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Merz' Moral, die Griechen und ZuversichtSchaffe, schaffe!

Während die Griechen malochen, fordert der Kanzler mehr Arbeit für alle. Immerhin wird die Jugend wieder zuversichtlicher.

Ist von Servietten, Dönerverpackungen und selbst Tassen und Shirts nicht mehr wegzudenken: das Logo von Mehmet Unay Foto: Privat

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Trumps Friedensplan scheitert.

taz: Und was wird besser in dieser?

Küppersbusch: Jetzt Europa.

taz: Das Institut der deutschen Wirtschaft hat eine Auswertung veröffentlicht, laut der „Griechen 135 Stunden im Jahr mehr arbeiten als Deutsche“. Warum sind wir so faul?

Küppersbusch: Haha, vermutlich hieße die entsprechende Frage in einer griechischen taz: Warum sind die Deutschen so viel produktiver? ­Dieses Blut-, Schweiß- und Olivengeknödel geht um, seit Kanzler Merz „Mehr arbeiten!“ in die Welt gefordert hat. Er wäre der erste Kanzler, der sich freut, wenn die Bauern die Mähdrescher verschrotteten und zu Fuß hinterm Pferd herstapften. Dauert bestimmt länger! Viele Griechen arbeiten in mehreren Jobs, weil der Lohn nicht reicht, und Niedriglöhne stehen für unqualifizierte Arbeit. Die richtige Forderung wäre also: Wir brauchen mehr dumme, unproduktive Jobs, die schlechter bezahlt sind. Fritz, versuch’s!

taz: Die EU und Großbritannien haben beschlossen, wieder enger zusammenzuarbeiten. Wie bekommen wir das zu spüren?

Küppersbusch: Wenn Trump kotzt. Da sieht man’s am besten. Flugs konnten sich EU und das Königreich auf Militärprojekte einigen, ein bisschen Euro­folklore wie Jugendreisen, Fischereirechte oder Nahrungsmittelexporte wurden ins Abkommen geschmuggelt. Premierminister Starmer tells the ­truth: „Großbritannien ist zurück auf der Weltbühne.“ Da ist ja jetzt auch Platz nach der Selbstverclownung des traditionell engsten Partners USA. Für Starmer ist es ein extrem riskantes Manöver, „Make Britain great again“ durch mehr Europa hinzubekommen – statt durch weniger, wie es Farage und seine Extremisten fordern. Wir sollten so tun, als sei gar nix. Ist so ähnlich, wie wenn man gegen seinen alten Verein ein Tor schießt. Nach innen jubeln.

taz: Die rechtsextreme Gruppe Letzte Verteidigungswelle wurde am Mittwoch von der Polizei hochgenommen. Das jüngste Mitglied war 14. Wer hat hier versagt?

Küppersbusch: ­Brandgefährliche Frage. Denn der ganze Coup fußt auf investigativen Recherchen von Stern und RTL. Die Reporter hatten sich in die komplett hybride Gruppe eingeschlichen und munter mitgemacht. Warum Medien hier schneller und besser recherchieren als die Profis von den Diensten, ist eine interessante Frage. Die erwartbare Antwort, wie immer: Vorratsdatenspeicherung, weniger Datenschutz, mehr behördliche Befugnisse, V-Kinder in jeder Kita –so was. Und hinter dieser Debatte geht dann die simple Frage unter, wer zur Hölle an diesen Chatdiensten verdient, wem die Inhalte scheißegal sind, warum der Staat am Ende verhetzte Kinder einsammelt, statt am Anfang klare Verantwortung zu erzwingen.

taz: Der HSV und der 1. FC Köln ­steigen in die Bundesliga auf. Verdient?

Küppersbusch: Die Bundesliga droht mit allerhand Heiden-, Sinz-, Hoffen- und Egalheims eine blutleere und leidenschaftslose Investmentshow zu werden. Gegen die ist der gestern noch „Retortenklub“ Leverkusen plötzlich ein Traditionsverein, der nach Leder und Kutte-lange-nicht-­gewaschen riecht. Schön ­paradox: habsuchtgesteuertes Marketing hätte ­exakt kein anderes Ergebnis gehabt als das, dass die beiden Dinos mit ihren allerdings leidenschaftlichen Fans wieder ein credibility über das Businessmodell verdampfen.

taz: Das Rätsel um das bekannte Dönerlogo wurde gelüftet, der Grafiker Mehmet Unay entwarf es. Warum kennt je­de:r das Logo, aber kei­ne:r den Mann dahinter?

Küppersbusch: Der Mann ist ein Wunder an Bescheidenheit, hat hochgerechnet auf Millionen an Rechten und Lizenzen verzichtet und sich einfach gefreut, dass sein kleiner Cartoon Ende der 80er in alle Welt aufbrach. Das wäre romantisch, wenn sich der Rest der Marktwirtschaft künstlerische Urheber nicht genau so wünschen – und so behandeln – würde. Und zwar gern mit viel scharf.

taz: Laut einer Studie ist die Jugend in Deutschland wieder zuversichtlicher. Zu Recht? Oder ist das naiv?

Küppersbusch: Nein, logisch. Wenn Abriss, Umbruch, Disruption zu den Jugenderfahrungen gehört – Corona, Krieg in Europa, Implosion der USA, wankende Autoindustrie –, dann haben wir es mit austrainierten Veränderungsüberlebern zu tun. Die Studie sagt eigentlich, dass wir Ältere deutlich ungeeigneter sind für die seltsame ­Pardauz-Welt, die wir den Jungen angerichtet haben.

taz: Und was macht der RWE?

Küppersbusch: Besiegt im Niederrhein-Pokalfinale Duisburg und ist damit gefühlt die Arminia von morgen. Fragen: Marie Gogoll, Leyla Roos

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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3 Kommentare

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  • "... Das Institut der deutschen Wirtschaft hat eine Auswertung veröffentlicht, ..." und fälscht gerne Statistiken, denn wenn man Teilzeit und Vollzeit vermischt kann nichts anderes bei rauskommen, als eine unterdurchschnittliche Jahresarbeitszeit. Vielleicht nächstes mal Praktika, Ferienjobs und Ehrenamt mit einbeziehen und dann 14 Stunden-Tag und 7 Tage-Woche fordern, oder einfach mal weniger lügen.

    • @Axel Schäfer:

      Tjs - Mietmäuler wohinde schaust! Wollnich



      & 🪨 alt & doch wahr -



      “Traue keiner Statistik 📉 die du nicht selber gefälscht hast •



      Normal

      ps Thnx a lot for assist

  • Fritze? Von der echten Haubitze - aus -



    Opas Letzter ☝🏿 Brilon 🌳🌲🪾🪖🌳🌲🪾🏕️ -

    Zur losgerissenen Kanone - nur ein Schritt 🧐

    Na Mahlzeit

    unterm——



    Däh&Zisch Mailtütenfrisch - merkt dazu -



    taz.de/Friedrich-M...erz%2Baußenkanzler



    an:



    “Lachnummer... Monty Python werden die nie erreichen.







    Glückauf!“



    …anschließe mich! Wollnichwoll