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Mögliche Kandidatur um Laschet-NachfolgeHelge Braun als CDU-Chef?

Der Noch-Kanzleramtsminister wird als möglicher nächster Parteichef gehandelt. Der hessische Landesverband könnte ihn am Freitag nominieren.

Vom Kanzleramt ins Adenauerhaus? Der scheidende Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) Foto: Andreas Gora/epa

Frankfurt am Main taz | Eine „spannende“ Mitgliederbefragung, ein „Kandidatenfeld mit echten Alternativen“, wünschte sich der scheidende Kanzleramtsminister und CDU-Politiker Helge Braun am Wochenende in einem FAZ-Interview für seine Partei. Inzwischen deutet vieles darauf hin, dass er bei der Kür der künftigen CDU-Parteispitze selbst mitmischen will.

Am kommenden Freitag werden die Parteigremien der hessischen CDU über die Nachfolge des scheidenden CDU-Vorsitzenden Armin Laschet beraten. Soviel steht fest. Nicht bestätigt ist dagegen ein Meldung, die in Wiesbaden am Rande des Landtagsplenums die Runde machte. Danach will der bisherige CDU-Bundesvize und Landeschef, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, Helge Braun als Kandidat für den Bundesvorsitz der Partei vorschlagen.

Mehrfach war Braun zuletzt bereits als möglicher Nachfolger Bouffiers in Hessen genannt. Mit der Nominierung für die CDU-Bundesspitze könnte Bouffier Braun auch den Stabwechsel im eigenen Land vorbereiten.

„Zu gegebener Zeit“ werde er einen Vorschlag für seine Nachfolge in Hessen machen, antwortete der Partei- und Regierungschef Bouffier zuletzt gebetsmühlenartig auf die immer drängenderen Fragen über seine persönliche Zukunft. Bouffier, längst der dienstälteste Ministerpräsident der Republik, feiert im Dezember seinen 70. Geburtstag. Bei der nächsten hessischen Landtagswahl, im September 2023, wäre er 72 Jahre alt. Im Januar wird er länger als hessischer Ministerpräsident amtiert haben, als jeder andere CDU-Politiker vor ihm.

Braun könnte passen

Energisch und diszipliniert versieht Bouffier seine Ämter, die ihm noch erkennbar Spaß machen. Eine Krebserkrankung hat er überstanden. Eine frühere Unfallverletzung meldet sich allerdings schmerzhaft zurück. Selbst offizielle Termine absolviert er gelegentlich in Turnschuhen, um Füße und Knochen zu schonen. Als der erste grüne Staatsminister Joschka Fischer sich einst in Sneakern vereidigen ließ, galt das für Bouffiers CDU noch als unverzeihlicher Tabubruch.

Die hessische CDU, die Fischer gerne als „Stahlhelmfraktion“ beschimpfte, hat sich verändert. Ein eher liberaler Politiker, wie der freundliche aber auch bestimmte Helge Braun, könnte passen.

Den als mögliche Nachfolger gehandelten CDU-Mitgliedern seines Kabinetts traut Bouffier den Job des Regierungschefs jedenfalls erkennbar nicht zu: Innenminister Peter Beuth, der lange rechte Machenschaften in der hessische Polizei schönredete, wäre eine Provokation für den Grünen Koalitionspartner, vor allem für dessen Basis.

Finanzminister Michael Boddenberg muss den Haushalt völlig neu ordnen, nachdem der Staatsgerichtshof das verabschiedete milliardenschwere „Sondervermögen“ zur Bewältigung der Pandmie als verfassungswidrig gekippt hat. Landtagspräsident Boris Rhein, ebenfalls CDU, gilt als Außenseiter. Zudem verfügt Schwarz-Grün im Landtags nur über eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Ein Regierungswechsel mitten in der Legislaturperiode bliebe ein Risiko.

Die Grünen könnten in Hessen zum Problem werden

Mit dem Aufstieg Brauns ins Präsidium der Bundes-CDU, vielleicht auch nur als Bundesvize, hätte Bouffier beides erreicht. Bis zum Wahltag könnte er selbst Ministerpräsident bleiben. Würde ein Wechsel nötig, zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen, stünde mit Helge Braun der dann ranghöchste CDU-Politiker bereit. Der hessische Ministerpräsident muss nicht über ein Landtagsmandat verfügen.

Nach Überzeugung der Strategen werden neben der Bundestagsfraktion die CDU-VertreterInnen im Bundesrat für den Neuanfang der Partei eine entscheidende Rolle spielen. Als Chef des Bundeskanzleramts hat Braun hier Erfahrungen sammeln können. In kniffligen Situationen hat Braun auch mit den Grünen Regierungsmitgliedern aus Hessen eine belastbare Vertrauensbasis aufgebaut.

Allerdings könnten der Grüne Koalitionspartner für ihn zur ernsten Herausforderung werden. In der neusten Umfrage in Hessen (INSA 22.10.21) lag die SPD (26%) deutlich vor der Union (20%), die Grünen gleichauf (ebenfalls 20%.). Mit Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir verfügen die Grünen über einen bekannten und populären Kandidaten, sogar für das Ministerpräsidentenamt.

Wenn die Zahlen es hergeben, könnte ein neues Bündnis die CDU auch in Wiesbaden in die Opposition schicken, nach mehr als 20 Jahren an der Regierung. So jedenfalls ist es zuletzt der CDU in den hessischen Großstädten Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden und Darmstadt ergangen, in denen zuvor Schwarze und Grüne vertrauensvoll zusammengearbeitet hatten.

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7 Kommentare

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  • Wie man im Kanzleramt Merz als CDU-Parteivorsitzenden verhindern will (NZZ von heute). Frau Merkel lässt es einfach nicht sein: Kramp-Karrenbauer, Laschet, jetzt Braun. Die Zerstörung der CDU. Erstaunlich, wie weit ie geht und noch erstaunlicher, was ihr von der Partei zugestanden wird!!

  • Zu ruhig, zu unaufgeregt, zu sachlich, zu wenig populistisch - also wohl nichts für diese CDU und schon gar nichts für diese Junge Union.

  • Da gibt es viele die jetzt ein lukratives Pöstchen suchen. Aber dass Braun die Partei einen und voranbringen kann glaube ich nicht. Die Power hat er bisher jedenfalls nicht gezeigt. Ich bin aber auch nicht in der CDU.

  • Der Mann war doch Merkels engster Mitarbeiter.



    Ein deutlicheres Signal für ein



    "Weiter so !"



    kann es gar nicht geben.

    Aber ob der Weg, der die CDU zum schlechtesten Ergebnis ihrer Geschichte geführt hat, wirklich der Richtige ist ?



    Zuviele in der Partei wollen gar keinen Neuanfang, die glauben immer noch, sie hätten in den letzten 16 Jahren alles richtig gemacht.

  • Für mich einer der sympathischsten und fähgsten Unions-Politiker. Wesentlich besser als Merz denke ich.

    • @Nobodys Hero:

      Helge Braun ist in jeder Hinsicht amorph. Nachdem man mit Laschet so hingefallen ist einen noch profilloseren Pudding-Politiker aufzustellen ist ja hoffentlich nicht das, was die Union in ihrer aktuellen Misere als Lösung ansieht. Wobei, wenn man auch in der mittelbaren Zukunft eine Regierung ohne CDU will, wäre sowas zu begrüßen.



      Will sagen: ich wünsche denen sowas, aber wenn die das selber wollen, dann brauchen die Hilfe.

      • @Wurstprofessor:

        Um ehrlich zu sein ist mir die Zukunft der Union recht egal :) aber den Helge Braun mag ich irgendwie:)