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Montagsdemos der LinkenDubiose Eigenprofilierung

Gastkommentar von Gabriele Gottwald

Mit den Montagsdemos bringt Die Linke das Hufeisen selbst in die Diskussion. Stattdessen sollte sie sich besser auf ihre Kernaufgaben konzentrieren.

Tausende waren da, die Abgrenzung nach Rechts gelang: Linken Demonstration am Montag in Leipzig Foto: Jan Woitas/dpa

A usgerechnet jetzt zieht sich Die Linke die heikelste Frage selbst auf den Tisch: Ist links gleich rechts? Fordern Linke das Gleiche wie Rechte? Haben sie die gleichen Parolen? Machen sie das Gleiche, am selben Ort, gleichzeitig? Gibt es das Hufeisen doch? Sie produzieren die Frage und schlagen wie auf einen nassen Lappen darauf ein. Nein, auf keinen Fall, wir sind anders, wollen was anderes, wir grenzen uns ab, sind doch Die Linke!

Selten habe ich so eine dumme Politikstrategie gesehen. Montag ist Pegidatag in Sachsen. Egal, was vor zig Jahren mal war. Dann denkt sich einer, es sei ein guter Tag für die Linke, gegen die Energiepolitik der Bundesregierung zu demonstrieren – und gegen anderes auch. Das hätte man sofort stoppen sollen. Aber die Bundestagsfraktion findet das gut. Es geht nur noch darum, ob man sich auf der Demo gegen die Nazis behaupten kann. Wenn das gelingt, war alles ein Erfolg.

Tausende waren da und, ja, die Linke ist wieder im Gespräch. Die Abgrenzung gelang. Es ist noch mal gutgegangen – bei der Demo in Leipzig. In Berlin haben linke Abgeordnete gleichzeitig zu einer Demo vor der Grünen-Parteizentrale aufgerufen. Hier gelang die Abgrenzung nicht, was zu erwarten war. Da kann man propagieren, man sei im antifaschistischen Widerstand, gegen Kapitalismus und überhaupt links. Man bleibt ein Idiot, oder hat das Geschwurbel bewusst organisiert.

Gabriele Gottwald

sitzt für Die Linke in der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg. Von 1983 bis 1985 war sie Mitglied der ersten Grünen Bundestagsfraktion.

Es wäre ein Verlust, wenn es Die Linke nicht mehr gäbe. Aber nur, wenn sie ihre Funktion erfüllt: Aufklärung, Finger in die Wunde legen, machbare Alternativen anbieten, gesellschaftlichen Gegendruck organisieren. All das macht Die Linke gerade nicht. Die Bundestagsfraktion hat große Kapazitäten, aber ihre Spitze leider andere Prioritäten: sie selbst zuerst. Es steht schon überlang an, diese Leute zu verabschieden. Sie klauen der Partei die Fraktion.

Klar muss man jetzt gegen die Politik der Bundesregierung mobilisieren. Aber dann aufklärend und klar, möglichst im Bündnis mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und vielen Initiativen. Und ohne dubiose Eigenprofilierung.

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34 Kommentare

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  • Tja. Auch die falschen Leute können für die richtige Sache sein.

    Grade linken Bewegungen stünde es aber besser, Menschen nicht in richtig und falsch zu unterteilen.

    • @metalhead86:

      Es geht ja nicht um Menschen, sondern um den Hass, den sie verbreiten. Der ist durchaus falsch und darf nicht toleriert werden.

  • 6G
    650228 (Profil gelöscht)

    Warum heißt das eigentlich Hufeisen? Gemeint ist doch eigentlich ein Ring oder Kreis...

  • Und wie immer hat das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus die Angelegenheit ausführlich und seriös dokumentiert.

    www.jfda.de/post/r...ebungen-in-leipzig

    Pikant, pikant:

    "Compact“-Chef Jürgen Elsässer machte deutlich, dass die Absage Wagenknechts in der Rechten für Missmut gesorgt haben muss, gilt sie doch Vielen als Querfront-Bindeglied nach links: Nach seiner Rede stimmte er einen Sprechchor „Sahra, Sahra, Sahra“ an, der lautstark Anklang fand. Ganz im Sinne Elsässers seit Jahren andauernden Querfrontbestrebungen sagte er dann in seiner Rede: „Wir brauchen das breite Bündnis aus dem Volk ungeachtet ideologischer Trennungen aus der Vergangenheit.“

    Aber man muss auch sagen, dass es den Linken, supportet by Antifa gelungen ist, die Nazis auf Abstand zu halten und am Demonstrieren zu hindern.

