache so absurd – auch wenn der erste nur von Frauen durchgeführte Außeneinsatz im All bald nachgeholt werden wird.
Wir denken dauernd darüber nach, was Frauen wann und wie anziehen. Leider nicht dieses eine Mal, wenn es wirklich darauf angekommen wäre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben