Mord an Tunesier in Frankreich: Mörderischer Araberhass
Ein Verbrechen in einer südfranzösischen rechten Hochburg erinnert daran, dass Rassismus tötet. Erstmals wird wegen Terrorismus ermittelt.

Es ist nicht das erste Mal, dass in Frankreich aus Rassismus getötet wurde. Da der Täter seinen Hass gegen Araber mehrfach und seit Jahren publiziert und seine mörderischen Absichten in einer Videobotschaft angekündigt hat, will nun die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen eines terroristischen Anschlags ermitteln. Das ist eine Premiere, die zeigt, dass die Gewalt von rechts in Frankreich endlich als Bedrohung ernst genommen wird.
Mit der schlichten Trauerfeier in Tunesien endet darum nicht die Geschichte eines simplen Streits zwischen Nachbarn mit tragischem Ausgang, wie dies der mutmaßliche Täter Christoph B. bei den polizeilichen Befragungen darstellen möchte. Wenige Tage bevor er auf den tunesischen Friseur fünf tödliche Schüsse feuerte, hatte er angeblich auf dessen Motorroller „Drecksaraber“ geschmiert.
Hichem Miraoui arbeitete seit zehn Jahren in Puget-sur-Argens als von seinen Kundinnen geschätzter Friseur. Seiner Schwester hatte er gesagt, dass er sich von B. bedroht fühle. Vergeblich habe er eine Annäherung versucht, indem er dem über die Einwanderung aus Nordafrika aufgebrachten Nachbarn ein Couscous brachte.
Mutmaßlicher Täter verbreitete Hass im Netz
Im Nachhinein bestätigen Bewohner der Kleinstadt im Hinterland der beiden südfranzösischen Mittelmeerstädte Fréjus und Saint-Raphaël, der anscheinend isoliert lebende Christoph B. sei für seinen „Araberhass“ bekannt gewesen. In den Netzwerken rief er unverhohlen zu antiarabischen Aktionen auf: „Wacht auf, holt sie, wo sie sind!“
Diese Hasspropaganda aber scheint in dieser Gegend, in der das rechtsextreme Rassemblement National laufend Wahlsiege feiert, nicht so selten gewesen zu sein, dass dies eine Behörde interessiert hätte. B. selbst rief zur Wahl von Marine Le Pen auf, drohte aber im Fall einer Niederlage mit Gewalt.
Mourad Battikh, der Anwalt der Familie Miraoui, macht „das heute in Frankreich herrschende politische Klima“ mitverantwortlich. Er spricht von einer „Ideologie“, die dazu führe, dass irregeleitete Individuen „im Namen der blau-weiß-roten Fahne die schlimmsten Verbrechen begehen“. Er erinnert daran, dass am 25. April in einer Moschee von La Grande-Combe bei Nîmes ein 22-jähriger Malier von einem 20-jährigen Franzosen mit 57 Messerstichen getötet worden war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Manifest“ aus den Reihen der SPD
Ein unwürdiger, reflexhafter Phrasenaustausch
Debatte um Wehrpflicht
Wehret der Pflicht
Jens Spahn verzeiht sich selbst
Maskenaffäre? Milliardenschaden? Egal!
Urteil zu Gaza-Protest
Eine Frage als Holocaust-Verharmlosung
Konflikt zwischen Israel und Iran
Israel erklärt Lufthoheit bis nach Teheran
Israels Angriff auf Iran
Bomben für den Machterhalt