piwik no script img

Menschenrechte in UnternehmenDeutschland sabotiert UN-Abkommen

Sklaven- oder Kinderarbeit gehören zu den härtesten Menschenrechtsverstößen. Die Bundesregierung arbeitet aktiv gegen eine UN-Norm zum Thema.

Menschenwürdige Arbeit in der Textilindustrie? Ein verbindliches Abkommen würde helfen Foto: dpa

Genf taz | Die deutsche Bundesregierung arbeitet offenbar offensiv gegen ein Abkommen über verbindliche Menschenrechtsnormen für Wirtschaftsunternehmen im Rahmen der Vereinten Nationen.

Wenn sich am heutigen Mittwoch die für Menschenrechtsthemen zuständige Arbeitsgruppe des EU-Rats in Brüssel trifft, wollen die VertreterInnen aus Berlin einen Beschluss verhindern, dass die EU an der nächsten Verhandlungsrunde über das Abkommen Mitte Oktober in Genf teilnimmt. Frankreich, Finnland, Spanien, Portugal, Italien und weitere EU-Mitglieder plädieren hingegen für eine Teilnahme an dem Treffen, zu dem mehr als 100 Länder erwartet werden.

Bereits als der Menschenrechtsrat der UN im Juni 2014 mehrheitlich beschloss, ein Abkommen zu verhandeln, stimmte Deutschland zusammen mit den USA und anderen nördlichen Industriestaaten mit „Nein“. Das erste Treffen boykottierte die Bundesregierung komplett, zum zweiten im Oktober 2016 entsandte sie lediglich zwei unterrangige MitarbeiterInnen des Außenministeriums ohne Verhandlungsmandat.

Bei der dritten Runde im Oktober 2017 versuchten die deutschen VertreterInnen vergeblich, das Verhandlungsmandat von 2014 zu verwässern. Und sie stellten die Arbeit des ecuadorianischen Vorsitzenden in Frage, der auf Grundlage der bis dato geführten Beratungen von über 80 Staaten einen ersten Entwurf für ein Abkommen vorgelegt hatte. Im Dezember scheiterte der Antrag Deutschland im Finanzausschuss der UN-Generalversammlung, für die vierte Verhandlungsrunde keine Finanzmittel zu bewilligen.

„Fatales Signal“

„Nachdem Außenminister Heiko Maas kürzlich noch groß für den Aufbau einer ‚Allianz für den Multilateralismus‘ geworben hat, wäre eine Blockade dieser UNO Verhandlungen durch Deutschland und die EU ein fatales Signal an die internationale Staatengemeinschaft“, sagte Karolin Seitz vom Global Policy Forum in Bonn der taz.

Das Forum gehört zur Treaty Alliance, einer internationalen Koalition von Nichtregierungsgruppen, die sich für ein UN-Abkommen mit möglichst verbindlichen Menschenrechtsnormen für Wirtschaftsunternehmen engagiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Dank an Andreas Zumach für seinen Beitrag aus Genf.

    Außenminister Joseph Heiko Maas liebt Posen, u. a., wenn er ganz Kumpel TV Jungreporter einlädt, ihn Jupp zu nennen oder wie kürzlich in großer Pose für den Aufbau einer ‚Allianz des Multilateralismus‘ zu werben als gäbe es die deutsche Verweigerung nicht, dem multilateralen UNO Abkommen 2017 von 122 Staaten zum Atomwaffenverbot beizutreten, das in dem Moment Völkerrecht wird, wenn dieses Atomwaffenverbot 55 Signatarstaaten ratifiziert haben.

    In dieses desolat erbärmlich geschichtsvergessene Bild der Bundesregierung in der Außen- , Wirtschaftspolitik einer asymmetrisch aufgestellten Weltwirtschaft zu Lasten der Vielen zu Gunsten der Wenigen u. a. Deutschlands Exportwirtschaft mit einem Handelsbilanzüberschuss 300 Milliarden €/anno, entgegen allen anderslautenden regierungsamtlichen Verlautbarungen in der Bundespressekonferenz Beteuerungen und Posen, passt, wie die Faust aufs Blau des Auges, dass Außenamt, Wirtschaftsministerium das UNO Abkommen gegen Sklavenarbeit zu torpedieren suchen, statt weltweite Wahrnehmung, Verbesserung von Menschenrechtsstandards überhaupt vom moralischen Grunde her und sonders als deutschen Standortvorteil zu kommunizieren und regierungspolitisch durchzusetzen

    • @Joachim Petrick:

      Ihre Wut in Ehren, aber J_CGN hat dafür nur drei Zeilen benötigt.

      Immerhin: Chapeau für einen grammatikalisch einwandfreien - wenn auch unverständlichen - Satz über 12 Zeilen.

      • @Sonntagssegler:

        Danke für den Chapeau.

        Bleibt die Frage, was haben Sie an den wieviel auch immer Zeilen nicht verstanden?

        Wut lässt sich im Übrigen am besten ohne Punkt, Komma, Strich in Fahrt bringen.

        Das ist mir hier leider nicht ganz gelungen. Da kann ich noch besser werden :)

  • Menschenrechte sind toll solange sie nicht auch für die Wirtschaft verbindlich sind. Profit hat eben Vorrang in der marktkonformen Demokratie.

    • @J_CGN:

      Irgendwann an einem Dienstag 12.00 Uhr begreift die Wirtschaft vor allen anderen, dass die Wahrnehmung und Durchsetzung weltweit hoher Menschenrechtsstandard am Arbeitsplatz, im Alltag sie besser denn Willkür schützt.