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Milliardenverluste der Deutschen BahnGeneralüberholung nötig

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Auf der Schiene ächzt und kracht es. Um das zu ändern, muss die Bahn grundsätzlich neu aufgestellt werden – auch ihr Management.

Bahn mit MaskenträgerInnen in der Ferienzeit Foto: Sabine Brose/imago

D ie Deutsche Bahn hat in der Coronakrise immense Verluste eingefahren – und das ist völlig in Ordnung. Es war richtig, auch im härtesten Lockdown mit wenigen Fahrgästen die Züge fahren zu lassen und das Angebot für Reisewillige weitgehend aufrecht zu erhalten. Aber: Der gigantische Schuldenberg der Bahn wäre auch ohne Pandemie weiter gewachsen.

Denn beim Staatskonzern läuft etwas gewaltig schief. Das Einzige, was die Manager im Berliner Bahntower betriebswirtschaftlich gut im Griff haben, sollte nicht zu ihren Kernaufgaben gehören: Das Geschäft mit Gütertransporten der Tochtergesellschaft Schenker, das vor allem über Lkws abläuft. Das zeigt die Absurdität der jetzigen Bahnpolitik.

Auf der Schiene hingegen ächzt und kracht es an allen Ecken und ­Enden. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt nicht, die Züge sind unzuverlässig, Störungen, etwa bei Signalanlagen, notorisch. Das liegt auch an der chronischen Unterfinanzierung in der Vergangenheit. Lange ist die Infrastruktur auf Verschleiß gefahren worden, viele Bahnhöfe sind in einem desolaten Zustand.

Immerhin: Die Politik hat gemerkt, dass es so nicht weitergeht. In den kommenden Jahren stehen dem Bahnmanagement so viele Milliarden wie nie zur Verfügung. Mit Geld allein ist es aber nicht getan. Der Staatskonzern braucht eine Generalüberholung, er muss grundsätzlich neu aufgestellt werden.

Mit heutigen Managern nicht zu machen

Mit den heutigen Managern wie Richard Lutz und Ronald Pofalla ist das nicht zu machen. Sie verkörpern eine Bahn, die nicht gemeinwohlorientiert ist. Offenbar haben sie keine Idee, wie sie die vielen Fahrgäste, die der Bahn in der Pandemie den Rücken gekehrt haben, zurückholen können. Von einer tragfähigen Zukunftsvision ganz zu schweigen.

Bahnreform und personelle Erneuerung sind keine nebensächlichen Detailfragen. Der Konzern ist das Rückgrat der Verkehrswende, die allein schon wegen der Klimakrise vorangetrieben werden muss. Die nächste Bundesregierung muss den Modernisierungsstau schnell und beherzt auflösen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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19 Kommentare

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  • Eine Idee wäre doch, die sogenannten Führungskräfte nicht aus automobil-affinen Szene zu nehmen, sondern jemanden mit Bahnverstand. Claus Weselsky dürfte die Weichen für seine Nachfolge bei der GDL schon gestellt haben und wäre in meinen Augen der Bahnvorstand excellence. Ich bin übrigens seit über 40 Jahren DGB-Mitglied und ich sage es laut: die EVG ist eine gelbe Gewerkschaft und hat im DGB nichts zu suchen. Aber da möchte man beim DGB auch gar nicht so genau hinschauen.

  • Also, wenn "wir" die Bahn weiter nach unten drücken, dann werden mehr Autos verkauft. Deutschland ist ein großer Autoproduzent und dürfte entsprechend produzieren, wenn schnell genug auf E-Autos umgestellt wird. Deswegen Ladesäulennetz ausbauen, sich einen Ruck geben und noch eine Abwrack... äh Umweltprämie einführen, Städte für Autos offen halten ("Rettet den Einzelhandel"), Parkplatzgebühren niedrig halten und schon ist das Geschäftsmodell Auto und "Deutschland" gesichert. Davon profitieren dann die Pendler*innen und die Facharbeiter*innen, würde die neue Arbeiter*innenpartei CDU (inkl. Kretschmann Grüne) sagen und öko ist das auch. Schließlich würden sicher bald immer mehr E-Autos gebaut werden - und bis dahin "sparsame" Verbrenner. Also grün und proletarisch ... Keineswegs profitierten Großaktionär*innen wie Piech oder Quandt davon, die Erbe und Vermögen kaum/nicht versteuern müssen. Keineswegs würden durch Ressourcenabbau und hohem Energieverbrauch Menschen anderswo, generell die Zukunft der jungen Generation, Klima und Umwelt geschädigt ... Sarkasmus

  • Zu spät:



    Gerade hat unsere clevere Regierung die Gehälter der drei unfähigen Manager um 10% erhöht und die Verträge verlängert und damit der nächsten Regierung 3 stinkende Eier ins Nest gelegt.