    • @Jim Hawkins:

      Mich dünkt, Sie mögen Schubladen.

      • @resto:

        Da bräuchte ich jetzt ein bisschen Kontext.

  • Mein Beitrag zuvor war @ Mr. Hawkins taz.de/!5876494/#bb_message_4385165

  • Ja, 1932 war ein merkwürdiges Jahr.

    Ein Jahr zuvor gingen NSDAP und KPD bereits gemeinsam im Volksentscheid zur Auflösung des SPD geführten preußischen Landtages vor.

    de.wikipedia.org/w...ußischen_Landtages

    1932 war auch das Gründungsjahr der antifaschistischen Aktion (Antifa). Sie wurde beilebe nicht gegründet um mit den demokratischen Parteien zusammen! gegen die Nazen vorzugehen sondern richtete sich ebenfalls gegen die SPD

    • @Rudolf Fissner:

      Das begann ja leider schon viel früher als die Weimarer Republik noch zu retten gewesen wäre. Am Beispiel Hamburg mit dem Barmbeker (oder "Hamburger") Aufstand 10/1923 in Hamburg, Altona und Stormarn. Nicht mit Nazis gemeinsam aber mit dem klaren Ziel, die dt, die Hamburger Demokratie und ihre Sozialdemokratie zu zerstören.

      Meine Großeltern, sozialdemokratische Arbeiter und Gewerkschafter, waren mit Kommunisten zusammen im Widerstand und im KoLaFu, dem Konzentrationslager Fuhlsbüttel in Hamburg. Meine Großmutter sagte oft, dass sie während der Haft so sicher gewesen sei, dass es nach dem gemeinsamen Widerstand und dem gemeinsamen Leiden im KZ nie wieder eine Spaltung der Arbeiterschaft und der Gewerkschaften geben werde ab dem Tag, an dem die Nazis geschlagen und Dt frei sein werde.

      Nur: da war es ja längst zu spät, die Republik und die freien Gewerkschaften längst zerschlagen.



      Nur gemeinsam hätten Sozialdemokraten und Kommunisten den aufstrebenden NS aufhalten können.

  • "Fordern Linke das Gleiche wie Rechte?"

    Populismus von Links und von Rechts klingt häufig ähnlich. Auf der Ebene ist es oft das gleiche. Dazu gehören, neben der Skepsis gegenüber dem repräsentativen System und den politischen Eliten, Kapitalismuskritik, das Schüren von Globalisierungsängsten sowie ein ausgeprägter Euroskeptizismus.

    Auf der Ebene gibt man sich quasi die Hand und geht ob man nun will oder nicht gemeinsam vor.

    Dadurch erklärt sich auch für mich, dass in Ostdeutschland problemlos relativ viele Wähler der Linkspartei zur AfD rübergemacht maben.

    • @Rudolf Fissner:

      Wobei ich "Globalisierungsängsten sowie ein ausgeprägter Euroskeptizismus" nicht unbedingt als Populismus ansehe.



      Etwas weniger Globalisierung täte gut, der Versorgungssicherheit und der Umwelt wegen.



      Wenn ich mir die Entwicklung des Euros und vor allem der EZB so ansehe, Stichwort Negativzins, gigantische schier nicht mehr rückzahlbare Staatsanleihen und einer fetten Inflation, dann ist dies auch sehr kritisch zu betrachten.

      Davon abgesehen aber stimme ich dir zu.

  • Hört endlich auf in linken und rechten Schubladen zu denken.



    Natürlich gibt es Themen, bei denen sowohl Linke wir Rechte, rote wie Schwarze und Grüne das selbe denken.



    Gerade deshalb sollte man wichtige Themen nie pauschal einer politischen Gesinnung zuordnen.

    Und wenn man auf die Straße geht, damit Heizen bezahlbar bleibt, dann müssen da nicht nur politisch Gleichgesinnte auf der Straße stehen. Es geht um das Thema nicht um die Teilnehmer.



    Anders wird es nur, wenn das "andere" Lager völlig abweichend vom Thema mit anderen Dingen auftritt, dann heißt es Abstand halten.

