Methanol als Treibstoff für Fähren: Ist Alkohol doch eine Lösung?
Schiffsdiesel ist hochgiftig und klimaschädlich. Jetzt wird auf der Ostsee das erste Schiff teilweise mit Methanol betrieben – eine Fähre.
Die von der Internationalen Seeschiffahrtsorganisation IMO eingeführten „Emission Control Areas“ haben die Reedereien unter Zugzwang gebracht. In diesen Abgassonderzonen der Nord- und Ostsee darf beispielsweise der Schwefelgehalt im Kraftstoff „nur“ 0,1 Prozent betragen. Was zwar eine erhebliche Verbesserung gegenüber den Raffinerieabfallprodukten mit einem Schwefelgehalt von bis zu 3,5 Prozent ist, die seit 2012 weltweit noch in Schiffsmotoren verfeuert werden durften. Aber auch 0,1 Prozent sind noch hundertfach schmutziger als herkömmlicher LKW-Diesel.
An Land müsste der Marinediesel als Sondermüll behandelt werden. Und nicht nur der Schwefeldioxid-, auch der Feinstaubgehalt der Schiffsabgase ist abhängig vom Schwefelgehalt. Die EU-Kommission geht von jährlich über 300.000 Todesfällen durch Feinstaubbelastung aus. Mehr als ein Fünftel davon gehen auf das Konto von Schiffen.
In den neuen Abgassonderzonen müssen Schiffsmotoren entweder mit schwefelarmen Marinediesel betrieben werden - rund ein Drittel teurer als das bisherige Schweröl. Oder man muss kostspielige Abgasentschwefelungsanlagen („Scrubber“) installieren. Verschiedene Ostseefährreedereien haben sich stattdessen für fast schwefelfreies Flüssiggas (LNG) entschieden. Doch rechnet sich dieser Antrieb nur in Neubauten. Die Nachrüstung älterer Schiffe ist bislang zu teuer. Außerdem ist die Flüssiggas-Infrastruktur noch lückenhaft. In Norwegen experimentiert man deshalb neben LNG- auch mit Batterieantrieb.
Carl-Johan Hagman, Stena-Chef
Die Stena-Reederei versucht es als erste mit der Methanol-Alternative. Mit Methanol seien die Abgasgrenzwerte einzuhalten: Sowohl was den Treibstoff selbst, die Lager- und Transport-Infrastruktur und die Umbaukosten der Motoren angehe, sei es die billigste Methode, Schiffe fit für die Abgassonderzonen zu machen, konstatiert ein im Auftrag des „Methanol-Institute“ erstellter Rapport der Chalmers-Universität in Göteborg .
„Wirtschaftlich günstigste Alternative“
„Wir haben Methanol als wirtschaftlich günstigste Alternative errechnet“, bestätigt auch Stena-Technikchef Harry Robertsson. Dass für das Pilotprojekt bei der 2001 gebauten „Stena Germanica“ die EU die Hälfte der Umbaukosten in Höhe von rund 25 Millionen Euro trug, kam der Reederei natürlich gelegen.
Was die „Klimafreundlichkeit“ angeht, kann sich Methanol allerdings nicht mit LNG messen. Der Energieaufwand bei der Methanolproduktion - in Nordeuropa vorwiegend auf Erdgasbasis gewonnen - ist signifikant höher als der der Flüssiggasherstellung. Auch beim CO2-Ausstoss ist LNG bis zu 15 Prozent besser als Methanol. Zudem fordert der Umgang mit Methanol besondere Sicherheitsmassnahmen.
Stena-Chef Carl-Johan Hagman glaubt an das Potential für Methanol: „Eine Umstellung auf Biomethanol würde das Klimaprofil der gesamten Schifffahrt revolutionieren.“ Doch was eigene Pläne angeht, ist Stena zurückhaltend. Wollte man vor einigen Jahren noch bis 2016 zehn Fähren umgebaut haben, sollen nun erst einmal „Erfahrungen gesammelt“ werden. Dabei dürfte wohl auch eine Rolle spielen, dass der aktuelle Ölpreisverfall schwefelarmen Marinediesel extrem billig gemacht hat.
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