  • Während Tausende Bürger hierzulande mit dem Ausfüllen der Fahrgastrechte-Formulare beschäftigt sind, werden die verantwortlichen Bahnbosse in ihren klimatisierten A8-Limousinen auf ausgebauten Autobahnen kutschiert oder steigen gleich ins Flugzeug.

    Scheuer (CSU) als Verkehrsminister und Pofalla (CDU) zuständig für das Ressort Infrstruktur der Bahn, die zwei Spitzenkräfte stehen seit Jahren treu im Dienste der Deutschen Bahn!

    • @Manzdi:

      Das Fahrgastrechteformular braucht man doch gar nicht mehr, das kann man jetzt direkt über die App machen. Die ist überhaupt ziemlich brauchbar, auch wenn die wahrscheinlich nicht Herr Pofalla programmiert hat, aber manches macht seine Bahn auch ganz gut.

      • @Ruediger:

        Ich schon, weil ich kein "Smart"phone habe und auch keines will.



        Für Menschen wie mich, die sich nicht von Apps versklaven lassen wollen, wird es immer schwieriger. (Gefühlte) Bequemlichkeit ist nicht alles...

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Das Kernproblem der Bahn ist das Auto. Autofahren ist viel zu billig, weil es den Resourcenverbrauch in den Allgemeinkosten der Gesellschaft versteckte.

    Bei dem Versuch der Bahn in diesem Wettbewerb Kunden zu erhalten, musste sie mit dem Preis natürlich mithalten - nur bei der Bahn sind die Nebenkosten der Mobilität zu einem größeren Teil unmittelbar sichtbar - und drücken sich in Verlusten und Investitionen aus.

    Das führte zu einer Fokussierung auf die Pendel- und Schüler-Verkehre und letztendlich auf die Kunden, die (noch) keine Wahl haben. Damit wurden aber auch alle anderen Kunden vergrämt. Das führte zu noch schlechterer Auslastung, Streckenstillegungen, Schließen der Bahnhöfe - ein race to the bottom.

    Die Individualmobilität muss endlich Kostenwahrheit herstellen, dann kann die Bahn auch wieder attraktive Alternativen herstellen.

    Und dann muss man darüber diskutieren, welche Mobilität man wirklich braucht und wer die Kosten dafür trägt. Wenn im Zuge der Gewerbefreiheit die Arbeitsplätze stets da entstehen, wo man kaum wohnen kann, entstehen Logistikprobleme, die man dann mit anderen Unfreiheit irgendwie zu lösen versucht.

    Alternativ könnte man durchaus die Gewerbefreiheit beschränken und eine kluge - auch überregionale - Ansiedlungs-/Wirtschaftspolitik betreiben, die einer dekarbonisierten Logistik zuarbeitet.

    • @05989 (Profil gelöscht):

      Sehr schön, ich kann Ihnen nur zustimmen.



      Allein die versiegelte Stellfläche für das Auto (Autos stehen 95% ihrer "Lebens"zeit), sollte mit in den Nutzungspreis einbezogen werden.

      Besonders bei Mobilität und Nahrung ist ein Großteil der Kosten versteckt.

  • Leider hört der Kommentar genau da auf, wo es interessant werden könnte: Was sind denn die Lösungsansätze? Wie soll denn eine Generalüberholung aussehen?

    Die Bahnchefs haben in den letzten Jahren sicher nicht alles richtig gemacht. Aber: Die Passagierzahlen sind bis zur Pandemie stetig gestiegen, so stark, dass sich die Infrastruktur gar nicht so schnell ausbauen lässt. Es gibt eigentlich wenig Grund zu der Annahme, dass dies nach Ende der Pandemie nicht so weitergeht. Dass die Bahn nicht in ausreichendem Maß Wagenmaterial beschaffen könnte, hat wesentlich damit zu tun, dass die Hersteller nicht, nicht rechtzeitig oder nicht brauchbares geliefert haben. Die Bahn hat zahlreiche Infrastrukturprojekte, die aber fast immer durch Klagen und Proteste verzögert würden.

