Multiple Arbeitskämpfe im Verkehr: Nach dem Streik ist vor dem Streik

Bis Anfang März wird die GDL die Deutsche Bahn erstmal nicht mehr bestreiken. Dafür steht am Freitag ein Warnstreik von Verdi im ÖPNV an.

Streikposten mit Fahnen.

Hier wurde schon Mitte Januar gestreikt: Verdi-Streikposten vor dem Depot der Moselbahn in Bernkastel-Kues Foto: Thomas Frey/dpa

BERLIN taz | Nach dem vorzeitig beendeten Streik wird nun erstmal öffentliche Funkstille im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) herrschen. Das zumindest hat GDL-Chef Claus Weselsky angekündigt. Mit der Aufnahme der Verhandlungen Anfang kommender Woche „tauchen die beiden Verhandlungsparteien ab“ und würden bis zum Ende der Gespräche „keinerlei Informationen absetzen“, sagte Weselsky am Montag in Berlin.

Die vereinbarte strenge Vertraulichkeit ist Teil einer Verständigung, die die DB und die GDL am Samstag erreicht hatten. Danach wollen beide Seiten versuchen, bis zum 3. März einen Tarifabschluss zu erzielen. Bis dahin gilt eine Friedenspflicht, die GDL wird also in dieser Zeit nicht zu einem neuen Streik aufrufen. „Diese Pause tut beiden Seiten gut“, meinte Weselsky. Eine Verlängerung der Gespräche sei ebenso möglich wie das Hinzuziehen von zwei Moderator:innen, wenn dies von einer Seite gewünscht wird.

Um den Weg für die Aufnahme von Verhandlungen frei zu machen, hat die DB ihre Bereitschaft erklärt, über Modelle zur Arbeitszeitverkürzung für Schicht­ar­bei­te­r:in­nen zu verhandeln. Auch sei sie bereit, statt einer prozentualen Lohnerhöhung einen Festbetrag mit der GDL zu vereinbaren, wie diese es gefordert hatte.

Außerdem sagte sie zu, auch über einen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Netzinfrastruktur – etwa in den Stellwerken – zu sprechen, ohne allerdings der GDL zuzusagen, einen solchen Vertrag am Ende tatsächlich abzuschließen. Denn nach Auffassung der DB habe die GDL hier in keinem Bahn-Teilbetrieb eine Mehrheit, sondern vielmehr die konkurrierende EVG. Last but not least vereinbarte die DB mit der GDL die Auszahlung von 1.500 Euro im März als erste Tranche einer Inflationsausgleichsprämie, deren Gesamthöhe noch ausgehandelt werden muss.

„Wir sind sehr zuversichtlich, dass es dann auch am Ende zu einem Tarifabschluss kommen wird“, zeigte sich Bahn-Sprecherin Anja Bröker am Montag optimistisch. Auch Weselsky gab an, er sei „guter Dinge“. Die Verhandlungen würden aber anspruchsvoll.

Er verwies auf die Tarifabschlüsse mit einer Reihe kleinerer Eisenbahnunternehmen, die jedoch unter Vorbehalt einer Einigung mit der DB stehen. In diesen Abschlüssen wurde eine Erhöhung des monatlichen Grundgehalts in zwei Stufen um insgesamt 420 Euro sowie eine Verringerung der Wochenarbeitszeit für Schicht­ar­bei­te­r:in­nen in vier Stufen bis 2028 von 38 auf 35 Stunden ohne Lohnverlust vereinbart. „Wir werden alles tun, um in den Verhandlungen vergleichbare Ergebnisse zu erzielen“, sagte Weselsky. „Daher liegt die Latte hoch.“

Warnstreik im öffentlichen Personennahverkehr

Während bei der Deutschen Bahn erst einmal Streikpause ist, werden als Nächstes aber die Busse, Straßen- und U-Bahnen des öffentlichen Personennahverkehrs stillstehen. Für diesen Freitag ruft die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zu einem bundesweiten Warnstreik auf. Da die bisherigen Tarifverhandlungen ohne Ergebnis geblieben sind, sei „jetzt der Zeitpunkt gekommen, um mehr Druck auf die Arbeitgeber zu machen“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzenden Christine Behle am Montag in Berlin.

„Wir haben einen dramatischen Mangel an Arbeitskräften im ÖPNV und einen unglaublichen Druck auf die Beschäftigten“, so Behle. Bislang seien die Arbeitgeber jedoch nicht bereit, den Beschäftigten entgegenzukommen. „Die Antwort unsererseits ist, dass wir jetzt zu einem ganztägigen Streik aufrufen“, sagte sie. Nur in Bayern werde nicht gestreikt, weil es dort noch einen laufenden Tarifvertrag gibt

In den restlichen Bundesländern verhandelt die Gewerkschaft derzeit parallel mit den kommunalen Arbeitgeberverbänden über neue Tarifverträge für die Beschäftigten im ÖPNV. Von der Tarifrunde sind laut Verdi mehr als 130 kommunale Unternehmen in den Städten und Landkreisen sowie insgesamt 90.000 Beschäftigte betroffen. Bei der ersten Verhandlungsrunde vergangene Woche kam in keiner Region eine Lösung zustande.

Die Tarifverträge unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland an vielen Stellen und in jedem Tarifbereich gibt es eigenständige Forderungen, die jedoch in den Kernforderungen übereinstimmen. In den meisten Ländern geht es um die sogenannten Manteltarifverträge, in denen vor allem die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten geregelt werden.

So fordert Verdi unter anderem in mehreren Bundesländern eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit, eine Erhöhung des Urlaubsanspruches, zusätzliche Entlastungstage für Schicht- und Nachtarbeit sowie Begrenzung geteilter Dienste und unbezahlter Zeiten im Fahrdienst. In Brandenburg, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden außerdem auch die Löhne und Gehälter der Beschäftigten verhandelt.

Unterstützt wird der Warnstreik von 60 lokalen Gruppen der Fridays for Future. „Wir alle brauchen einen verlässlichen Nahverkehr, mit dem wir sicher und günstig zur Arbeit, in den Club oder nach Hause kommen“, sagte deren Sprecherin Darya Sotoodeh. „Obwohl die Beschäftigten im Nahverkehr uns täglich dorthin bringen, gehen die Kürzungen von Scholz, Habeck und Lindner auf ihre Kosten: Sie haben immer weniger Pausen, werden aufgrund der hohen Belastung immer öfter krank und nicht wenige verlassen deswegen ihren Job.“ Das müsse sich jetzt ändern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.