    Man wird die AfD nicht los, indem man immer dann zu Hause bleibt, wenn die auf der Straße sind. Man wird sie bestenfalls los, wenn man die besseren Argumente für die Wähler findet und ehrlich regiert.



    Letzteres vermisse ich gerade ziemlich.

    • @Rudi Hamm:

      Ist ein bisschen krass, aber dabei kommt mir der Streik bei der BVG 1932 in den Sinn:

      "Im Streik bei der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG), der den Höhepunkt einer Welle von betrieblichen Arbeitskämpfen bildete, die auf Reichskanzler Franz von Papens Notverordnung vom September 1932 folgten, gingen in der Endphase der Weimarer Republik die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) gemeinsam vor."

      Die Sache hat dann nicht gut geendet.

      de.wikipedia.org/w...sgesellschaft_1932

  • Am schärfsten gehört an der Veranstaltung kritisiert, dass Gysi in seinem Redebeitrag die Faschisten als "Gesocks" und vorher sinngemäß als dumm bezeichnet hat. (Weiße deutsche) Linke sollten aufhören, sich einer solchen menschenverachtenden Sprache zu bedienen und sich zudem eingestehen, dass es keine Intelligenz-Frage ist, welche politische Einstellung Leute haben.

    • @KOronja:

      Dürfen demzufolge nicht-weiße, nicht-deutsche Linke Nazis als "Gesocks" bezeichnen?

      Ich sehe das eher als milde Beschreibung von Leuten, deren Denken und Handeln stark von Menschenverachtung, Rassismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit und Homophobie geprägt ist.

      Die beleidigen, bedrohen, angreifen, verletzen und auch töten. Weil sie das richtig finden.

      • 6G
        650228 (Profil gelöscht)
        @Jim Hawkins:

        Es würde schon viel helfen, Andersdenkende grundsätzlich gar nicht zu beleidigen.

        • @650228 (Profil gelöscht):

          So gesehen war Adolf Hitler auch ein Andersdenkender.

          Nicht dass ich ihn beleidigen will.

          • @Jim Hawkins:

            War er - und ein Faschist, Verbrecher, Schlächter und Menschenverachter. DAS von ihm zu behaupten, ist sicher auch nicht, was @Radiologe mit "Beleidigung" meinte.

            Allein was jemand denkt, disqualifiziert ihn noch nicht als Teil einer demokratischen Gesellschaft (so versteh ich jetzt mal "Gesocks"). Achtung vor der Menschenwürde erstreckt sich - wenn sie echt ist - auch auf Leute, deren Denke man für kompletten Murks hält. Es kommt darauf an, wie so jemand handelt und insbesondere auch, wie er damit umgeht, dass vielleicht die Mehrheit NICHT seiner Meinung ist.

          • 6G
            650228 (Profil gelöscht)
            @Jim Hawkins:

            Das stimmt. Und auch in diesem Fall würden Beleidigungen nichts bringen. Genauso wenig wie bei Nero, Napoleon und wie sie sonst noch so hießen und heißen.

  • Bravo Taz, habt ihr doch wirklich irgendwo eine Gastkommentatorin gefunden, die als Mitglied der Linken mal eben ihre eigene Bundestagsfraktion pauschal zu Idiot*innen erklärt.



    "Montag ist Pegidatag in Sachsen. Egal, was vor zig Jahren mal war." Ach so ja?



    Das heißt der Montag ist ein für allemal für die Rechten reserviert?







    Da können wir ja froh sein, dass es noch ein paar andere Tage gibt an denen die Linken auch auf die Straße dürfen.

    Ich halte es für den besseren Weg dass die Linke endlich wieder aus der Deffensive kommt und auch auf der Straße zeigt, wofür sie steht.



    Wenn Rechte gleichzeitig auf die Straße gehen und gleiche Themen besetzen kann es ja wohl nicht bedeuten, dass die Linke dann zu Hause bleibt um Konflikte zu vermeiden. Da hilft dann nur klare Abgrenzung, die von Fall zu Fall mal besser und mal schlechter funktionieren wird..



    Wie die konservative oder bürgerliche Presse es dann jeweils interpretiert ist wohl eher zweitrangig. Problematisch wird es , wenn Linke meinen - aus welchen Gründen auch immer - deren Argumentation übernehmen zu müssen.