    Ich sehe den Ball eher bei der Politik. Dort muss ein massiver und schneller Ausbau des Bahnnetzes forciert werden.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Sie verkörpern eine Bahn, die nicht gemeinwohlorientiert ist. "

    Das sage ich doch seit 1860! Die Bahn muss verstaatlicht werden, die Preise sollten sich halbieren.



    Der öffentliche Personenverkehr gehört in jedem Staat zu einer Zentralaufgabe des Staates. Das Management darf man nicht Politikern überlassen, die wenig bis nichts davon verstehen.

    Rein technisch gesehen, sollte es eine Trennung von Fracht- und Personentransport geben, sofern das geografisch möglich ist. Das kostet Milliarden.



    Warum nicht einen Japaner hinzuziehen. Die wissen, wie sowas geht.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Seit 1860. Bitte teile sie das Geheimnis für ihre Unsterblichkeit mit. Danke

  • "Mit den heutigen Managern wie Richard Lutz und Ronald Pofalla ist das nicht zu machen."



    Richtig.



    "Offenbar haben sie keine Idee,.."



    Falsch, zumindest Pofalla verfolgt seine Idee von persönlicher Machtanhäufung zielstrebig.



    Was allerdings der Bahn nicht nutzt, sondern stark schadet.

  • Mit steigenden Strompreisen wird das Bahnfahren in der Zukunft immer teurer und trägt zur unaufhaltsamen Spaltung unserer Gesellschaft bei.

  • Von genereller Planwirtschaft halte ich sehr wenig. Aber der Privatisierungswahnsinn der 90er war offensichtlich fehlgeleitet. Essentielle Infrastruktur (Wasser, Abfall, Energie, Verkehrswege, ÖPNV etc.) gehört in die öffentliche Hand.



    Auch wenn das natürlich nicht alle Probleme löst. Es gab ja einen Grund, warum das alles privatisiert wurde. Nur leider war die Privatisierung nicht die Lösung.

    • @Lars Pohlmann:

      Privatkonzerne haben auch Fünfjahrespläne, irrsinnig viel Bürokratie und Apparatischiks auf so manchen Führungsposten. Ach ja, und die Konkurrenz als Anreiz zum "guten Wirtschaften" ist auch nur so leidlich vorhanden, weil mitunter Monopolposition und/oder Staatsgelder, Steuererleichterungen etc.

      Die Frage "staatlich vs. privat" halte ich daher für eine Nebelkerze. Wichtiger sind doch Abwägungen wie:



      "Profit-orientiert VS Gemeinwohl-orientiert"



      oder wie starke Mitbestimmung in dem Betrieb sichergestellt werden kann.

    • @Lars Pohlmann:

      Leider war die Staatsbahn ja ebenso ein extrem Defizitäres Geschäft mit furchtbaren Zuständen.

      Die Bahn Vorbildländer CH, Japan,…haben alle eine privatisierte AG in Staatsbesitz. Funktioniert aber man muss diese auch so führen.

    • @Lars Pohlmann:

      Optimal ist beides nicht. Bei privaten Unternehmen wollen Investoren Gewinne sehen und kurzfristig verdienen, die Zukunft interessiert kaum. Behörden kämpfen mit Bürokratie, Vorschriften und extremem Widerstand gegen Veränderungen.

      Wobei das aktuelle System - "Privatunternehmen" mit dem Staat als einzigem Aktionär - die Nachteile beider Systeme verbinden. Weil die Regierung das Unternehmen als Abladeplatz für abgehalterte Politiker und Beamte betrachtet. Und weil die Aufsichtsgremien mit Politikern und Beamten besetzt sind, die eher wie Behörden denken denn Unternehmergeist zeigen.

      • @Peter_:

        "Investoren Gewinne sehen und kurzfristig verdienen"



        Nein

    • @Lars Pohlmann:

      Solange das Wort "Privatisieren" bei Menschen zur sofortigen Ekstase führt und bei "Verstaatlichen" die Wiederauferstehung Stalins befürchtet wird, kann so eine Entscheidung weder abgewogen noch revidiert werden.