Merkel in Washington: Alles wie früher
Beim Abschiedsbesuch der Bundeskanzlerin in den USA kamen auch strittige Themen auf den Tisch. Mit Joe Biden konnte Merkel darüber reden.
A ngela Merkels voraussichtlich letzter Besuch als Kanzlerin in Washington war nicht die Hauptnachricht des Tages. Schlagzeilen machten dramatischere Ereignisse: in Deutschland die Flutkatastrophe, in den USA ein Steuernachlass, der Millionen Kindern aus der Armut helfen könnte; und neue Enthüllungen, wonach der Generalstabschef der USA in den Tagen vor dem 6. Januar einen „Reichstagsmoment“ erkannt hat und Vorbereitungen für den Putschversuch traf, den er befürchtete.
Der Besuch in Washington brachte auch keine wegweisenden neuen Entscheidungen. Merkel bekam eine neue Ehrendoktorinwürde. Joe Biden und sie tauschten Lob für die transatlantischen Beziehungen aus und versicherten sich gegenseitig, dass sie sich vermissen werden. Dazu lancierten sie eine „Klima-Energie-Partnerschaft“, die noch mit Sinn gefüllt werden muss und unterschrieben eine „Washingtoner Erklärung“, die Frieden und Wohlstand sichern soll.
Auf der Agenda standen auch die strittigen Themen, wie die Pipeline Nord Stream 2 und die Beziehungen zu Russland und China. Das alles mag banal, fast langweilig und auch enttäuschend klingen. Aber es ist sehr viel mehr als das. Die zurückliegenden vier Jahre haben gezeigt, wie schnell jahrzehntelange PartnerInnen die Möglichkeit zum Gespräch miteinander verlieren können und wie fragil die internationalen Beziehungen sind.
Bei Trump, für den Merkel weit oben auf der Hass-Skala stand, fing es mit der Verweigerung von Handschlägen an, mit Feixen und mit unflätigen Worten. Es ging weiter mit dem Austritt aus internationalen Organisationen, mit der Aufkündigung von Verträgen und mit der steten Drohung von Alleingängen und Diktat. Und es kulminierte mit dem Anfachen von politischer Gewalt. Ihre zugleich klare wie höfliche Haltung gegenüber Trump machte Merkel zum politischen Star in den USA.
Sie war die Politikerin, die sich die GegnerInnen von Trump gewünscht hätten. Doch als sie am Donnerstag als erste europäische SpitzenpolitikerIn in Bidens Weißem Haus empfangen wurde, ging es nicht mehr um Trump. Wohl aber um die Verteidigung der zahlreichen Institutionen, die er attackiert und in Gefahr gebracht hat: vom Multilateralismus bis zur Demokratie.
Die Bundeskanzlerin, die es in den 16 Jahren ihrer Amtszeit mit vier US-Präsidenten zu tun hatte, und der Demokrat im Weißen Haus haben nicht nur ihren Abschied von der internationalen Bühne, sondern auch eine Rückkehr zur diplomatischen Normalität zelebriert.
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