Mord an Walter Lübcke: Keine Aussage von Lübcke-Mörder
Walter Lübckes Mörder beruft sich in Wiesbaden auf sein Zeugnisverweigerungsrecht. In einer Stellungnahme artikuliert er Reue.
Der Landtagsuntersuchungsausschuss zur Aufklärung des Mordes und seiner Hintergründe war aus Sicherheitsgründen ins Wiesbadener Gerichtszentrum umgezogen. Doch nach einer kurzen persönlichen Erklärung von Stephan Ernst wurde die Sitzung unterbrochen. Sein Rechtsbeistand, Rechtsanwalt Mustafa Kaplan, hatte für seinen Mandanten ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht eingefordert. „Kein Zeuge muss sich selbst belasten“, sagte er zur Begründung.
Nur eine kurze Erklärung von Ernst
Stephan Ernst verlas stattdessen eine handschriftliche Erklärung. „Ich möchte sagen, dass es mir unendlich leid tut, was ich Herrn Lübcke und seinen Angehörigen angetan habe. Ich bereue zutiefst, dass ich mich dem rechtsextremistischen Gedankengut angeschlossen habe und aus hasserfüllter Einstellung mit Gewalt gegen Leib und Leben von Herrn Lübcke vorgegangen bin. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an diese schreckliche Tat denke“, sagte Ernst und schloss mit den Worten: „So etwas darf nie wieder geschehen“.
Nach dieser kurzen Erklärung wurde Ernst wieder abgeführt. Der Ausschuss beriet fast eine Stunde lang in nichtöffentlicher Sitzung das weitere Vorgehen. Danach unternahmen die Abgeordneten einen Versuch, dem Zeugen doch noch Informationen zu entlocken.
Wann hat Ernst mit seinem freigesprochenen ehemaligen Gesinnungsgenossen Markus H. mit Waffen trainiert? Kennt er sich mit Sprengstoff aus und wenn ja, mit welchem?, fragten die Abgeordneten. Ernst gab auf solche Fragen ausschließlich Details preis, die aus dem Prozess vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ohnehin bekannt sind. Die immer wieder von Beratungspausen unterbrochene Befragung gestaltete sich mühsam und wenig ergiebig.
Ernsts Rechtsbeistand teilte immerhin mit, dass sein Mandant weiterhin bereit sei, den Angehörigen der Familie Lübcke alle Fragen zu beantworten: „Sein ganzes Leben lang“. Ernst nimmt außerdem seit zwei Jahren am Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten „Exit“ des Landes Hessen teil und trifft sich jede Woche mit dessen MitarbeiterInnen zu einem Gespräch. Mehr ergab diese mit hohen Erwartungen verbundene Befragung nicht. Am späten Nachmittag wurde der Zeuge wieder in die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt gebracht.
Ernst ist wegen des Mordes an dem CDU-Politiker im Januar 2021 vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er hatte Lübcke im Juni 2019 auf dessen Terrasse aus rechtsextremistischen Motiven erschossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!