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Moskauer MuseumsdirektorinPuschkin-Museum kündigt Leiterin

Das berühmte Museum in Moskau trennt sich von Jelisaweta Lichatschowa. An ihre Stelle tritt Olga Galaktionowa, die als „absolut systemtreu“ gilt.

Jelisaweta Lichatschowa bei der Eröffnung einer Ausstellung im Puschkin-Museum im Jahr 2023 Foto: imago

Moskau taz | Jelisaweta Lichatschowa kam gerade aus ihren Neujahrsferien, als sie ihre Kündigung erhielt. Die Vorwürfe des Kulturministeriums gegen die Leiterin des Moskauer Puschkin-Museums: Sie habe sich zu wenig für die Belange des Museums eingesetzt, sei zu viel auf Dienstreisen gewesen und neige zu provokativen Aussagen.

„Im Museum ist nichts Positives passiert“, hieß es aus dem Ministerium. Dennoch stellte sich Lichatschowa vor den berühmten Nachbau der David-Statue von Michelangelo im Museum hin und dankte in einem Video dem Kulturministerium „für alles“. Warum sie nach nicht einmal zwei Jahren geschasst wurde und was aus ihr werde, dazu sagte die 46-Jährige nichts.

Be­ob­ach­te­r*in­nen in Moskau sehen vor allem politische Gründe für die Kündigung. Lichatschowa ist nicht die erste Museumsleiterin, die in den vergangenen bald drei Kriegsjahren aus ominösen Gründen ihren Posten verliert. Vor ihr wurde bereits ihre Vorgängerin, Marina Loschak, nach zehn Jahren entlassen.

Neue Leitung verspricht „Blockbuster-Ausstellungen“

Ihr war immer wieder „zu viel Modernes“ vorgeworfen worden. Auch die Lei­te­r*in­nen der Moskauer Tretjakow-Galerie, des Bolschoi-Theaters, des Theaters der Nationen, des Gulag-Museums, sowie des Russischen Museums und des Towstonogow-Bolschoi-Dramatheaters in Sankt Petersburg mussten ihre Posten räumen. An ihre Stellen traten Menschen, die als noch linientreuer gelten.

Die „Neue“ im Puschkin-Museum ist seit einigen Tagen Olga Galaktionowa. Der russische Kunsthistoriker Dmitri Butkewitsch bezeichnet die 47-Jährige als „absolut systemtreu“. „Kulturinstitutionen müssen auf allen Ebenen von Führungspersönlichkeiten geleitet werden, die nicht nur verwalten, sondern richtige Bedeutungen und richtige Werte vermitteln“, sagte die russische Kulturministerin Olga Ljubimowa kürzlich.

Was „richtig“ ist, weiß der Staat. Und Olga Galaktionowa dient gern dem Staat. Das sagte die ausgebildete Fernsehproduzentin bereits, als sie vor vier Jahren zur Leiterin des staatlichen Ausstellungs- und Museumszentrums Rosiso ernannt wurde. Hier reüssierte die in Sankt Petersburg und New York Studierte mit sogenannten Blockbuster-Ausstellungen.

Stalin oder Mickey Mouse?

Sie hatte sehr gut besuchte Schauen zur staatstragenden sowjetischen Kunst in Moskau und Sankt Petersburg organisiert und legte öffentlichkeitswirksam Rechenschaft über die großen Besucherströme der Ausstellungen ab. Das ist die Währung, die für das Kulturministerium zählt.

Solche Ausstellungen fehlten Lichatschowa und dem Puschkin-Museum. Auch sie gilt als linientreu, gab sich allerdings stets störrisch, wenn es um die Kunst ging. Bereits als sie vom Leitungsposten des Moskauer Architekturmuseums ins Puschkin-Museum kam, brachte sie etliche Duma-Abgeordnete gegen sich auf: Sie hatte in einem Interview den sowjetischen Schlächter Stalin als Kultobjekt bezeichnet, „wie Mickey Mouse“. „Er ist krepiert, weiter geht’s“, sagte sie und sollte dafür belangt werden. Daraus wurde nichts.

Sie war es auch, die sich vehement gegen die Rückgabe wertvoller alter Ikonen aus den Museumssammlungen an die russisch-orthodoxe Kirche einsetzte. Zuletzt beklagte sie – als Einzige aus der offiziellen Kulturwelt – die Schließung des Gulag-Museums, wenn auch mit einem Stalin-Spruch: Es sei eine „Dummheit, die an ein Verbrechen grenzt“. Auch das Gulag-Museum hat mittlerweile eine neue Leiterin und arbeitet offenbar bereits an einer Überarbeitung seiner Ausstellung.

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8 Kommentare

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  • Kennt man von Organisationen wie auch der "freien" Wirtschaft. Auswechseln erinnert die Menschen daran, dass sie es der Führerperson oben "verdanken". Fachkunde oder Effizienz oder große Kunst ist ohnehin zweitrangig, wenn die Institution groß genug ist.



    Russland wird nach Putin auch hierbei aufleben. Wer weise ist, positioniert sich trotz solcher Spielchen wie hier beschrieben, schon mal für danach.

  • Eigentlich sind solche Artikel doch völlig irrelevant und ohne Mehrwert für die hiesige Leserschaft - dieses Museum und das ganze Land sind für uns doch auf absehbare Zeit gar nicht mehr besuchbar.

  • Ist doch völlig egal, unter wem Kultur zur Unkultur umfunktioniert wird. Der nächste Eskalationsschritt wird dann die Kopie der Taliban sein: Die Zerstörung von Kunstwerken und Geschichte, damit nur noch die alternative Realität zählt.

  • Die entscheidende Frage ist vielleicht eher: Wäre denn Puschkin "absolut systemtreu" gewesen? Wohl genauso wenig wie Tolstoi oder Dostojewski.

    • @Aurego:

      Dostojewski wäre heute (aber nicht unbedingt zu seinen Lebzeiten) mit Sicherheit systemtreu. Sein ganzes Werk durchzieht eine Abrechnung mit den verkommenen westlichen Sitten, die einen üblen negativen Einfluss auf die russische Kultur und deren rechtschaffene Bewohner haben. Das wird häufig überlesen.

      • @TheBox:

        Spannende Frage: Oder hätte Dostojewskij die offensichtliche Unmoral des jetzigen Systems fernab von herkömmlichen 'christlichen' Werten als unangenehm empfunden? Die neosowjetische Bildungsfeindlichkeit, gekoppelt mit neoimperialer Menschenverachtung.

    • @Aurego:

      Und das Mitglied der "globalen extremistischen LGBT-Bewegung" Tschaikowsky erst...

    • @Aurego:

      Putin folgte wohl seinen Vorgesetzten zumindest sehr diszipliniert, auch wenn er Mafiastrukturen aufbaute. An scheinbare Regeln hielt und hält er sich nicht. Was das Kartenhaus zerbrechlich macht.