    "Klar muss man jetzt gegen die Politik der Bundesregierung mobilisieren. Aber dann aufklärend und klar, möglichst im Bündnis mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und vielen Initiativen. Und ohne dubiose Eigenprofilierung."

    Nun weiß ich nicht was die Schreiberin unter dubioser Eigenprofilierung versteht.



    Wenn es bei der Eigenprofilierung endlich nicht mehr um einzelne Personen sondern um die Linke als Partei und deren Ziele geht, halte ich das für nützlich und hilfreich.

    Die Linke ist m.E. gut beraten, nicht darauf zu warten, dass Gewerkschaften und andere Organisationen zu Demos aufrufen an denen sich die Partei dann als eine unter vielen auch beteiligt. Anfangen, machen und aus Fehlern lernen.

    • @Bürger L.:

      Ich gebe noch einen drauf mit einer provokanten Frage: Falls die gleichen Ziele vorhanden sind, ist es dann nicht egal, wer da mit demonstriert? Hat man Angst, in eine Ecke gesteckt zu werden, obwohl man das bei Kritik an der Regierung inzwischen sowieso wird?

      • @resto:

        Die gleichen Ziele? Das wäre eine böse Unterstellung, dass Linke und Rechte die gleichen Ziele hätten. Es werden die gleichen Probleme genannt aber die Lösungen sind hoffentlich komplett andere.



        Aber bei der Demo in Leipzig hat es gut funktioniert, gegen die Regierungsentscheidung und gleichzeitig gegen die Rechten zu protestieren, so zumindest nach den Berichten, ich war nicht selbst dabei.

    • @Bürger L.:

      Danke für diesen Kommentar, er spricht mir und sicher vielen anderen aus den Herzen. Dieses Duckmäusertum, das sich äußerst bürgerlich an Symbolpolitik aufhält, ist obsolet. Chronisch steht die Linke, stehen die von ihr Gemeinten, mit dem Rücken zur Wand. Eine neue strategische Ausrichtung der Partei und der Linken drumrum muss die abgrenzungswütigen Zeigefinger und die blindmachende Empörung abschütteln. Als Leipziger bin ich zudem froh, dass es 1. eine Chance darauf gibt, montags wieder sicherer durch die Stadt und zu politisch sinnvollen Protesten zu gelangen und 2. dass nicht mehr nur eine sich selbst als avantgardistisch begreifende Studi-Linke federführend bei den Demos ist. Eine derartig altersdiverse Veranstaltung habe ich lange nicht gesehen.

      • @KOronja:

        Sehr schön. Ich lebe weit weg von Leipzig und erfahre deshalb nur, Medienaufbereitetes.

  • Wenn es dann nur noch um Abgrenzung gegen Rechts geht, kommen die eigenen Inhalte natürlich erst recht unter die Räder, da man sich dann in eine permanente Rechtfertigungsschleife begibt … oder die Kritiker können sie im Sinne der Hufeisen-Theorie als links=rechts diffamieren. Insofern ist die Kritik Gabriele Gottwalds tatsächlich berechtigt.



    Wenn schon am selben Ort und zur selben Zeit protestiert werden muss, dann doch ganz entschieden gegen die Strategie der Faschos, die Sozialproteste für sich zu reklamieren … statt also ihr eigenes parteipolitisches “Süppchen” zu kochen - um damit ganz augenscheinlich auf Stimmenfang zu gehen - stände es der Linkspartei gut an, mit ihren Anliegen ein breites gesellschaftliches Bündnis gemeinsam mit anderen Parteien, Sozialverbänden, Gewerkschaften, Kirchen etc. zu organisieren. Vielleicht finden sich so auch noch neue, kreativere Protestformen, mit denen sich der faschistische Krawall ausbooten und umsteuern lässt.



    Im Osten werden die Linken - außer in einigen wenigen “roten Inseln” wie Leipzig der AfD ohnehin nicht mehr den Rang ablaufen können und im Westen verschwinden sie über kurz oder lang ganz in die Bedeutungslosigkeit. Da Montagsdemos, Pegida-Aufmaersche, Corona-Spaziergänge usw. leider nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind, sorgen die Linken jetzt nur dafür, dass die Rechten auf den Straßen dauerhaft präsent bleiben.