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Merkel befürchtet militärische Konflikte„Dinge, die wir alle nicht wollen“

Im Koalitionsstreit über den Umgang mit Flüchtlingen ist kein Ende in Sicht. Merkel warnt sogar vor militärischen Auseinandersetzungen.

Ungarische Soldaten riegeln die Grenze zu Serbien ab. Foto: dpa

Darmstadt/Berlin dpa | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor militärischen Konflikten innerhalb Europas als Folge der Flüchtlingskrise gewarnt. Bei einer CDU-Veranstaltung in Darmstadt äußerte sich Merkel besorgt über die jüngsten Spannungen auf dem Balkan. „Ich möchte nicht, dass dort wieder militärische Auseinandersetzungen notwendig werden.“ Durch die Schließung von Grenzen könne das Flüchtlingsproblem nicht gelöst werden.

Wörtlich sagte die Kanzlerin am Montagabend: „Ich will jetzt nicht schwarzmalen. Aber es geht schneller als man denkt, dass aus Streit auch Handgreiflichkeiten werden und aus Handgreiflichkeiten dann auch Dinge entstehen, die wir alle nicht wollen.“ Der Umgang mit den Flüchtlingen sorgte innerhalb der großen Koalition am Dienstag weiter für Streit. Am Nachmittag ist dies auch Thema der Fraktionssitzungen.

Mit Spannung wird insbesondere die Sitzung der CDU/CSU-Fraktion erwartet. In der Union gibt es zunehmend Unmut über Merkels Kurs. Die Kanzlerin und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wollen sich in der Fraktionssitzung äußern. Zudem gibt es unmittelbar zuvor nun auch noch einen gemeinsamen Auftritt vor den Medien. Auch beim Koalitionspartner SPD wird in der Fraktion mit intensiven Diskussionen gerechnet.

Am Sonntag waren die Spitzen der Koalition nach einem Treffen im Kanzleramt ohne Einigung auseinandergegangen. Die Union verlangt sogenannte Transitzonen, wo die Flüchtlinge ohne konkrete Aussichten auf Asyl schnell abgefertigt werden können. Die SPD werden solche Bereiche jedoch als „riesige Haftzonen“ abgelehnt. Die Sozialdemokraten setzen dagegen auf „Einreisezentren“ zur Registrierung. Wer sich dort nicht erfassen lässt, dem sollen Leistungskürzungen und Nachteile im Asylverfahren drohen.

Kein Wahlkampfthema

Die Industrie forderte die Koalition auf, ihren Konflikt beizulegen. Der Präsident des Industrieverbandes BDI, Ulrich Grillo, sagte: „Es kann nicht sein, dass man Wahlkampf betreibt und sich über die Worte „Transitzonen“ oder „Einwanderungszentren“ streitet.“ Zentrale Herausforderung müsse stattdessen sein, möglichst viele Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Trotzdem wurde weiter gestritten. Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion, Christian von Stetten (CDU), sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die SPD hat die Realität in der Flüchtlingsfrage scheinbar völlig verloren und sich nicht einmal auf einen Minimalkompromiss verständigen können.“ Die Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos, Johanna Uekermann, warf der Union hingegen im rbb-Inforadio vor, die „Transitzonen“ seien in der Praxis nicht machbar.

Die Bundestags-Fraktionsvorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht, lehnte „Transitzonen“ im Fernsehsender n-tv ebenfalls ab: „Sie würden überhaupt kein Problem lösen. Ich finde es auch unglaublich, wie diese Koalition jetzt über Nebenkriegsschauplätze streitet, statt endlich sich Gedanken zu machen, wie sie den Bürgermeistern, den Landräten, die akute Probleme haben und die vor allem eines brauchen, natürlich auch mehr finanzielle Unterstützung.“

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11 Kommentare

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  • Die Industrie forderte die Koalition auf, ihren Konflikt beizulegen. Der Präsident des Industrieverbandes BDI, Ulrich Grillo, sagte: „Es kann nicht sein, dass man Wahlkampf betreibt und sich über die Worte „Transitzonen“ oder „Einwanderungszentren“ streitet.“ Zentrale Herausforderung müsse stattdessen sein, möglichst viele Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

     

    Es werden nue Strukturen in Deutschland und weltweit entstehen. Es ist eine Chance.

