piwik no script img

Mit Flugangst im FlugzeugAbsturzsicher auf Wolke 7

Zwei türkische Experten wollten mir ein Gebet gegen Flugangst verkaufen. Aber ich hatte eine bessere Idee.

Bei Absturz Geld zurück – aber nicht mit mir Foto: dpa / Robert Michael

E s gibt viele Gründe, im Sommer in die Türkei zu fliegen. Die Sonne, das Meer, die günstigen Preise. Es gibt auch viele Gründe, nicht in die Türkei zu fliegen. Die Hitze, das Erdbeben, der Flug. Ich sterbe vor Flugangst!

Ich weiß nicht, welcher Idiot den blödsinnigen Spruch „Die Zeit vergeht wie im Flug“ erfunden hat. Bei mir vergeht die Zeit im Flug nie! Die drei Stunden bis in die Türkei dauern drei Jahrzehnte. Bei starken Turbulenzen vier.

Kurz vor dem Abflug in der Abflughalle verfluche ich jedes Mal sämtliche Ingenieure der Welt, dass diese Versager immer noch kein Flugzeug konstruiert haben, das nicht abstürzen kann. So schwer kann das doch nicht sein, verdammt! Der Mond fliegt ja auch seit Milliarden von Jahren um die Erde herum und ist noch nie abgestürzt. Bei dem wäre es sogar egal, weil auf dem Ding kein Mensch wohnt.

„Wenn du solche Angst hast, dann nimm das hier, Bruder. Damit wird dein Flugzeug niemals abstürzen“, höre ich plötzlich jemanden mir ein Wahnsinns-Angebot machen.

Oh Allah, ich danke dir! Endlich werden meine Gebete auch mal erhört!

Zwei türkische Experten bieten mir ein unglaubliches technisches Wunderwerk an: Ein absturzsicheres Flugzeug!

„Super! Von welcher Fluggesellschaft seid ihr denn?“, jubele ich wie auf Wolke 7.

„Wir sind von Allah, Bruder“, bekomme ich als Antwort.

„Gibt’s das auch schon? AA. Allah Airlines? Nie gehört“, wundere ich mich.

„Nein, Bruder. Allah höchstpersönlich hat uns beauftragt. Wenn du dieses arabische Gebet mit ins Flugzeug nimmst, wird dein Flugzeug niemals abstürzen, das versprechen wir dir“, antwortet der Experte mit dem längeren Bart. Und der mit dem dickeren Bauch zeigt mir eine kleine Papierrolle mit arabischen Schriftzeichen. Das soll das unglaubliche technische Wunderwerk sein, das Abstürze verhindert?

Kurz vor dem Abflug verfluche ich jedes Mal sämtliche Ingenieure der Welt

„Wird diese kleine Papierrolle denn beide Triebwerke reparieren, wenn sie oben kaputt gehen?“, melde ich leichte Zweifel an.

„Mit diesem Gebet in der Tasche gehen die Triebwerke nicht kaputt“, versichern sie unisono.

„Woher will das Gebet denn Treibstoff herholen, wenn in zehn Kilometer Höhe plötzlich Benzin alle ist?“, will ich diesmal wissen.

„Benzin kann nicht alle sein. Gebet arabisch, Benzin arabisch“, ist die wissenschaftliche Antwort, die ich bekomme.

„Was tut denn das Gebet dagegen, wenn die Terroristen die Maschine in die Luft jagen?“

„Allah schützt dich.“

„Okay, was kostet das denn?“, frage ich neugierig.

„Nur 20 Euro, Bruder. Günstiger geht es nun wirklich nicht, einen Absturz zu verhindern!“

„Aber was ist, wenn wir doch abstürzen?“

„Dann bekommst du natürlich dein Geld zurück“, lächeln sie, was ich nicht ganz vertrauenswürdig finde.

„Geben Sie mir bitte zwei davon“, sagt die Frau neben mir mit kalkweißem Gesicht.

„Bruder, willst du nicht auch ein Gebet gegen drohenden Flugzeugabsturz kaufen?“, werde ich wieder gefragt.

„Nein, danke, mir kann doch nichts mehr passieren. Ich fliege mit dieser Dame im gleichen Flugzeug.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • In Indonesien gehört das Gebet zum On-Board-Service vieler einheimischer Fluggesellschaften. Neben der Karte mit den Sicherheitshinweisen in der Tasche am Vordersitz steckt eine Karte mit Gebeten aller sechs in Indonesien anerkannter Religionen. Als Service für ausländische Touristen jeweils auch in englischer Übersetzung. Interessant ist der Unterschied zwischen den Katholiken und den Protestanten: während erstere alle Heiligen und die Muttergottes um Schutz auf dem Flug und die Reise anrufen, beten Protestanten darum, dass Gott die Piloten und die Crew "ihre Arbeit mit Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit ausführen" lassen möge. Die Muslime wiederum bekennen, dass das Flugzeug ja überhaupt nur fliege, weil Allah es so wolle (al-Ghazali in Reinkultur...).