Militärabkommen Deutschland-Kolumbien: Mauern um ein Abkommen
Deutschland und Kolumbien haben ein Militärabkommen unterzeichnet, Inhalt geheim. Kolumbiens Militär ist für Menschenrechtsverletzungen bekannt.
Die kolumbianische Armee und Polizei stehen regelmäßig wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik. Das war auch Anfang November 2021 so, als bei monatelangen Protesten gegen die Regierung mehrere Menschen getötet worden waren und mehrere Menschenrechtsorganisationen Berichte veröffentlichten, die den Sicherheitskräften große Brutalität vorwarfen.
Und genau in diesem Moment gab das kolumbianische Verteidigungsministerium am 3. November kund, bei einem Treffen des deutschen Botschafters, des Verteidigungsattachés und des kolumbianischen Verteidigungsministers sei ein Verteidigungsabkommen unterzeichnet worden: „Kolumbien ist das erste Land in Lateinamerika, das auf ein solches Abkommen mit der Bundeswehr zählen kann.“
Es würde die Beziehung in Bereichen wie der Bildung, des militärischen Trainings, der Rüstungstechnologie, der Operationen zur Friedenssicherung, der maritimen Sicherheit, der Minenräumung, Cyberabwehr und Cybersicherheit stärken. Der deutsche Botschafter Peter Ptassek bekräftigte die Euphorie aus dem Verteidigungsministerium auf Twitter.
Die wichtigsten Antworten bleiben unter Verschluss
Organisationen von Mitgliedern der Deutschen Menschenrechtskoordination Kolumbien (Kolko) nannten die militärische Kooperation mit Kolumbien ein „fatales Signal“. Deutsche Menschenrechtsvereinigungen, die in Kolumbien aktiv sind, fragten auf Twitter nach den genauen Inhalten des Abkommens und erhielten keine Antwort.
Der taz erging es ähnlich. Eine Sprecherin der Botschaft verwies ans Verteidigungsministerium. Ein Sprecher des Ministeriums wollte sich wie sein kolumbianischer Kollege zum genauen Inhalt nicht äußern. Und was genau nun vereinbart ist, erfährt die Öffentlichkeit auch durch die Kleine Anfrage der Linke-Fraktion zum Militärabkommen nicht – die Antworten auf die beiden Fragen dazu sind Verschlusssache. Die Antworten auf die restlichen 42 Fragen zu Vorwürfen gegenüber Armee und Polizei, darunter Tötung, Folter und Verschwindenlassen, lesen sich widersprüchlich.
Einerseits begründet die Bundesregierung die verstärkte Zusammenarbeit mit Kolumbien damit, dass Kolumbien das einzige Land in Lateinamerika mit dem Status eines „Nato Global Partner“ sei und sich als solches unter dem Nato-Mandat an internationalen Missionen beteilige. Kolumbien sei im übrigen „eine stabile Demokratie, deren Regierung einen Transformationsprozess im Verteidigungsbereich eingeleitet hat, um die Streitkräfte zu modernisieren und ihre demokratische Rolle zu stärken“.
Später räumt die Bundesregierung jedoch ein, dass es „vielfach zu faktischer Straflosigkeit“ komme. Dafür, dass keine Einheiten oder Personen bei der Kooperation mitmachten, die der Menschenrechtsverletzungen verdächtigt würden, sei Kolumbien verantwortlich.
Sevim Dağdelen, Obfrau der Linke-Fraktion im Auswärtigen Ausschuss, hat eine klare Bewertung: Das Militärabkommen „ist angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen und brutalen Gewalt gegen friedliche Demonstranten durch Kolumbiens Polizei und Militär schlicht verantwortungslos und gehört umgehend aufgekündigt“. „Indem das Auswärtige Amt von Annalena Baerbock die von Rechtsaußen-Präsident Iván Duque angeordneten staatlichen Gewaltexzesse kleinredet, verhöhnt sie die kolumbianische Zivilbevölkerung.“
Auch Kristina Birke Daniels, Leiterin des Büros der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Kolumbien, verweist auf die bisher straflosen Menschenrechtsverletzungen durch Militärs während der sozialen Proteste und bezeichnet den Kontext des Abkommens daher als „sehr herausfordernd“.
Eine umfassende Reform des Sicherheitssektors sei nötig, um die strukturellen Probleme des Militärs zu lösen – darunter eine Militärdoktrin, die weiterhin davon ausgehe, dass „der Feind im Inneren sitzt“, die Polizei als Teil des Militärs und ein künstlich aufgeblähtes Militärbudget. „Ein paar Trainings der mittleren Ebene in Deutschland werden dazu nicht beitragen“, sagt sie.
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