     

    Wir können in unsrem Land die Arbeitslosigkeit stark verringern. Schon in den Kitas und an Schulen werden sehr viele neue Arbeitnehmer gebraucht. Und für die Integrationsaufgabe ist die wichtigste Qualifikation: die Deutsche Sprache!

     

    Bei der Bewältigung der weltweiten Flüchtursachen können Unternehmen aus Deutschland viele neue Aufträge im Ausland bekommen.

     

    Und schließlich wäre es schön, wenn die nächsten Generationen in Deutschland folgendes im Geschichtsunterricht zu hören und zu lesen bekämen:

     

    "In der Zeiten der Flüchtlingskrise hat Deutschland für den Zusammenhalt in der EU gesorgt, den Weltfrieden stabilisierte, Hungernot, Kriegeskonflikte und jegliche Menschenverfolgung beendete!"

     

    Wir schaffen das, mann muss nur fest daran glauben.

    • @Stefan Mustermann:

      Jawolllll, Gesundbeten hat schon immer geholfen.

  • Die Geschichte der Menschheit hat eine weitere Evolutionsstufe erreicht. Es können neue Strukturen in der Welt entstehen.

     

    Sehr viele Menschen befinden sich auf der Flücht. Sie wollen nicht getötet werden oder nicht an der Hungernot sterben.

     

    Es gibt sehr viele Länder, die helfen können und deutlich weniger, die helfen wollen. An einer Seite gibt es moralische Werte und gesetzliche Verpflichtungen (Soziale Marktwirtschaft). An anderer Seite hat man eigene monetäre Interessen (Kapitalismus).

     

    Um bei der Evolution zu überleben, muss man sich den Bedingungen anpassen. So könnte es vielleicht ausreichen, wenn man wie Ungarn nur "Beobachter" ist. Aber irgend-wann kann das Schicksaal auch Beobachter hart treffen.

     

    Oder man kann - wie Deutschland - die Evolution bestimmen indem man die Welt verändert, sodass alle überleben und nicht nur 1-2 "Beobachter". So kann die Helle Geschichte Deutschlands und der Welt durch Deutschland geschrieben werden. Flüchtlingskrise ist eine Herausforderung der Evolution an die Menschheit.

    • @Stefan Mustermann:

      In der Evolution verliert der Angepasste. Der Anpassungsfähige gewinnt.

  • Also momentag steht es Weißwurst-Seehofer gegen Bundespanzler Merkel.

    Wo ist die Front?

    • @nzuli sana:

      Nicht mehr weit. Irgendwann wird uns Frau Merkel erklären, dass der Krieg alternativlos sei, und die Mehrheit der Deutschen wird auch das schlucken.

  • Wann malt eine Regierung besonders gerne eine Kriegsgefahr an die Wand? Wenn alle sonstigen Mittel versagt haben, um vom eigenen Versagen abzulenken.

     

    Im nächsten Schritt folgt dann wohl Frau Merkels: "Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche"?

  • „Ich möchte nicht, dass dort wieder militärische Auseinandersetzungen notwendig werden.“

     

    Notwendig werden? Wie soll man das denn verstehen? Wie kann Krieg notwendig sein?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Wenn die betroffen den Krieg als das angebrachte Mittel betrachten ihre Intressen durchzusetzen. Beispiele in Europ gefällig?, Serbien im Kosovo, Serbien in Kroatien, alle gegeneinader in Bosnien-Herzegowina, davor Griechen gegen Zyprioten und Türken, Südtiroler gegen Italiener, Iren gegen Nordiren...es ist so traurig wie wahr das Krieg immer ein Mittel bleiben wird solange Intressen damit durchzusetzen sind...darüber nachzudenken ist nicht schön, aber wers nicht tut....

  • Zu allen Zeiten gab es Menschen auf Wanderschaft. Dem Brot hinterher, der Verfolgung entfliehend, den Kriegen, dem Tod. Die Sarazzins und die de Maizières fanden Schutz vor religiöser und anderer Verfolgung. Ihre Nachfahren fanden ihren Platz in Gesellschaften unterschiedlichster Ausrichtung. Aus ihnen "wurde was" - wie immer wir das heute bewerten.

    • @Gion :

      Mmh, da ist vieleicht was dran, lässt sich aber kaum vergleichen, deshalb in meinen Augen kein wirklich gutes Argument: In welchen Umfang und zu welcher Zeit fand das statt? Wer kam mit welchen Summen dafür auf?