piwik no script img

Mutmaßliche Polizeigewalt in MünchenKeine Aufklärung

Ein Polizeieinsatz bei einer Schwarzen Familie eskaliert, ein Sohn landet vor Gericht. Jetzt wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt.

Als Jabali die Tür vor den Be­am­t:in­nen schließen will, stemmt sich ein Polizist dagegen. Am Ende einer Auseinandersetzung wird Jabali auf dem Boden fixiert. Er, sein Bruder Noah und Vater Alexander tragen Handschellen, ein Polizist wird an der Schulter verletzt Foto: Imago

München taz | Die Erleichterung bei Familie Greiner* ist groß (alle Namen in diesem Text sind von der Redaktion geändert). Nachdem ein Polizeieinsatz im Münchner Wohnhaus der Familie eskalierte, stand der 20-jährige Sohn Jabali wegen Körperverletzung und Widerstand gegen drei Po­li­zei­be­am­t:in­nen vor Gericht. Zehn Monate nach dem Vorfall hat das zuständige Amtsgericht in München nun das Verfahren eingestellt. Es gebe keine „erhärteten“ Beweise für die Schuld des Angeklagten, sagte eine Sprecherin des Gerichts der taz.

„Eigentlich ist das schon so etwas wie ein kleiner Sieg“, sagt Alexander Greiner, Vater des Beschuldigten. Eigentlich, weil die Ereignisse im Oktober 2021 tiefes Misstrauen gegenüber der Polizei und psychische Folgen bei der Familie hinterlassen haben. Gerade deshalb hätte sie sich ein Gerichtsurteil gewünscht: „Es fühlt sich so an, als ob man versucht hätte, den Vorfall schnell unter den Teppich zu kehren“, sagt Jabali Greiner.

Wie die taz berichtete, hatte ein Polizist an besagtem Abend nach Dienstschluss laute Geräusche und Marihuana-Geruch aus dem Haus der Greiners wahrgenommen. Daraufhin kehrte er zur Wache zurück und kam mit zwei Kol­le­g:in­nen wieder. Was dann passierte, war Gegenstand der Gerichtsverhandlung. Hierbei sollte erwähnt werden: Die Kinder der Greiners sind Schwarz, Mutter Amina stammt aus Kenia.

Als Jabali die Tür vor den Be­am­t:in­nen schließen will, stemmt sich ein Polizist dagegen. Am Ende einer Auseinandersetzung wird Jabali auf dem Boden fixiert. Er, sein Bruder Noah und Vater Alexander tragen Handschellen, ein Polizist wird an der Schulter verletzt. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich auch die Mutter und die beiden kleineren Geschwister im Haus. Marihuana findet die Polizei auch nach dem Einsatz eines Drogenhundes nicht.

300 Euro Strafe wegen Beamtenbeleidigung

Für Dirk Asche, den Anwalt der Familie, kommt die Einstellung des Verfahrens nicht unerwartet: „Nach dem ersten Prozesstag war das nicht überraschend.“ Da hatte einer der Po­li­zis­t:in­nen vor Gericht auf die Frage, warum sie vor Betreten des Hauses nicht auf einen Durchsuchungsbeschluss gewartet hatten, geantwortet, sie hätten ihn seiner Erfahrung nach ohnehin nicht bekommen.

Zu dieser Äußerung passt auch die Auflage, mit der das Verfahren schließlich eingestellt wurde. Jabali Greiner muss wegen Beamtenbeleidigung 300 Euro an einen Münchner Verein der Drogen- und Suchtprävention zahlen. Die Begründung: Während der Hausdurchsuchung hatte er einen Beamten mit „Bro“ angesprochen.

Es ist nicht die erste negative Erfahrung mit der Polizei, die bei der Familie die Frage aufkommen lässt, ob ihre Hautfarbe damit zusammenhängt. Amina Greiner befürchtet, dass dies nicht der letzte Vorfall mit einem Rassismusbeigeschmack gewesen ist: „Es ist ein tagtäglicher Kampf. Für meine Kinder und für viele andere Schwarze Kinder da draußen.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Da freut man sich doch und ist beruhigt zufrieden in einem Rechtsstaat zu leben, wo man wie selbstverständlich für freche Worte belangt wird, die gefallen sind, nachdem 3 Zivilrambos rechtswidrig ins eigene Haus eingedrungen sind. Herrlich, alles so schön deutsch korrekt. :)

  • 300 Tacken für "Bro", "Bro" für die Welt.

    Mit Hans Söllner: Aba olle samme Wixa!

    www.youtube.com/watch?v=AFvymMniYdY

  • Krasse Geschichte.

    Und offensichtlich hatte das Gericht keine Ahnung davon, dass "Bro" eher ein Ehrentitel als eine Beleidigung ist.

    • @Jim Hawkins:

      Yes. Und wenn ein Richterlein keine Ahnung hat und auch nicht in der Lage ist, eine Suchmaschine zu benutzen, muss natürlich nach dem Grundsatz "im Zweifel gegen den Angeklagten" bei der Verfahrenseinstellung eine Geldauflage verhängt werden.

      Krass ist auch die Begründung des Polizisten, warum die Polizei nicht auf einen Durchsuchungsbeschluss gewartet hat. Nicht etwa wegen "Gefahr im Verzug", sondern deswegen, weil erwartet wurde, dass das Gericht keinen Durchsuchungsbeschluss erlassen werde. Auf den naheliegenden Gedanken, dass sie die Wohnung dann eben nicht durchsuchen dürfen, sind die Polizisten offenbar nicht gekommen. Was lernen die eigentlich in ihrer Ausbildung?

      • @Budzylein:

        "Was lernen die eigentlich in ihrer Ausbildung?"

        Da hört man so manches und wenig Gutes.

  • Bro ist Beamtenbeleidigung? Lächerlich.